Insel der Verlorenen Roman
Moment vorbereitet, er hatte aber unterschätzt, wie der Anblick eines großen, kräftigen, vor Zorn bebenden Mannes auf ihn wirken würde. Der gerissene Steuerbetrüger spürte, wie das Blut aus seinem Gesicht wich. Allmächtiger! Morgan würde sie beide umbringen!
»Du Luder!«, brüllte Richard. Er starrte Annemarie an, die wie Trevillian vor Angst zitterte und zur Wand zurückwich. »Elendes Luder! Hure!« Er sah zum Fenstersims. Dort lagen Trevillians Portemonnaie und seine Uhr samt Kette. »Wo ist denn deine Kerze, Annemarie?«, zischte er. »Huren stellen für ihre Kunden doch eine Kerze ins Fenster, aber ich sehe keine!« Er taumelte und schwankte, ließ sich schwer auf das Bett fallen und hielt Trevillian den Hammer an die Stirn. »Und was Sie betrifft, Ceely, Sie bringe ich wegen Ehebruchs vor Gericht!«
Trevillian wollte aufstehen, doch Richard packte ihn grob an der Schulter und drückte ihm den Hammer auf die schweißnasse Stirn. »Nein, Ceely, keine Bewegung. Sonst spritzt Ihr Blut über die schöne weiße Decke.«
»Was hast du vor?«, fragte Annemarie ängstlich. »Richard, du bist betrunken. Ich flehe dich an, begehe keinen Mord!« Ihre Stimme wurde schrill. »Leg den Hammer weg, Richard! Leg ihn weg! Kein Mord! Leg ihn weg!«
Richard gehorchte mit einem verächtlichen Schulterzucken, behielt den Hammer aber in Reichweite.
Trevillians Gedanken rasten. Morgan sah mordlustig aus, war aber kein Mörder. Er musste mit Morgan reden, ihn beruhigen, damit alles wie geplant weitergehen konnte. »Bitte lass mich am Leben!«, jammerte er.
»Halt den Mund, vermaledeiter Schurke!« Richard nahm den Hammer und schob damit Trevillians Hemd hoch. Annemarie schrie entsetzt auf, doch Richard sah sie nur erstaunt an. »Das bedeutet
dir mehr als ich? Mein Gott, musst du hinter dem Geld her sein!« Blitzschnell riss er Trevillian hoch und zwang ihn, sich auf das Bett zu knien. »Ich habe hier einen Zeugen dafür, dass Sie mit meiner Frau geschlafen haben, Sir. Ich gedenke Sie auf …« - er überlegte kurz - »… tausend Pfund Schmerzensgeld zu verklagen. Ich lass mich nicht gern betrügen, vor allem nicht von einem Hanswurst wie Sie. Sie waren bereit, für die Dienste meiner Frau zu bezahlen - tja, jetzt müssen Sie eben etwas mehr berappen.«
Ceely schöpfte Hoffnung. Morgan redete mehr und sah weniger gewalttätig aus. Der Rum ließ ihn endlich langsamer werden. Ceely fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Die einstudierten Worte fielen ihm ein. »Morgan, ich gebe zu, dass Sie ein Recht haben, mich zu verklagen. Bestimmt würden Sie vor Gericht auch eine kleine Entschädigung bekommen. Aber lassen Sie uns das doch außergerichtlich regeln. Denken Sie an meine Mutter und meinen Bruder …! Und an Ihre Frau…an Ihren Ruf.« Ceelys Blick wanderte zu Annemarie, die sich immer noch ängstlich an die Wand drückte. »Das arme Mädchen hat es als Dienstmädchen schwer genug. Sie selbst haben ja keine Arbeit, Ihre Frau muss für Sie beide verdienen. Würde sie durch eine Gerichtsverhandlung ins Gerede kommen, bekäme sie keine Stellung mehr.«
Ja, Morgans Zorn verebbte. Er sah plötzlich krank aus, verwirrt und verunsichert. »Mrs Latour ist Ihre Frau, Morgan, und muss auch Sie versorgen. Da war mein Angebot einfach zu verlockend. Ich bot ihr mehr, als sie in einem ganzen Monat verdient. Das können Sie einer Frau doch nicht übel nehmen. Frauen sind schwach.«
Richard wollte schon sagen, dass diese Nutte nicht seine Frau sei, da sah er Annemaries tränenfeuchte, große Augen. Augenblicklich wechselte seine Stimmung. Aus Wut wurde Mitgefühl.
Trevillian plapperte inzwischen unverdrossen weiter. »Ich gebe meine Schuld ja offen zu, aber lassen Sie mich das jetzt gleich an Ort und Stelle regeln - ohne Gericht, Morgan! Tausend Pfund bekommen Sie von keinem Richter, aber vielleicht fünfhundert. Ich stelle Ihnen einen Schuldschein auf fünfhundert Pfund aus. Bitte, Morgan! Das schafft die Sache aus der Welt.«
Richard zögerte. Die Kutsche nach Bath war fort und mit ihr die
neue Arbeit. Wie lange würde es dauern, bis er wieder ein Angebot bekam? Er schloss kurz die Augen, doch dabei wurde ihm so schwindlig, dass er sie schnell wieder öffnete.
»Es ist ein gutes Angebot«, sagte Willy Insell zaghaft.
»Na gut«, sagte Richard barsch und stand auf. »Ziehen Sie sich an, Ceely. Sie sehen lächerlich aus mit Ihren Spinnenbeinen.«
Trevillian zog seinen jadegrünen Anzug an, folgte Richard in das hintere Zimmer
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