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Insel der schwarzen Perlen

Insel der schwarzen Perlen

Titel: Insel der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noemi Jordan
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… Sie vielleicht, oder Sie?«
    Doch alle hatten einen Grund, warum sie den Kaiserschnitt nicht durchführen durften. Es gab wegen der Ansteckungsgefahr strengste Bestimmungen.
    Â»Und Sie, was ist mit Ihnen, Herr Professor?«
    Jansons Bruder kam grundsätzlich nicht in Frage.
    Â»Ich habe lediglich die Befugnis zur Forschung, nicht aber zur Behandlung und schon gar nicht für eine Geburt …«
    Okelani schrie wieder, Kelii steckte ihr erneut das Holz zwischen die Zähne. Er hielt sie von hinten mit seinen starken Armen, da sie sich jetzt unkontrolliert hin und her warf. Sie war kaum mehr bei Sinnen, und es sah ganz so aus, als ränge sie bereits mit dem Tod.
    Elisa sah Keliis enorme Anstrengung und versuchte das Grauen lang genug auszublenden, um eine Entscheidung zu treffen. Okelani würde diesen Tag nicht überleben, das war sicher. Die Blutlache wurde immer größer. Elisa zog den Kittel an, den man ihr reichte.
    Â»Wo ist ein Skalpell?«
    Â»Sie dürfen nicht …«
    Â»Dann helfen Sie dieser Frau und dem Kind! Irgendjemand hier muss doch ein wenig Mut haben … Wie macht ihr das denn sonst, wenn hier jemand verletzt ist? Helft ihr den Patienten nicht? Seht ihr nur zu, wie sie leiden und sterben, und schreibt alles fein säuberlich auf? Was seid ihr für Ärzte?«
    In dem Moment kam der britische Doktor rein. Mit einem Blick sah er, was los war. Er schickte alle außer Elisa raus. Nicht einmal der Professor protestierte.
    Okelani schrie jetzt hoch und schrill, aber ihre Stimme verlor an Kraft. Als die Tür zufiel, holte der Doktor seine Chloroformflasche aus der Tasche und reichte Elisa das benetzte Taschentuch.
    Â»Halten Sie ihr das über Mund und Nase … und wenn Sie sich nicht trauen …«
    Elisa riss es ihm aus der Hand. Dann stand sie bei Kelii. »Okelani wird nicht wieder aufwachen, wenn wir ihr das jetzt geben. Ihr müsst euch verabschieden.«
    Â»Das haben wir schon lange getan … Sie wusste, sie würde es nicht überleben.«
    Mit Kelii zusammen presste Elisa das Narkotikum so lange auf Okelanis Gesicht, bis es im Raum still war.
    Kelii streichelte Okelanis schweißnasses Haar, während sie starb, denn das Blut lief weiter. Sie würde schnell sterben, sie wussten es alle vier. Dennoch stand der Doktor mit dem Skalpell in der Hand unschlüssig da und bewegte sich kein bisschen. »Sollen wir das Kind überhaupt retten?«
    Kelii nickte, sah aber weder den Doktor noch Elisa an. Sein ganzer Körper zitterte wie der eines verwundeten Tieres. Er küsste Okelani ein letztes Mal, dann stand er auf und verließ den Raum.
    Eine gute Stunde später stand Elisa mit dem winzigen Bündel im Arm am Kai. Sie wartete auf das Boot und wusste nicht, ob Kelii sie beobachtete.
    Das neugeborene Mädchen in ihren Armen hatte die Lippen seines Vaters und die hübschen geschwungenen Augenbrauen von Okelani. Es schlief, und seine kleinen Hände waren zu Fäusten geballt, so als sei es jetzt schon bereit, für sein Leben zu kämpfen. Elisa wünschte sich so sehr, Kelii würde zu ihr kommen und seine Tochter zumindest auf dieser Welt begrüßen, so wie er einst auch Gerd und Emma begrüßt hatte. Doch er kam nicht.
    Erst als sie mit dem Baby im Fischerboot zurück zur anderen Seite von Molokai gerudert wurde, glaubte sie, Kelii in den schwarzen Felsen zu entdecken. Sicher war sie sich nicht. Der Mann stand reglos da. Erst als sie den schwarzen Iwa erblickte, der auf den Mann zuflog, über ihm kreiste und schließlich auf seinem Arm landete, wusste sie es. Kelii sah ihr nach – und seiner Tochter Hokulele.
    Es war kurz vor Schulanfang in Honolulu, als sie Molokai mit einem kleinen Dampfschiff verließen. Sie hatten nur halb so viel Gepäck wie bei ihrer Ankunft, dafür aber ein kleines Baby, das Emma sich vor den Bauch gebunden hatte. Alle liebten den Familienzuwachs, doch Emma ganz besonders. Aus Hokulele war bereits Lele geworden, was so viel bedeutete wie kleine Hüpfmaus, zumindest nannte Emma ihre kleine Schwester so und war ab dem ersten Tag Ersatzmutter. Sie wurde dabei von Amala angeleitet, doch in den letzten Wochen war die alte Amme ständig krank. Ein böser Husten hatte sie ans Lager gefesselt. Den Tod ihrer Nichte zu überwinden kostete sie viel Kraft, und sie war daher ungewöhnlich still.
    Elisa war nachdenklich, als sie vom Boot zurück auf die malerische

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