Insel der schwarzen Perlen
Lachen zumute, sondern eher zum Weinen. Kauai war ihr Heimat, aber vor allem war es die geliebte Heimatinsel von Amala und den Kindern. Nur wenige Wochen hatten sie hier gewohnt, doch bereits beim Einzug hatte Elisa ihrer Freundin mitgeteilt, warum sie nicht auf Jansons Plantage bleiben konnten.
Die Freundin verstand auch ohne groÃe Worte. In der Nacht, nachdem sie eingezogen waren, hatte Elisa ihr die Blutergüsse an ihren Oberarmen und in der Innenseite ihrer Oberschenkel gezeigt. Zudem waren Elisas Worte mehr als deutlich.
»Ich würde ihn umbringen. Oder aber er bringt mich um.«
Amala hatte genickt, geflucht, wütend auf den Boden gespuckt und aufgehört, die Kisten auszupacken.
»Was machen wir jetzt?«
»Wieder umziehen.«
Es gab Dinge im Leben, die sich nun einmal nicht ändern lieÃen. Ohne weiteres Murren hatte sie mit Elisa beraten, wie es weitergehen konnte, wenn sie nicht auf Kauai bleiben konnten. Der rettende Engel war Leilani gewesen. Ãber ihre Mutter hatte sie Elisa innerhalb weniger Wochen die Stellung im Haus der ehemaligen Königin von Hawaii besorgt.
Dagegen konnte niemand etwas sagen. Für Liliâuokalani in Honolulu zu arbeiten war eine Ehre, die selbst Janson und Elisas Mutter anerkennen mussten. Obwohl Königin Liliâuokalani offiziell von allen Regierungsgeschäften ausgeschlossen war, brauchten die Amerikaner sie zu Repräsentationszwecken. Die ehemalige Königin wurde nach wie vor von ihrem Volk verehrt und über alles geliebt. Sie hatte vor einigen Jahren ihre Autobiografie geschrieben, die auch eine Geschichte des Königshauses von Hawaii war. Ihr Wunsch war, dass sie in alle Sprachen der Welt übersetzt werden sollte, auch ins Deutsche. Das würde Elisas zukünftige Aufgabe sein.
Erschöpft lieà Amala sich in den Schaukelstuhl fallen. Trotz des erneuten Umzugs war sie stolz auf Elisas neue Aufgabe. Sie würden Liliâuokalani dienen. Schon vor einiger Zeit hatte die Hawaiianerin mit den Kindern das Lesen gelernt. Jetzt studierte sie in ihrer Pause die dünne Zeitung, die in Lihue wöchentlich herausgegeben wurde, bei Kerzenschein.
»Inzwischen gehört nicht einmal mehr zehn Prozent der Inseln uns Hawaiianern ⦠steht hier.«
Elisa nickte. »Es wird in den nächsten Jahren noch schlimmer werden â¦Â«
»Fluch der haole â¦Â«
Amala brummelte im Takt des quietschenden Stuhls vor sich hin. »Warum haben wir sie nach ihrer Ankunft nicht gleich erschlagen? So wie diesen Kapitän Cook â¦Â«
Elisa schwieg. Sie hing ihren eigenen Gedanken nach. Der einzige Vorteil von ihrem Umzug nach Honolulu war die Nähe zu Kelii. Er war dort im Gefängnis. Obwohl sie seit Jahren nichts von ihm gehört hatte, war ihre Hoffnung auf ein Wiedersehen nach wie vor groÃ. Natürlich wusste sie um die Gefahren, und sie hatte davon gehört, dass viele der hawaiischen Gefangenen in diesem Gefängnis umkamen, doch er hatte Freunde unter den Hawaiianern gefunden. Auch deshalb hielt Elisa Abstand. Eine weiÃe Frau zu haben, war für Kelii von Nachteil.
»Was meinst du, Elisa? Sind die Chinesen schuld an Mai Pake? Oder sind es die haole? Ich meine, nur wegen den haole sind die Chinesen letztendlich als Arbeitsbienen auf die Plantagen gekommen. Genau wie die Japaner, die Filipinos, die Koreaner â¦Â«
»Und jetzt die Portugiesen ⦠Hawaii besteht immer mehr aus verfluchten Einwanderern ⦠Ich bin doch auch ein Fluch für dich, nicht wahr?«
Die Frauen lächelten sich an. Ihre Freundschaft war inzwischen so tief wie der Ozean. Amala philosophierte weiter.
»Der Fluch sind nicht die Menschen selber ⦠viele Einwanderer sind gute Leute. Nur Männer wie Janson, die ihren Hals nicht voll genug bekommen können, zerstören unsere Inseln! Ein Piano, eine Kutsche für sein Prinzesschen ⦠Ein grausamer Giergeist ist Janson! Möge Pele seine Männlichkeit mit heiÃer Lava bespucken â¦Â«
»Bist du wohl still! Was ist, wenn dich jemand hört?«
In der Siedlung waren immer noch einzelne Stimmen zu hören, doch Amala war das egal. »Ich hasse Männer wie ihn!«
Elisa ging nicht weiter auf ihre Worte ein. Ihre Gedanken waren bei Kelii. Es gab neueste Gerüchte, dass Mai Pake im Gefängnis um sich griff, da die hygienischen Bedingungen dort sehr schlecht waren. Da die Krankheit oft von entwürdigenden Entstellungen begleitet
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