Insel der Traumpfade Roman
herzhaften Frühstück hatte er den Wagen beladen. Nell war wieder schwanger und brauchte jede Menge für sich und die drei Kinder, und die Sträflingsarbeiter murrten, weil die Rumvorräte zur Neige gingen. Billy hatte ihm eine lange Liste von Werkzeugen und Material mitgegeben, mit denen sie in den nächsten drei Monaten auskommen mussten. Er hatte alles sorgfältig hinten im Wagen verstaut. Jetzt, da er sich die Ladung anschaute, merkte er, dass ihm die Ausreden ausgegangen waren, noch länger zu verweilen.
Trotzdem machte er sich noch nicht auf den Weg, sondern entschied sich stattdessen, beim Wagen zu bleiben und den Anblick und die Geräusche von Sydney Town in sich aufzunehmen. Die Stadt hatte sich bis zur Unkenntlichkeit verändert seit dem Tag, an dem er auf dem Sträflingsschiff Surprise hier eingetroffen war, und obwohl es unzweifelhaft noch immer eine Strafkolonie war, gab es Anzeichen dafür, dass der Rest der Welt Interesse an der Stadt zeigte.
Im Hafen wimmelte es von amerikanischen Walfangschiffenund riesigen Galeonen, die Waren zwischen Sydney, Batavia und den Gewürzinseln transportierten. Der wohlige Geruch nach Tee, Tabak und Gewürzen hing in der Morgenluft und nahm dem Gestank nach offenen Kloaken und Mist die Schärfe. Läden und Lagerhäuser gab es, sogar ein schickes Hotel am Kai, und trotz der frühen Stunde bummelten Männer und Frauen zuhauf über die Promenade oder ließen sich in ihren Kutschen den Wind um die Nase wehen.
Jack zündete sich eine Pfeife an, schwelgte in der Wärme des frühen Morgens und in der Freiheit, tun und lassen zu können, was er wollte. Diese Freiheit war hart erkämpft – die Monate, die er angekettet im Rumpf der Surprise zugebracht hatte, hatten mit den verdrehten Knochen seiner Hüfte und seines Knies ein bleibendes Erbe hinterlassen. Obwohl er nun schon seit einigen Jahren entlassen war, betrachtete er seine Freiheit nie als selbstverständlich. Er lehnte sich an den Wagen, paffte und schaute zu dem kleinen Holzhaus auf der Anhöhe hinüber.
Ezra und Susan Collinson waren auf die Hawks Head Farm gezogen, um bei ihrem ältesten Sohn Ernest zu leben, und dort oben waren neue Leute eingezogen. Es war immer noch seltsam für ihn, sie da nicht mehr besuchen zu können, denn der Geistliche und seine Frau hatten ihn einmal in ihre Familie aufgenommen und er und Susans jüngerer Bruder, Billy Penhalligan, waren auf Moonrakers Partner geworden. Im Garten flatterte Wäsche an einer Leine, und Jack nickte. Es ist recht so, dass wieder eine Familie dort lebt, dachte er, denn kein Haus sollte an einer Tragödie festhalten.
Er beobachtete das geschäftige Treiben auf einem Walfänger, dessen Fang gerade entladen wurde, und fragte sich, ob Collinsons jüngerer Sohn George wohl im Hafen war. Für Georges Eltern war es ein Schock gewesen, als ihr Sohn zur See gegangen war, doch Jack hatte gespürt, dass der Junge zu unruhig war, um an Land zu bleiben. Der Walfang war ein Spiel für einen jungen Mann, er bot Abenteuer, Gefahren und die Freiheit, und George hatte nicht widerstehen können.
Jack klopfte die Pfeife aus und steckte sie in seine Westentasche. Er hatte lange genug herumgetrödelt. Es war höchste Zeit, nach Moonrakers zurückzukehren.
Er schleuderte sein zusammengerolltes Bettzeug in den Wagen und wollte schon auf den Kutschersitz klettern, als sich ein Aufschrei erhob. Ein Schiff bog um die Landzunge. Jack ließ Pferd und Wagen an einem Pfosten vor dem Hotel stehen und humpelte hinunter an den Kai, wo ein alter Seemann noch immer täglich Wache hielt.
Im Laufe der Jahre hatten sie sich angefreundet, und der ergraute Matrose lächelte ihm entgegen, wobei er seine Zahnlücken entblößte. »Das wird die Empress sein«, verkündete er, bevor er gefragt wurde. »Vom Kap, wenn ich mich nicht irre.«
»Vom Kap? Sind Sie sicher?« Jack schaute blinzelnd zum blendenden Horizont.
Der alte Seebär nickte. »Schönes Schiff, die Empress «, sagte er mit schleppender Stimme. »Bin mal darauf gefahren, als ich noch jünger war.«
Jack bedankte sich bei ihm und hinkte zurück zu Pferd und Wagen. Seine Hüfte machte ihm zu schaffen, vor allem, wenn das Wetter kalt und feucht war, und behinderte ihn beim Aufsteigen auf den Kutschersitz. Er klatschte mit den Zügeln, trieb das Pferd zum Trab an und betete inständig, Alice möge doch diesmal an Bord sein. Er hatte so oft vergeblich gehofft, es hatte so viele Verzögerungen gegeben – die Aussicht auf eine weitere
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