Insel der schwarzen Perlen
hatte Maja an der Baustelle mit Diana geübt. Im Zielen, aber vor allem im Treffen wurde sie besser. Keanu hatte recht gehabt.
Es begann, dunkel zu werden, als er sie zurück in die Hütte rief. Majas Mutter war bei Skype online.
Auf dem Gaskocher dampfte eine Suppe vor sich hin, er hatte gekocht.
»Ich lass euch besser alleine, oder?«
Keanu wusste, wie schwierig die Beziehung zwischen Mutter und Tochter war, und gab Maja ein aufmunterndes Küsschen. Dann ging er nach drauÃen. Maja setzte sich vor den Bildschirm. Ihre Mutter freute sich, sie zu sehen.
»Hallo, mein Schatz, wie geht es dir?«
»Sehr gut, danke. Und dir?«
Maja rückte vor der Computerkamera ihr Hibiskustuch zurecht, indem sie es so weit hochzog, dass zumindest ihr Brustansatz bedeckt war. Ihre Mutter mochte es nicht, wenn sie nicht angezogen war. Doch mit dem Bauch und bei dem warmen Wetter trug Maja ihr Wickeltuch nun einmal am liebsten.
»Hier geht es gut. Ich soll dich von Stefan grüÃen. Wir essen heute in der Klinik zusammen zu Mittag. Ich habe ihm von deinen Herzschmerzen erzählt. Mit deinem Einverständnis möchte ich den Befund deiner Ãrztin mit ihm besprechen â¦Â«
»Ausgerechnet mit Stefan?«
Maja merkte, dass ihre Stimme zickig klang, doch da war es schon zu spät. Stefan war ein wunder Punkt zwischen ihnen. Ihre Mutter hatte ihr Stefan als vielversprechenden jungen Kardiologen vorgestellt. Sie hatten sich ineinander verliebt. Maja hatte geglaubt, er sei der Richtige, vom Heiraten war die Rede gewesen. Im Nachhinein wusste Maja, wie tief sie von den Wünschen ihrer Mutter beeinflusst gewesen war.
Stefan war ein Traummann. Er war aus gutem Elternhaus, hatte hervorragende Karriereaussichten und war insgesamt auf einem vorhersehbar positiven Lebensweg. Und er war nett.
Maja wusste, wie tief sie ihn damit getroffen hatte, als sie nach ihrem Seminar in Nizza ungeplant von Keanu schwanger war. Es war unverzeihlich. Vor diesem Hintergrund war es als Gnade zu verstehen, dass er sich mit ihren Herzproblemen beschäftigte. Doch irgendwie war es Maja auch unangenehm. Sie wollte aber ihre Mutter nicht erneut vor den Kopf stoÃen. Sie hatte sich in den Monaten nach dem Umzug nicht gerade häufig bei ihr gemeldet. Also war Maja nett zu ihr. Sie erkundigte sich nach Stefan, lieà ihm ebenfalls schöne GrüÃe ausrichten. Dann sprachen sie wie immer über die Familie, vor allem über Majas ältere Geschwister, um die ihre Mutter sich häufig Sorgen machte. Beide lebten in schwierigen Ehen, hatten sich getrennt, was für die Enkelkinder nicht einfach war. Maja wurde als typisches Nesthäkchen immer wieder ermahnt, nicht die gleichen Fehler zu machen wie ihre Geschwister.
Zu guter Letzt kam der Hausbau an die Reihe.
»Wann ziehst du endlich in dein Haus?«
»Es zieht sich hin wegen der Stürme ⦠Aber bevor das Baby kommt, werden wir es schaffen. Es ist übrigens unser Haus und nicht mein Haus. Von Papa habe ich das Grundstück bekommen, aber den Löwenanteil vom Haus bezahlt Keanu â¦Â«
»Dein Hawaiianer hat einen Kredit aufgenommen, Schätzchen. Er hat dein Grundstück beliehen. Das heiÃt nicht, dass er das Haus auf Dauer abbezahlen wird â oder kann. Ist es nicht so?«
Genau deswegen hasste Maja ihre Mutter manchmal. Immer musste sie ihren Finger auf irgendwelche Wunden legen.
Ihre Verbindung bei Skype war nicht sonderlich gut. Die Worte ihrer Mutter kamen mit Verzögerung an. Das Bild zerfiel öfter in gröÃere Pixel. Der Ton hatte Aussetzer.
Das perfekt geschminkte Gesicht ihrer Mutter bekam dadurch etwas Groteskes. Das machte es Maja leichter, statt einer Antwort auf die Kreditfrage einfach nett zu lächeln. Heute würde sie nicht wütend werden.
Wie deutsch sie aussieht, schoss es ihr durch den Kopf, während sie auf weitere verletzende Worte aus München wartete. Die jugendlich blondierten Haare ihrer Mutter waren sportlich kurz geschnitten. Jetzt am Morgen waren sie frisch gewaschen und geföhnt, dazu trug sie diskrete Perlen in den Ohren. Die edle Frühlingsbluse war farblich abgestimmt auf den lässig um die Schultern geknoteten Kaschmirpulli. Es galt, dem Ãrztenachwuchs in der Klinik zu zeigen, dass ihre Mutter als Oberärztin auf der Höhe ihrer Kraft war, dabei war sie jetzt Mitte sechzig. Wie perfekt sie aussah, wie rational und kühl sie wirkte. Maja hatte nur wenig
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