Insel der schwarzen Perlen

und natürlich euer beider Gesundheit. Nur das ist im Augenblick wichtig, du würdest es dir nie verzeihen, wenn etwas schiefgehen würde …«
    Als er sie nach einem brüderlichen Gutenachtkuss allein ließ, war Maja irritiert. Sie wusste nicht genau, warum, denn er meinte es sicher gut mit ihr, so wie auch ihre Mutter immer nur das Beste wollte. Nur folgte Maja inzwischen schon lange ihrem eigenen Stern. Sie drapierte die Kissen, um einschlafen zu können, doch vor ihrem inneren Auge erschien immer wieder das bleiche Gesicht des Haifischmanns, das sie an das eines unglücklichen kleinen Jungens erinnert hatte. Vielleicht kam er ja auch in friedlicher Absicht, wer weiß. Und genau das war es, worüber sie in dieser Nacht immer wieder nachdenken musste. Wer war eigentlich mit wem verfeindet und – warum? Ging es wirklich nur um blanken Rassismus?
    Die folgenden Tage verliefen ruhig, vor allem nachdem Max für einige Tage nach Honolulu geflogen war, um zu arbeiten. Er wollte Maja und Keanu Zeit geben, sich als Paar auf die Geburt einzustellen. Auch Stefan versuchte, so unsichtbar wie möglich zu sein, nur gelang es ihm von Stunde zu Stunde weniger, denn er machte sich Sorgen. Als er schließlich darauf bestand, nicht nur morgens und abends, sondern dreimal am Tag ihr Herz abzuhören und ihren Blutdruck zu messen, reagierte Maja unwillig und gereizt.
    Â»Danke, dass du hier bist, um auf mich aufzupassen, wirklich, du bist der wunderbarste Freund, den ich mir denken könnte, aber es wird mir zu viel. Ich fühle mich nicht krank, sondern ich bin schwanger, und mein Herz muss von nun an einfach brav sein … was ich dir sagen wollte …«
    Â»Vergiss es. Ich fliege nicht zurück. Deine Mutter würde mich umbringen.«
    Â»Meine Mutter! Immerzu geht es um meine Mutter …«
    Es war so wie früher, als sie noch zusammen waren, als er auch immer zu wissen meinte, was für sie am besten war, und sich mit Majas Mutter beriet. Damals betrafen seine Kontrollversuche vor allem ihr Gewicht und ihre Angewohnheit, zwischendurch zu naschen. Jedes Gramm hatte er kontrolliert, ihr ein Ernährungs- und Sportprogramm zusammengestellt und Belohnungspunkte verteilt. Damit hat er sie beinahe in den Wahnsinn getrieben. Sie wollte ihm die Waage an den Kopf werfen und merkte jetzt, wie sich dieses vertraute Gefühl von permanenter Irritation erneut einstellte. Es begann mit dem Frühstück, das er ihr vorbereitete. Es war perfekt ausgewogen, doch schmeckte es ihr nicht. Kakao gegen Kräutertee, Schinken gegen Müsli und vor allem der Kampf um die Menge, die sie essen durfte. Maja hatte aber keine Lust, ständig mit Stefan zu streiten.
    Als Keanu für einen letzten langen Tag nach Honolulu fliegen musste und in aller Frühe aus dem Haus wollte, um abends zurück zu sein, saß sie ihrem Liebsten mit Augenringen und schlechter Laune gegenüber.
    Â»Es ist wie damals, als wir zusammen waren, Stefan will alles kontrollieren, und durch mein Herzproblem hat er zusätzlich die Erlaubnis meiner Mutter …«
    Keanu sah sie belustigt an.
    Â»Es dauert nicht mehr lange, ipo, dann ist unser Baby da. Danach wird es leichter … Wäre ich Arzt, würde ich ihn vielleicht fortschicken, aber so … sei ihm doch dankbar!«
    Keanu stand auf, trank seinen Kaffee aus und nahm seinen Motorradhelm. Dann umarmte und küsste er sie zum Abschied, doch sie meinte Zurückhaltung und Kritik zu spüren.
    Â»Du findest mich albern, nicht wahr? Bei euch macht man nicht so viel Wind, wenn ein Baby kommt … Leilani …«
    Sie wusste nicht genau, warum sie in diesem Moment Leilanis Namen erwähnte, wahrscheinlich, weil Keanus Ex so kompetent war. Sie hatte ihre Tutu mitgebracht, eine reizende alte Dame, die weltgewandt und tüchtig war, eine Ali’i in Reinkultur. Großmutter und Enkelin hatten das Einweihungsfest mit der Gastfreundschaft, die bei ihnen üblich war, bereichert, und Maja hatte sich über die Unterstützung gefreut, sich gleichzeitig aber nicht mehr wirklich als Gastgeberin gefühlt. Ihre alte Unsicherheit war zurückgekehrt.
    Dann war Keanu fort. Stefan stand zum Glück stets spät auf, und Maja hatte den Morgen für sich. Schon lange wollte sie den Spaziergang zum Wasserfall machen, den Keanu ihr gezeigt hatte, denn inzwischen waren die Wege trocken. Durch den neuen Weg über die Brücke, die kürzlich fertig