Insel der Versuchung
war, der die Leben anderer Menschen schützte. Sein Geständnis untergrub ihre Verteidigung. Es hatte etwas seltsam Verführerisches, gesagt zu bekommen, dass sie ihm so viel bedeutete. Die Vorstellung, in seinem Leben eine große Rolle gespielt zu haben, war betörend.
Ihre Gefühle, wie auch immer, waren in diesem Moment nicht so wichtig wie seine. Vielleicht würde es ihm die Bürde erleichtern, wenn er über seine Erinnerungen sprach. Nach einem Augenblick fragte sie: „Was hast du Schlimmes erlebt?“
Sogleich wusste sie, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte. Mehrere Herzschläge lang beobachtete Caro, wie er mit sich haderte. In seiner Miene konnte sie Verzweiflung und Trostlosigkeit lesen. In seinem Blick lag ein Schmerz, der ihr das Herz zerriss.
„Es gibt da einen Albtraum, der einfach nicht enden will“, gestand er mit heiserer Stimme.
„Was für ein Albtraum?“
„Mein bester Freund ...“ Er brach ab und schloss die Augen.
Caro ertrug es nicht, ihn so zu sehen.
„Ich wünschte, ich könnte dir helfen“, sagte sie noch einmal.
Erneut holte er tief Luft, als wolle er sich wappnen, während er um Fassung rang. „Es gibt nichts, was du tun könntest.“
Vielleicht doch.
Einen Augenblick saß sie da und kämpfte mit widerstreitenden Gefühlen - ihr eigenes Verlangen, der leidenschaftliche Wunsch, ihn zu trösten.
Langsam erhob sie sich und ging zu ihm. Sie würde alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Qual von seinen Zügen zu vertreiben. Sie hob eine Hand und legte sie Max zärtlich auf die Wange.
„Caro ...“, stieß er mit rauer Stimme hervor, als wolle er sie warnen.
Sie sah Hitze und Hunger in seinen Augen, spürte den festen Druck seiner Finger, die sich um ihre Oberarme schlossen, dennoch konnte sie erkennen, wie er mit sich im Widerstreit lag.
Seine Hände schoben sich in ihr Haar, vergruben sich in den weichen Strähnen.
In ihr emporgewandtes Gesicht schauend, ihre im Mondlicht gebadete Haut, rang Max mit sich. Er wollte nichts mehr, als das zu nehmen, was Caro ihm bot, aber er traute sich nicht, weil er so verletzlich und wund war. Wenn er sie küsste, würde er nicht mehr aufhören können, bis er sie ganz besaß. Er würde sie in seine Arme reißen und zu seiner Kajüte tragen, um seine Begierde den Rest der Nacht zu stillen.
Max biss die Zähne zusammen, während er sein rasendes Verlangen zu zügeln versuchte. Wenn Caros Kapitulation alles wäre, was er sich wünschte, dann würde er Erfolg haben. Er sah den Ausdruck in ihren Augen, die unverkennbare Sehnsucht. Er brauchte nur zuzugreifen, und sie wäre sein.
Aber er wollte mehr, als sie zu verführen. Mehr als ihr Mitgefühl. Er wollte ihre Leidenschaft, vollkommen und unwiderruflich. Nicht nur ihren Trost, während sie ihn zu heilen versuchte.
Er bekämpfte den Drang, sie jetzt gleich auf der Stelle zu nehmen.
„Du musst jetzt gehen“, stieß er schroff hervor, bevor er sie jäh an den Schultern packte und von sich schob.
Verwundert starrte Caro ihn an.
Mit verschlossener Miene wich Max einige Schritte zurück. „Ich will deinen Trost nicht, Süße. Ich brauche ihn nicht.“
Darüber lässt sich streiten, dachte Caro, hin und her gerissen zwischen Verlegenheit über seine brüske Zurückweisung und wachsender Verärgerung. Aber sie wollte sich nicht mit ihm zanken.
„Nun gut. Dann lasse ich dich jetzt allein.“
Mit trotzig gereckten Schultern fuhr sie herum und marschierte über das Deck zurück zur Treppe, die nach unten führte.
Als sie schließlich den dunklen Flur hinter sich gelassen hatte und in ihrer Kabine angekommen war, empfand Caro Wut auf sich selbst. Wieder hatte sie sich Max praktisch an den Hals geworfen! Und dieses Mal war seine Abweisung unmissverständlich gewesen.
Caro warf sich mit dem Gesicht nach unten in ihre Koje, verfluchte abwechselnd ihn und sich. Schließlich ballte sie die Hand zur Faust und boxte ihr Kissen mehrmals hintereinander. Warum hatte sie sich wieder wie eine geistlose Närrin aufgeführt?
Sie war froh, dass Max ihren Trost nicht gewollt hatte. Froh, dass sie nicht noch einmal den gleichen idiotischen Fehler gemacht hatte wie vor einem Jahr - ihm ihren Körper zu schenken, um ihn zu heilen. Sie hätte ihre Lektion längst lernen sollen.
Von jetzt an würde sie jedes weichere, weibliche Gefühl unterdrücken, das sie je für Max empfunden hatte. Jeden Funken Mitgefühl. Jede Spur von Verlangen. Jeden Überrest von Lust.
Gnadenlos.
Sie würde ihre
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