Insel der schwarzen Perlen
Kampf um Land auf Kauai und auf Oahu ausgebrochen. Neue Gesetze verlangten von den Hawaiianern, Steuern auf Landbesitz an die Regierung zu bezahlen. In vielen Dörfern am Meer, aber auch im Inselinneren, wo auf den Feldern von Einheimischen Taro, Gemüse und Ananas angebaut wurden, klopften jetzt Geldeintreiber der Regierung an den Türen. Auf Oahu hatte man in den Bergen angeblich einen dieser Männer kaltblütig ermordet. Aliâi waren involviert, Cousins von Leilani und Kelii wurden verhört. Eine Truppe Soldaten hatte sich von Honolulu aus in Bewegung gesetzt.
»Es sieht nicht gut aus«, fügte Johannes hinzu. »Ich mache mir groÃe Sorgen um Leilani. Sie ist durch die Nächte mit dem kranken Baby stark geschwächt â¦Â«
»Wie geht es Rosa? Wie hat sie auf die Medizin des Doktors reagiert?«
Johannes schüttelte traurig seinen Kopf. Elisa sah seine Trauer und seinen Schmerz, doch sie konnte nicht helfen, nicht in diesem Fall. Als das kleine Mädchen erkrankt war, wollte Elisa es behandeln, nach Art der Kahuna, doch Leilani wollte es nicht. In den Jahren, in denen Elisa bei Janson diente, waren die Kahuna zunächst nur aus der Mode gekommen. Jeder, der es sich in Lihue leisten konnte, ging zu einem der weltlichen Ãrzte, von denen sich nach und nach mehr in der Inselhauptstadt niederlieÃen. Dagegen wehrten sich schon bald einige der alteingesessenen Kahuna. Es kam innerhalb eines Jahres zu einem Machtkampf, den die weiÃen Ãrzte mit Jansons Hilfe gewannen. Als Gouverneur durfte er Gesetze erlassen. Sie verboten Heilmittel, die nicht von den weiÃen Ãrzten verordnet wurden. Es gab eine lange Liste, doch die Kahuna rächten sich bereits auf ihre Weise.
In Vollmondnächten erzählten sie in den Dörfern von ihren Träumen. Es waren beunruhigende und dunkle Visionen von Krieg und Verderben. Die Zukunft Hawaiis war von Dämonen bestimmt. Kein halbes Jahrhundert würde es dauern, bis Hawaii zerstört wäre. Bestimmte Orte waren in ihren Visionen vorgekommen, einer davon war Pearl Harbor, der neue Hafen von Honolulu. Und immer waren es die WeiÃen, die Tod und Verderben über die Inseln bringen würden. Es herrschte Krieg zwischen den Kahuna und der Medizin der WeiÃen, ein Krieg, der Opfer forderte.
»Bitte, Johannes, lass mich Rosa behandeln. Du weiÃt, was ich kann. Wie oft habe ich meinen Kindern und Amala schon geholfen, wenn sie krank waren. Und auch Victorias Asthma hätte ich heilen können, wenn ich nicht mein Wort gegeben hätte â¦Â«
Doch Johannes schüttelte traurig seinen Kopf.
»Leilani hat ebenfalls ihr Wort gegeben, nicht nur dem Doktor, sondern auch unserem Pfarrer. Keine Beschwörungen mehr, keine Teufelsmedizin â¦Â«
»Johannes!«
Elisa war ehrlich entsetzt von seinen Worten und packte ihn in ihrer Erregung an den Schultern.
»Es sind nur Pflanzen! Sie wachsen, um uns zu heilen, um Rosa zu heilen, sie ist dein Baby!«
Doch Elisa gelang es nicht, ihren Freund zu überzeugen. Auch für ihre Tochter Victoria konnte sie im Moment nichts tun, sondern bekam von Johannes einen warnenden Ratschlag.
»Lass es einfach so stehen, Elisa. Du hast Janson erneut schwer gekränkt. Selbst wenn er mir nicht im Detail erzählt hat, was in diesem Zimmer vor sich gegangen ist ⦠sei froh, dass er dich mit den Kindern ziehen lässt. Stell jetzt keine weiteren Ansprüche, verärgere ihn nicht â¦Â«
Tage später, nachdem Elisa mit Amala den Tag über ihren Hausrat verpackt hatte, um ihre Sachen fertig fürs Verschiffen zu machen, gingen sie nach der Arbeit noch in den Garten.
Es war eine schwüle Sommernacht. Wie fast immer wehte auf Jansons Plantage ein kühler Wind von den Bergen. In der Siedlung der Plantagenarbeiter, an deren Rand ihr Haus neben der neuen Schule stand, waren nur noch vereinzelte Stimmen zu hören. Es war ein Gemisch aus verschiedenen Sprachen: Chinesische, japanische und zunehmend auch Einwanderer aus Portugal lebten hier mit ihren wachsenden Familien.
Elisa hätte ihre Freude daran gehabt, all diese Kinder aus unterschiedlichen Kulturen in der Plantagenschule zu unterrichten, doch Janson würde bestimmt schnell eine neue Lehrerin finden.
»So ärgerlich!«
Amala paffte Rauch aus ihrer selbst gedrehten Zigarette in die Luft, eine neue Angewohnheit, die Elisa anfangs zum Lachen brachte. An diesem Abend war ihr jedoch nicht zum
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