Insel der schwarzen Perlen
Insel mit der unheimlichen Steilküste blickte, vor der die Halbinsel Kalaupapa lag. Am Tag vor ihrer Abreise war der Iwa gekommen. Der groÃe Vogel war nah neben ihrer Hütte gelandet und zunächst dachte Elisa, der schwarze Fregattvogel sei an den Fischresten von ihrem Abendessen interessiert. Doch er rührte sie nicht an, sondern sah unverwandt zu Elisa. Da sah sie ihn im Auge des Vogels. Kelii war endlich gekommen.
Sie holte das Kind aus der Hütte und legte es in den Sand neben ihre kalte Feuerstelle, damit der Vogel es in Ruhe betrachten konnte. Die Kleine wirkte vergnügt, sie verzog auffallend oft ihren Mund zu einem Lächeln, dem sich niemand entziehen konnte. Der Vogel senkte seinen Kopf tief zu ihrer Brust. Seine Federn berührten Hokuleles Haut.
Da sah Elisa das feine Band um den Hals des Iwa. Er stolzierte zu ihr und rieb seinen Schnabel an ihrer Hand, als sie das Band behutsam entfernte. Es war ein winziges Stoffsäckchen daran befestigt, kaum gröÃer als eine Blaubeere. In den Stoff war eine feine Goldkette eingewickelt.
Der Iwa ging zurück zu dem Kind und senkte seinen Kopf, fast wirkte es wie eine Verneigung. Dann breitete er seine Schwingen aus und flog davon.
Amala traten Tränen in die Augen, als sie die Goldkette sah. An den feinen Gliedern hing eine winzige Musiknote.
»Die hab ich ihr geschenkt ⦠WeiÃt du noch, der kleine Laden in Lihue, an der Ricestreet? Der von den Chinesen?«
Als ihre Nichte vor Jahren vom Mädchen zur Frau wurde, arbeitete Amala noch bei Elisas Onkel. Von ihrem Lohn kaufte sie einst diese Kette in Lihue.
»⦠weil Okelani so schön singen konnte. Und jetzt hat sie nicht einmal ein Grab, sondern liegt verscharrt mit diesen anderen ⦠Aussätzigen!«
»Nein, das wird Kelii nicht zulassen ⦠Er wird ihr das schönste Grab auf der Insel schenken, Amala. Er wird jeden Tag dort bei ihr sein, weil er sie liebt und sie auch immer lieben wird ⦠ich sah es in seinen Augen.«
Nachdem in ihrem Familienhaus am Washington Place alles so weit geordnet war, machte Elisas Sohn Eli sich auf den Weg in die Berge. Er wollte Nalani und Makaio helfen. Einer seiner Brüder war mit einer erschreckenden Nachricht gekommen. Einige der kleineren Landbesitzer in den Bergen, die Ananas anbauten, waren zwangsenteignet worden, weil die Kleinbauern eine neu erlassene Steuer nicht fristgerecht bezahlen konnten.
Der Richter, der die Enteignung angeordnet hatte, war Sanford Dole. Das so erworbene Land war sofort weiterverkauft worden, der neue Landbesitzer war der Neffe des Richters, James Dole. Die Firma Dole beabsichtigte, sich noch weiter zu vergröÃern. Angeblich spielte dabei auch Johannes van Ween eine ungute Rolle, wie Eli von seinen Brüdern berichtet bekam.
»WeiÃt du genau, worum es da geht, Ma?«
»Nein, mein Schatz, ehrlich gesagt ist Johannes immer sehr verschwiegen, wenn es um die geplanten Geschäfte des Gouverneurs geht. Ich erfahre meist erst etwas, wenn ganz Honolulu es schon weiÃ.«
Doch nicht nur der sich gefährlich zuspitzende Konflikt der Ananasrebellen machte Elisa Sorgen, sondern auch ihre Tochter Ulani. Da sie die Sommerferien über mit der Familie, für die sie als Gouvernante arbeitete, nach Europa gereist war, hatten sie sich lange nicht gesehen. Elisa hatte jedoch schon den ganzen Sommer über ein schlechtes Gefühl. Diese ungute Vorahnung bestätigte sich, als am frühen Morgen Mike Baker, Ulanis Arbeitgeber, vor ihrer Tür stand. Er war unrasiert, roch nach Alkohol und sah aus, als hätte er schon länger nicht mehr geschlafen.
»Ihre Tochter, das Fräulein Ulani, ist schon seit über einer Woche verschwunden ⦠ohne Nachricht zu hinterlassen. Meine Frau und ich machen uns Sorgen, denn sie fühlte sich nach unserer Rückkehr aus Europa nicht besonders gut. Hat Sie vielleicht mit Ihnen gesprochen?«
Elisa sah den ehemals sehr gut aussehenden Deutschen streng an. Sie hatte nicht vergessen, wie er Ulani einst im Morgengrauen an die Wäsche wollte. »Ist in Europa etwas vorgefallen? Hatte Ulani ein ⦠äh ⦠schwieriges Erlebnis?«
»Nein, im Gegenteil, alles war sehr erfreulich, das wurde mir zumindest von meiner Frau so zugetragen ⦠Natürlich erledigte ich meine Geschäfte mit den Reedereien, während meine Frau, die Kinder und Fräulein Ulani sich den Museen und sonstigen kulturellen
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