Insel der schwarzen Perlen
ungefährlich, vor allem auf Ihrer Baustelle â¦Â«
Hier kannte jeder jeden, der Cousin des Cousins deckte Majas Dach, der Bruder der Tutu war für die Erdarbeiten zuständig.
Dieser nette Mann hatte sicherlich recht, dachte Maja, während ihre Reifen tapfer die nächste Biegung der KüstenstraÃe nahmen. Der Bach, der hier aus den Bergen kam, war durch das Regenwasser auf die doppelte GröÃe angeschwollen und über seine Ufer getreten. Die StraÃe stand ungefähr zehn Zentimeter unter Wasser und Schlamm, sodass Majas Wagen schlitterte. Der Regen vor ihren Augen war jetzt ein so dichter Schleier, dass die Wischer überfordert waren. Auch der Wasserfall war gefährlich angeschwollen. An einigen Stellen der Küste hatte es sogar Lawinen gegeben.
Maja musste sich darauf vorbereiten, für ein paar Tage von der AuÃenwelt abgeschlossen zu sein, und hatte aus Hanalei extra einen Vorrat an Lebensmitteln mitgebracht. Doch vor allem wartete sie auf Keanu.
Als sie endlich die Auffahrt zu ihrem Grundstück hochfuhr, sah sie vor dem halbfertigen Haus durch den dichten Regenschleier zunächst nur ein helles Rot. Dort stand ein Wagen, den sie nicht kannte. War es Keanu? Hatten sie sich am Flughafen verpasst, und er war mit einem Mietwagen gekommen?
Aus dem Auto stieg eine schmale, dunkle Frau, spannte ihren Regenschirm auf und näherte sich Majas Wagen. Ihr Herz raste jetzt wie ein Presslufthammer. Sofort wusste sie, dass sie Leilani vor sich hatte. Ihr Gesicht war wunderschön, das erkannte Maja selbst durch den Vorhang aus Regen. Und sie lächelte!
Vielleicht war es gut, dass sie sich endlich begegneten, vielleicht würde dann auch Keanus Familie Maja gegenüber offener sein, und alles würde ein wenig einfacher werden. Das war Majas Hoffnung, als sie ihr Auto neben dem Jeep von Leilani parkte und ausstieg. Und Hauptsache, Keanu war nichts geschehen! Doch dann würde sie wohl kaum so nett lächeln, die Schöne aus Honolulu.
Kurz darauf war Majas Hoffnung auf eine beginnende Freundschaft mit ihrer Vorgängerin zu einem kläglichen Häufchen zusammengeschmolzen.
Nach einem kurzen Händedruck hatten die Frauen vor dem strömenden Regen in dem Containerzuhause Zuflucht gefunden. Maja setzte Teewasser auf und war froh, das Zittern ihrer Hände überspielen zu können, indem sie Tassen und Zucker zusammensuchte.
Um ihre Unsicherheit zu überspielen, redete sie ununterbrochen, während Leilani steif neben dem Bett stand, dem dominantesten Möbelstück auf den wenigen Quadratmetern, und sich nicht daraufsetzen wollte.
»Ich könnte dir höchstens noch unseren einzigen Stuhl hier anbieten â¦Â«
Maja nahm schnell den Kleiderhaufen herunter, aber Leilani stand immer noch.
»Der Hausbau dauert länger, als wir gedacht hatten. Wir wollten schon vor einigen Wochen einziehen ⦠Vielleicht ein Glas Wasser, während das Teewasser heià wird?«
»Ja, vielen Dank.«
Leilani nickte höflich, als sie das Glas entgegennahm, trank aber nicht. Stattdessen sah sie krampfhaft aus dem einzigen kleinen Fenster in die verregnete Bucht. Die schweren Tropfen fielen unaufhörlich auf das Blechdach. Selbst als sie schwiegen, war es laut in der Hütte. Leilani versuchte ein Lächeln.
»In Deutschland ist das Wetter anders. Es muss eine ziemliche Umstellung für dich sein. Keanu sagte, dass du in einer Stadt gelebt hast �«
»Ich komme aus München ⦠dort ist es wirklich sehr schön. Warst du schon einmal dort?«
»Nein, aber Keanu und ich wollten unsere Hochzeitsreise nach Europa machen. Italien, Frankreich, Deutschland â¦Â«
Das Thema war auf dem Tisch. Maja wusste nicht, was sie sagen sollte. So viele Worte fielen ihr ein, aber keins schien passend. Also schwieg sie und machte sich in der kleinen Küche zu schaffen.
Leilani sah wieder zum Fenster raus.
»Was für einen wunderschönen Flecken Insel du geerbt hast. An einem klaren Tag muss es hier traumhaft sein. Wie genau bist du noch einmal mit der Insel verwandt?«
Immer noch hatte Majas Herz nicht aufgehört, nervös zu schlagen. Ihr war, als stünde eine unmittelbare Gefahr bevor. Und ausgerechnet auf diese Frage hatte sie selber noch keine richtige Antwort.
»Mein Vater hat es von seinem Vater geerbt, aber ich habe meinen GroÃvater nie kennengelernt. Ich kenne nur meine GroÃmutter, und sie ist Deutsche. Das
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