Insel der schwarzen Perlen
zu erfahren. Er würde sie loben, weil sie in der Schwangerschaft nicht allzu viel zugenommen hatte. Dann würden sie über Majas renitentes Herz sprechen, das seit ein paar Wochen noch besorgniserregendere Zicken machte.
Vielleicht murmelte und gluckste es zwar freudig, aber eben nicht regelmäÃig genug, weil ihr Leben so aufregend war. Das war die wünschenswerte Variante. Doch es konnte auch ihre ständige Angst sein, die ihrem Herzen in der Schwangerschaft zu viel Stress machte. Bis jetzt war der Haifischmann nicht gekommen, doch er hielt sich auf der Insel auf, das wussten sie. Maja war wie Keanu dazu übergegangen, stets einen kleinen Rucksack bei sich zu tragen, in dem Diana ihren festen Platz hatte. Nachts lag Diana unter dem Kopfkissen, so wie auch Keanu seine Waffe im Bett aufbewahrte, wenn er bei ihr zu Hause schlief. In den Nächten, in denen er nicht da war, fühlte Maja sich trotz der Waffe besonders verwundbar. Sie wachte vom kleinsten Geräusch auf, ihr Herz klopfte wie verrückt, und sie brauchte dann lange, um wieder einzuschlafen. Lag Keanu nachts neben ihr, war es besser, weswegen er jetzt nur in Notfällen von ihrer Seite wich. Es hatte ein wenig gebraucht, doch seit dem letzten Arztbesuch machte auch er sich Sorgen.
»Ihre Freundin hat ein Herzproblem â¦Â«
In der kleinen Spezialklinik am Rand von Lihue hatte man Maja an Diagnosegeräte angeschlossen und Herzrhythmusstörungen festgestellt. Keiner der Ãrzte dort vermochte einzuschätzen, ob ihr unruhiges Herz womöglich etwas mit ihrer Schwangerschaft zu tun hatte. Maja hatte in ihrer Jugend ab und zu unter Herzproblemen gelitten, vor allem wenn sie von Schulstress geplagt wurde. Doch Keanu hatte eine Ahnung. Wenn werdende Eltern nur noch mit Waffen unter ihren Kopfkissen schliefen, weil sie Angst vor einem entfernten Familienmitglied hatten, konnte sich das nicht gut auf die Gesundheit auswirken. Aus der Vogelperspektive betrachtet schien diese alte Familienfehde total absurd. Doch eine Lösung hatte Keanu auch nicht. »Es ist schon immer so â¦Â«
Doch genau dieses »immer so« akzeptierte Maja nicht. Sie war deshalb auch froh, dass Stefan mit Ina aus München kam. Stefan war rational und überzeugend, dachte vor allem lösungsorientiert. Und er konnte autoritär sein, wenn es sein musste. Für Maja war es nicht ganz einfach, ihren Gesundheitszustand einzuschätzen, doch sie wollte keinesfalls Schaden nehmen. Wenn der Stress für sie und das Baby zu viel war, würde sie notfalls zurück nach Deutschland gehen, um ihr Kind zu bekommen. Davon wusste Keanu noch nichts. Sie wollte ihn nicht verunsichern, doch war sie sehr froh, sich mit guten Freunden beraten zu können.
Ursprünglich erwartete Maja nur Ina. Die Freundin wollte sie für einige Wochen besuchen, das neue Haus bestaunen und ihr helfen, bevor das Baby kam.
Nicht ein einziges Stück Babywäsche hatte Maja besorgt, aber immerhin standen schon ein Bettchen und ein Wickeltisch im Kinderzimmer. Keanu hatte sie von den Cousins der Cousins besorgt, wie es hier eben so war. Verwandtschaft war alles.
Die Wände des Zimmers hatte Keanu erst letzte Woche mit Motiven seines aumakua mano, dem Familienschutzgeist Hai, bemalt. Es waren freundliche Haie, die lächelten.
In Pastelltönen in Hellblau und Türkis schwammen die lustigen Haie als halbhohe Borte an den Wänden entlang, Mütter, Väter und Kinder, jede Menge fröhliche Haie, denn es würde ein Junge werden. Das wussten sie bereits.
Eigenartige Worte hatte Keanu beim Malen für seinen Sohn gemurmelt, doch Maja hatte nicht nach der Bedeutung gefragt. Es fiel ihr weiterhin schwer, seine Sprache zu lernen, doch sie gab sich viel Mühe, denn Keanu hatte jede Menge Anreize geschaffen. FuÃmassagen, Nackenmassagen ⦠sogar eine Pediküre hatte sie einmal von ihm zur Belohnung bekommen, mal abgesehen von den anderen süÃen Streicheleinheiten. Jeden Tag aufs Neue zeigte er ihr, wie sehr er sie liebte â und seinen Sohn.
Maja lieà sich nach hinten auf das Klappbett sinken und strich zärtlich über ihren Bauch. Ihr kleiner Junge boxte fröhlich, wie oft in den letzten Tagen. Ob er sich auch schon auf die Geburt freute?
Sie gönnte sich einige Minuten Auszeit und überlegte, ob so weit alles für ihre Gäste vorbereitet war.
Ina würde in dem Kinderzimmer schlafen. Maja war gespannt auf ihre
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