Insel der Versuchung
aufzugeben.
Sie schaute zu Max auf, während ihr Mund sich in trockenem Humor verzog. „Meiner Erfahrung nach wünschen sich nur wenig ehrbare Männer eine Frau, die täglich mit Blut und Wunden zu tun hat.“
„Stimmt“, räumte Max mit glitzernden Augen ein. „Aber sicherlich hätten nicht alle von ihnen etwas gegen dein medizinisches Können einzuwenden.“
Vielleicht nicht, dachte Caro, aber sie würden kaum gelassen auf ihre gefährliche Laufbahn als Wächter reagieren. Und sie würde den Bund auch nicht in Gefahr bringen, indem sie sich von einem Außenstehenden den Hof machen ließ. Sie hatte sich schon vor langer Zeit damit abgefunden, dass sie nie ein gewöhnliches Leben führen würde.
„Die meisten in Frage kommenden Junggesellen auf unserer Insel sind nicht so aufgeschlossen“, sagte sie, um einen leichten Tonfall bemüht. „Und ich würde Kyrene niemals verlassen wollen, um in England zu leben.“
Es gab noch andere Gründe, weshalb sie ledig blieb - die Männer selbst.
Caro erhob sich und schaute über die Reling auf das graue Wasser des Atlantiks. Alle Männer, die sie bewunderte und genug achtete, um sie zu heiraten, waren andere Wächter: Männer, die für sie eher wie Brüder waren als zukünftige Bräutigame. Und sie hatte ihre Eltern immer um die tiefe, allumfassende Liebe beneidet, die sie füreinander empfanden. Wenn sie keine ähnliche Liebe haben konnte, dann wollte sie lieber auf eine Ehe verzichten.
Weiterhin war sie nicht länger Jungfrau, und Gentlemen zogen gewöhnlich unschuldige Bräute vor.
Caro spürte, wie sie rot wurde, und hielt den Blick fest auf das Meer gerichtet. In den vergangenen Tagen war ihr ein anderer Grund dafür vor Augen geführt geworden: Max selbst.
Seit sie die Leidenschaft dieses Mannes kennen gelernt hatte, wollte sie sich nicht mit weniger zufrieden geben.
Verstohlen musterte sie ihn, verweilte bei den schön geschnittenen Zügen. Die leidenschaftliche Zärtlichkeit seines Liebesaktes hatte sie für immer verändert. Seit ihrer gemeinsamen Nacht war es für sie schwieriger geworden, mit ihrem Leben zufrieden zu sein. Max war es gelungen, ihre bis dahin verdrängten weiblichen Sehnsüchte zu wecken. Sie hatte sich sogar bei der Überlegung ertappt, wie es wäre, einen Ehemann zu haben, eine Familie..., Kinder.
Ihre Lösung hatte darin bestanden, sich in ihrer Arbeit zu vergraben, was ihr aber nicht immer gelingen wollte.
Und jetzt konnte sie Max nicht so einfach abtun. Als er sich ebenfalls erhob und neben sie an die Reling stellte, wurde ihr heiß. Seine Nähe erweckte alle ihre Sinne zu prickelndem Leben, füllte sie mit einem wilden Verlangen, das sie nur ein einziges Mal zuvor erlebt hatte ...
Sie kämpfte noch gegen das plötzlich in ihr aufwallende Gefühl, als seine nächste Bemerkung sie unvorbereitet traf.
„Es fällt mir schwer zu glauben, dass kein Mann je versucht hat, dich zu seiner Geliebten zu machen. Sind alle Männer auf Kyrene blind?“
Irgendwie schaffte Caro es, ruhig zu erwidern: „Mitnichten. Sie haben Angst vor mir. Außerdem suchen die meisten Männer bei einer Frau eine bestimmte Art von Schönheit, und ich entspreche kaum diesem Ideal. Ich bin weder blass noch zerbrechlich oder hilflos, noch habe ich eine üppig gerundete Figur. Viele Gentlemen legen Wert auf einen großen Busen, habe ich festgestellt.“
„Ich finde deine sonnengebräunte Haut wunderschön. Und ich kann bestätigen, dass du einen herrlichen Körper hast. “
Caro bedachte ihn mit einem strafenden Blick. „Es besteht keine Notwendigkeit, mich mit leeren Komplimenten zu überhäufen, Mr. Leighton.“
„Sie sind wohl kaum leer. Ich finde dich wirklich überaus begehrenswert.“
Skeptisch runzelte sie die Stirn.
Max war von ihrer Antwort überrascht. Caro Evers war sich ihrer Schönheit nicht bewusst.
Es stimmt, dachte er, während er sie betrachtete; sie entsprach nicht dem gängigen Ideal von Weiblichkeit. Allein ihre Offenheit und ungekünstelte Art unterschieden sie von ihren Geschlechtsgenossinnen. Sie war schlank, ihre Figur jungenhafter, als in Mode war, doch ihr Körper war fest und muskulös, wie er aus Erfahrung wusste. Und sie unternahm nichts, um ihre Züge zu betonen, gab praktischen Kleidern in dunklen Farben den Vorzug und trug ihr unbändiges Haar zu einem strengen Knoten aufgesteckt. Ihre Hände, obwohl zart geformt, waren gewohnt, kräftig zuzupacken.
Wenn er ehrlich war, unterschied sie sich stark von den vollbusigen
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