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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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die Wache gefälligst in ihren Kojen verschwinden sollten.
     
    Die Nordostpassate trugen die Schiffe in flotter Fahrt nach Westen und Süden. Kein voll getakeltes Schiff konnte direkt vor dem Wind laufen. Ideal war ein Wind, der achterlicher als querab einkam, also schräg von hinten. Da die natürlichen Winde und Strömungen die Schiffe im Atlantik unweigerlich von der afrikanischen Küste fort und in Richtung Brasilien trugen, war jedermann klar, dass sie früher oder später in Rio de Janeiro landen würden. Die viel diskutierte Frage war nur, wann? Obwohl man in Teneriffa die
Wassertonnen aufgefüllt hatte, hielt es Gouverneur Phillip für ratsam, die Kapverden anzulaufen und abermals Wasser zu bunkern. Die Inseln befanden sich in portugiesischem Besitz und lagen ziemlich genau westlich von Dakar.
    Am 18. Juni zogen bei windigem, diesigem Wetter die ersten Kapverdischen Inseln vorüber: Sal, Boa Vista und Maio. Die Alexander flog nur so dahin und legte 165 Seemeilen am Tag zurück. Diese Zahl entsprach noch nicht einmal den tatsächlich gesegelten Meilen, sondern nur der in der gewünschten Richtung zurückgelegten Strecke. Ein Seetag dauerte von Mittag zu Mittag, da man mittags, wenn die Sonne am höchsten stand, mit dem Sextanten die geografische Breite bestimmen konnte. Die exakte geografische Länge wurde mithilfe von Chronometern ermittelt, allerdings hatte nur das Flaggschiff Sirius welche an Bord. Sobald die Besatzung der Sirius die Länge errechnet hatte, signalisierte sie das Ergebnis den anderen zehn Schiffen, indem sie entsprechende Flaggen hisste.
    Am Morgen des 19. Juni kam die große und bergige Insel São Tiago in Sicht. Alles ging gut, bis die Flotte im geschlossenen Verband die Südostspitze umrundete, um in Praia vor Anker zu gehen. Dann war es auf einmal vollkommen windstill. Kein Lüftchen regte sich bis auf so genannte Katzenpfoten, leichte Windstöße aus allen Richtungen. Zu allem Überfluss herrschte ein starker Seegang, der die Schiffe auf die Küste zutrieb. Als der Gouverneur nach mehreren vergeblichen Manövern sah, dass die Scarborough und die Alexander nur noch eine halbe Meile von der Brandung entfernt waren, gab er der Flotte den Befehl, wieder offene See zu gewinnen. Es wurde kein zusätzliches Frischwasser gebunkert.
     
    Solange die Nordostpassate bliesen, machte die Flotte gute Fahrt, doch Ende Juni flaute der stetige Wind ab und das Fortkommen hing nun davon ab, ob sich eine Brise finden ließ. Dies erforderte häufiges Überstaggehen und Warten. Der Rudergänger legte das Schiff auf einen anderen Bug, und dann warteten alle ab, ob dies dem Schiff einen Wind bescherte, der es in die gewünschte Richtung schob. Blieb der erhoffte Wind aus, wurde das Schiff erneut
gewendet, und die Warterei begann von vorn. Wenden und warten, wenden und warten … Richard war dem Angelkommando zugeteilt worden, nicht weil er eine glückliche Hand als Fischer hatte, sondern weil er geduldig war. Wenn Männer wie Bill Whiting ihre Angel auswarfen, erwarteten sie, dass innerhalb einer Minute etwas anbiss. Sie hatten nicht die Geduld, nur an der Reling zu lehnen und, wenn nötig, stundenlang zu warten. Wenn die Sonne senkrecht vom Himmel brannte, war es an Deck nicht sehr angenehm, schon gar nicht für einen hellhäutigen Engländer. In dieser Hinsicht blieb Richard das Glück treu. Auf der Fahrt nach Teneriffa hatte er eine rosige Farbe angenommen, die danach in ein tiefes Braun übergegangen war. Dasselbe galt für Taffy, den schwarzhaarigen Waliser, und andere, dunklere Typen. Für blonde und sommersprossige Männer wie Bill Whiting und Jimmy Price brach hingegen eine schwere Zeit an. Ein ums andere Mal mussten sie unter Deck flüchten, sich die schmerzenden Sonnenbrände mit Richards Salbe einreiben oder Bordarzt Balmain um Hilfe bitten, der ihnen ohne viel Zartgefühl Zinkpaste auf die Haut klatschte.
    Umso größer war Richards Freude, als er sah, dass die Matrosen zwischen Stagen und Wanten oder anderen Teilen des stehenden Guts Sonnensegel spannten, wobei sie geflissentlich darauf achteten, dass die Toppgasten nicht beim Aufentern behindert wurden.
    »Ich staune«, sagte er zu Stephen Donovan. »Esmeralda ist offenbar daran gelegen, dass wir keinen Sonnenbrand bekommen.«
    Donovan lachte schallend. »Richard! Das ist Esmeralda scheißegal! Nein, mit den Sonnensegeln soll Regenwasser gesammelt werden. Man stellt eine Tonne darunter, um es aufzufangen. Es ist eine Kunst, das Tuch so zu

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