Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter
dschungelbewachsenen Berg stand.
Ob diese Aufgabe nun wichtig war oder nicht – Eleni hatte inzwischen nur noch das Bedürfnis, sich zusammen mit Philine davor zu verstecken.
Tagsüber hielten sie sich von allem fern, was mit der Insel oder dem Tempel zu tun hatte. Sie halfen nicht mehr bei der Ausgrabung und mieden Philines Schlucht, so gut sie konnten. Vor allem badeten sie nicht mehr im Meer, um den Delfinen nicht noch einmal zu begegnen. Eleni vermisste die Tiere und würde nur allzu gern mit ihnen schwimmen. Aber sie befürchtete, dass Klicker und Rena sie nur wieder zu der Insel führen wollten.
Also verbrachten sie den größten Teil ihrer Tage in demHaus auf den Klippen. Morgens halfen sie Oma Greta dabei, für die Archäologen ein Mittagessen zu kochen und am Nachmittag hockten sie in Elenis Zimmer und sprachen über alles, was sie erlebt hatten.
Immer, wenn Oma Greta nachfragte, was mit ihnen los sei, behaupteten sie, Eleni würde sich auf die griechische Schule vorbereiten, und Philine schob den Sonnenbrand vor, den sie angeblich bei der Ausgrabung bekommen hatte. Oma Greta schien zu ahnen, dass das nicht die ganze Wahrheit war. Aber sie bohrte nicht weiter nach. Leándra war in der Hinsicht schon ein härterer Brocken. Sie warf ihnen jedes Mal misstrauische Blicke zu, wenn sie sich vor Einbruch der Dunkelheit in ihr Zimmer verkrochen, und Eleni fielen allmählich kaum noch Ausreden ein, mit denen sie ihre Schwester beschwichtigen konnte.
Aber wenigstens Arjana und Markos stellten keine Fragen. Auch Philines Vater war vorübergehend bei ihnen eingezogen, angeblich, bis sein Haus wieder in Ordnung war. Doch was zwischen Arjana und ihm vorging, war seit der Feier kein Geheimnis mehr. Sie verbrachten jede freie Minute zusammen und oft drang ihr Lachen und ihr Gemurmel noch bis spät in die Nacht durch das Haus.
Die Mädchen waren insgeheim froh darüber, dass Arjana und Markos nichts anderes mehr mitbekamen. Immer wenn Eleni mit Philine allein war, gingen sie alles durch, was auf der Feier und auf der Insel passiert war. Aber sie konnten lediglich Vermutungen anstellen und über die Kreaturen rätseln, denen sie begegnet waren. Philine ging irgendwann dazu über, alles genau zu notieren und zu ordnen: Sie beschrieb das Aussehen der schwarzen Gestalten und listete alles auf,was die Schatten getan oder gesagt hatten. Aber welche Kreaturen es waren oder was sie im Schilde führten, wussten sie dadurch noch immer nicht.
Fast jedes Mal, wenn die Archäologen Feierabend machten, stürmte Kimon zu ihnen ins Haus und oft setzte sich auch Leándra zu ihnen. Philine sprang meistens übermütig auf, wenn Kimon sie darum bat, mit ihm ins Dorf zu kommen und ein Eis zu essen, und Eleni musste jedes Mal schmunzeln, wenn die beiden Hand in Hand durch die kleinen Gassen streiften.
Doch gerade das erinnerte sie an den Inseljungen. Sobald sie an ihn dachte, strömte ein seltsames Gefühl durch ihren Körper. Makaio wäre der einzige Grund, der sie dazu bringen könnte, noch einmal zu der Insel zu schwimmen.
Wenn sie zusah, wie Philine und Kimon sich neckten, wie Kimon etwas von ihrem Eis stibitzte und Philine ihm als Antwort durch seine Haare wuschelte, wünschte Eleni sich, dass der Inseljunge ein normaler Junge wäre. Sie wollte ein Lachen in seinen hübschen Mandelaugen sehen und nicht diesen finsteren Ernst, vor dem sie sich fürchten musste.
Doch als sie Philine eines Abends davon erzählte, lachte ihre Freundin auf. »Nein, das willst du nicht, glaub es mir! Für dich wäre ein normaler Junge wie Kimon sterbenslangweilig.«
Sie saßen zusammen in Elenis Betthöhle. Philine hatte mal wieder den Block mit ihren Schattennotizen vor sich liegen, aber heute hatten sie noch nicht daran weitergearbeitet.
Eleni legte verwundert den Kopf zur Seite. »Wie kommst du darauf, dass ein normaler Junge für mich zu langweilig wäre?«
Philines Lächeln wurde geheimnisvoll. »Weil dein Inseljunge echt gruselig ist. Als er dir gegenüberstand, hatte ichwirklich Angst vor ihm. Er strahlt so viel Wut aus und trägt einen ganzen Packen schwarzer Gefühle mit sich herum. Mich würde er wahrscheinlich damit ersticken, wenn er öfter in meiner Nähe wäre.« Philines Augen funkelten im Licht der kleinen Höhlenlampe, die vor ihr auf den Block strahlte. »Aber du scheinst ja ziemlich darauf zu stehen.«
Nun musste auch Eleni lachen. Plötzlich wusste sie, was Philine meinte: Die Gegenwart des Jungen hatte sich gefährlich
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