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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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kreischendes Gelächter ertönen. Ein großer, flugunfähiger Vogel, dessen Schwanz an eine griechische Leier erinnerte, stolzierte wie ein Pfau durch die Gegend. Die Männer, die dem Tross des Gouverneurs angehörten und ihn auf seinen Erkundungen begleiteten, berichteten von schwarzen Schwänen. Adler mit Flügelspannweiten von bis zu neun Fuß stritten sich mit Habichten und Falken um Beutetiere. Freche bunte Finken und kleine Zaunkönige schossen furchtlos durch die Luft. Die Vögel erzeugten einen ohrenbetäubenden Lärm. Manche sangen schöner als jede Nachtigall, andere kreischten heiser und wieder andere ließen glockenähnliche Töne erklingen. Ein großer schwarzer Rabe schrie so verzweifelt, dass den Männern heiß und kalt wurde. Schade war nur, dass keiner dieser Vögel gut schmeckte.
    Auch einige Vierbeiner waren gesichtet worden, etwa ein dickes, unterirdische Gänge grabendes Tier mit dichtem Fell. Alle wollten unbedingt ein Känguru sehen, doch wer nicht aus dem Lager herauskam, hatte keine Chance. Die Kängurus waren offenbar scheue und ängstliche Tiere und ließen sich nicht in der Umgebung des Lagers blicken. Ganz anders die großen, auf Bäume kletternden Eidechsen. Sie spazierten durch das Lager, ohne einen Blick für
die Menschen übrig zu haben, und fielen über alles her, was essbar war. Eine dieser Echsen war sage und schreibe vierzehn Fuß lang und so Furcht erregend wie ein Alligator.
    »Wie es wohl heißt?«, fragte Richard Taffy Edmunds, als das heimtückisch aussehende Tier an ihrer Hütte vorbeispazierte.
    »Ich würde auf jeden Fall ›Sir‹ zu ihm sagen«, erwiderte Taffy.
    Noch immer trafen Äxte und Beile ein, die geschärft werden mussten. Ende Februar kamen endlich auch die Sägen. Die westlichen Sägegruben waren mittlerweile in Betrieb, und im Osten wurden bereits mehrere Gruben ausgehoben. Auch hier machte der felsige Untergrund den Arbeitern schwer zu schaffen. Daneben tauchte ein neues Hindernis auf: Die gefällten, entasteten und über die Grube gelegten Baumstämme ließen sich kaum zu Brettern zusägen. Das Holz war voller Saft und zudem hart wie Eisen. Die Säger, allesamt Sträflinge, mussten sich so furchtbar abrackern, dass der Gouverneur sich gezwungen sah, ihnen zusätzliche Essensrationen und Malz zuzuteilen, sonst wären sie vor Erschöpfung zusammengebrochen. Das ärgerte wiederum die Soldaten, die nicht daran dachten, dass sie außer den aus Brot und Pökelfleisch bestehenden Rationen, die auch die Sträflinge erhielten, zusätzlich Butter, Mehl und Rum bekamen. Sie begannen, über die angeblichen »Privilegien« der Sträflinge Buch zu führen. Nur Major Ross und eine eiserne Disziplin hielten sie unter Kontrolle. Doch eine eiserne Disziplin bedeutete mehr Prügel - die Soldaten klagten, sie bekämen mehr Prügel als die Sträflinge.
    Richards größter Kummer waren die Sägen. Nur 175 Handsägen und 20 Schrotsägen waren eingetroffen, und alle 20 Schrotsägen waren Spaltsägen, mit denen man nicht quer durch den Stamm sägen konnte, sondern nur entlang der Maserung. Die Bäume mussten also weiter mit der Axt gefällt und in Stücke geteilt werden. Die Sägen waren zwar angeblich aus dem besten Stahl, aber das stimmte nicht. Der monatelange Transport übers Meer hatte sie rosten lassen, und natürlich hatte niemand daran gedacht, antimonhaltiges Fett mitzunehmen.
    »Ich habe mir mein eigenes Schmirgelpapier gemacht und den gröbsten Rost entfernt, aber die Sägen sind nicht geschmeidig genug«,
sagte Richard zu Major Ross. »Walfischtran schützt das Metall zwar hervorragend, doch wir haben keinen. Unsere Öle dicken ein, sobald im Schnitt Reibungshitze entsteht, und werden klebrig. Ich bräuchte Walfischtran, Antimonfett oder etwas Ähnliches. Außerdem sind die Sägen vermutlich aus so schlechtem Stahl, dass sie bei hartem Holz brechen könnten. Wir haben fünfzehn Schrotsägen, können also höchstens vierzehn Gruben betreiben. Eine Säge werde ich immer richten müssen, weil das Holz die Sägezähne ruiniert. Am dringendsten aber bräuchte ich einen Rostentferner, Sir.«
    Ross blickte grimmiger drein denn je. Er hatte von den Sägern dasselbe zu hören bekommen. »Wir müssen uns hier etwas Geeignetes suchen«, sagte er. »Schiffsarzt Bowes Smyth ist ein wissbegieriger Kerl, der ständig Bäume anzapft und Wurzeln und Blätter kocht, um irgendwelche Salben, Harze und wahrscheinlich auch das Lebenselixier herzustellen. Geben Sie mir eine verrostete

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