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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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gesunden Menschenverstand und dem sicheren Urteil, nicht dein Namensvetter. Stell dir vor, du würdest ihm von dieser französischen Hure erzählen. Er
würde sofort mit Gebetbuch und Kruzifix herbeieilen, um den Kampf mit dem höllischen Weib aufzunehmen! Denn als solches würde er sie ansehen. Während sie in Wirklichkeit wohl nur eine vergnügungssüchtige Frau ist, die einen Narren an Richard gefressen hat. Warum merkt Richard eigentlich nie, dass Frauen ihn mögen? Denn das tun sie, Jim! Du hast es sicher auch bemerkt.«
    Vetter James nickte ein weiteres Mal entschieden und ohne zu zögern. Schließlich waren seine beiden altjüngferlichen Töchter jahrelang in Vetter Richard verliebt gewesen. »Aber ich fürchte, er muss aus diesem Feuer allein herausfinden.«
     
    Am 27. September erhielt Richard wieder eine Nachricht von Annemarie Latour. Sie schrieb, sie sei in ihre Dachkammer zurückgekehrt und sehne sich danach, ihn zu sehen. Richard war sturzbetrunken, dennoch stand er schwankend auf und machte sich auf den Weg.
    »Richard! Wie wunderbar, dich wieder zu sehen! Mon cher! Mon cher! « Sie zog ihn ins Zimmer, bedeckte sein Gesicht mit Küssen und nahm ihm Hut und Mantel ab. Sie schnurrte, flüsterte und säuselte.
    »Wo warst du?«, fragte er und entzog sich ihr. Wenigstens auf diese Frage wollte er eine Antwort. »Warum habe ich dich eine Woche lang nicht gesehen?«
    »Weil Mrs Barton krank war und ich ihr Gesellschaft leisten musste. Hat Willy es dir nicht gesagt? Ich bat ihn darum.«
    »Bis jetzt hast du noch kein einziges h ausgelassen«, sagte Richard.
    »Weil ich bei Mrs Barton war, und sie’asst … hasst meinen französischen Akzent. Ich musste sie pflegen.« Annemarie sah ihn gekränkt an.
    Richard ließ sich auf das Bett fallen. Er spürte den Rum. »Zum Teufel damit, ist doch egal, Mädchen. Ich habe dich vermisst und bin froh, dass ich wieder hier bin. Küss mich.«
    Und dann spielten sie mit Lippen, Zungen und Händen miteinander und fielen stundenlang schamlos und in ungezügelter Ekstase übereinander her, mal er obenauf, dann wieder sie. Sie wies
mit ihrer unerschöpflichen Phantasie den Weg, er folgte ihr leidenschaftlich.
    »Du bist ein erstaunlicher Mann«, sagte sie schließlich, als sie am Ende angelangt waren.
    Richard wollten die Augen zufallen. Nur mit äußerster Anstrengung schaffte er es, sie offen zu halten. »Inwiefern?«
    »Du stinkst nach Rum, aber du kannst immer noch ficken - was für ein schönes Wort - wie ein Neunzehnjähriger.«
    »Du musst es ja wissen.« Er grinste und schloss die Augen. »Es braucht schon mehr als ein paar Pints Rum, um mich umzuhauen.« Annemarie sank in die weichen Kissen zurück und starrte an die Decke. Wie würde ihr zu Mute sein, wenn die Affäre mit Richard vorbei war? Als Ceely sie mithilfe einiger Rollen Goldguineen beauftragt hatte, Richard Morgan zu verführen, hatte sie zuerst einen Seufzer unterdrücken müssen. Sie hatte das Geld genommen und sich auf einige langweilige Wochen gefasst gemacht. Doch dann hatte sie sich gar nicht gelangweilt. Zunächst einmal war Richard unzweifelhaft ein Gentleman, was man von dem zwielichtigen Ceely nicht behaupten konnte. Ceely hielt sich auf Grund seiner Abstammung zwar für einen Gentleman, doch hätte er einen echten Gentleman nicht erkannt, wäre er ihm auf der Straße begegnet. Trotzdem faszinierte Ceely sie. Er war ein Stutzer mit Geheimnissen.
    Sie hatte nicht mit der Attraktivität, ja Schönheit des Opfers gerechnet. Oberflächlich gesehen war Richard ein eher unauffälliger Mensch, ein Bristoler Bürger ohne modische Ambitionen, nach dem sich niemand umdrehte. Als er ihr dann aber zum ersten Mal zugelächelt hatte, schien ein Vorhang vor seinem Gesicht aufzugehen, und er sah bemerkenswert gut aus. Unter seinen Kleidern - Kleidern, die alle Männer dick aussehen ließen und ihnen hängende Schultern und eine gebeugte Haltung verliehen - kam der Körper einer griechischen Statue zum Vorschein. Richard stellte sein Licht unter den Scheffel. Nur wer genau hinsah, erkannte seine Qualitäten. Schade, dass er sich all die Jahre so versteckt hatte. Ein außergewöhnlicher Liebhaber war er. Außergewöhnlich!

    Wie würde ihr zu Mute sein, wenn alles vorbei war? Es würde nicht mehr lange dauern, je nachdem wie gefügig Richard war. Ceely drängte auf einen baldigen Abschluss, und der Rum erleichterte Annemarie natürlich die Arbeit. Ihr eigener Beitrag war vermutlich eher gering, und wie die Sache

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