Insel der Versuchung
Kunstgegenstände betrachtete, während sie John in sein Arbeitszimmer begleitete - ein kleines Hinterzimmer von Sir Gawains Studierraum. So leidenschaftslos wie möglich berichtete ihm Caro von Max’ früherer Bekanntschaft mit den Newhams und davon, wie sie gestern Nacht Miss Newham bei der Durchsicht von Papieren ertappt hatte, die sich auf Sir Gawains Schreibtisch befanden.
Während des ganzen Berichts blickte John schweigend auf den Boden. Zu ihrer Überraschung erhob er weder Einspruch gegen ihre Behauptungen, noch stritt er etwas ab oder versuchte, seine Liebste zu verteidigen, wie Caro es eigentlich erwartet hatte.
Als er weiterhin schwieg, drückte sie ihm voller Mitgefühl den Arm. „Wenn es Ihnen schwer fällt, meinen Befürchtungen zu glauben, können Sie gerne mit Mr. Leighton selbst sprechen.“ „Ich glaube Ihnen.“ Die Qual in seiner Stimme spiegelte sich in seinen Augen wider, als er aufblickte. „Sie hat mich zum Narren gehalten, nicht wahr?“
Caros Schweigen war Antwort genug.
„Es wäre auch zu schön gewesen, um wahr zu sein“, flüsterte John, „dass eine bezaubernde Frau wie Darnelle Interesse an einem Krüppel wie mir haben könnte.“ Es war das erste Mal, dass er sich Caro gegenüber Bitterkeit über den Verlust seines Beines anmerken ließ, aber sie vermutete, dass der neuerliche Schlag sein Selbstbewusstsein viel härter traf, als es seine Verstümmelung vermocht hätte.
„Es tut mir sehr, sehr Leid, John“, sagte sie leise. Caro hätte ihn gern getröstet, aber sie musste jetzt seinen Blick auf die Zukunft lenken. „Wir werden trotzdem ein wachsames Auge auf Darnelle halten müssen und versuchen zu entdecken, hinter was sie her ist.“
Er biss die Zähne zusammen. „Sie haben Recht. Und wir dürfen sie nicht ahnen lassen, dass wir sie verdächtigen.“
„Genau. Es wäre am besten, wenn wir ihr eine Falle stellen könnten. Vielleicht hat sie vor, eine unserer Missionen zu vereiteln. Wenn sie irgendeines unserer Mitglieder enttarnt...“
„Ich weiß. Ihr Leben könnte auf dem Spiel stehen.“ Der feuchte Schimmer in seinen Augen schnitt Caro ins Herz. „Aber ich bin für sie verantwortlich. Ich werde mit ihr fertig werden, das verspreche ich Ihnen.“
„Wenn Sie sich sicher sind ...“
„Das bin ich. Dürfte ich jetzt einen Moment allein sein?“ bat er mit unsicherer Stimme.
Sie verstand seinen Wunsch, mit seinem Kummer allein zu sein, gab ihm einen tröstlichen Kuss auf die Wange, bevor sie ihn verließ. In ihrer Sorge mischte sich wachsender Zorn auf das herzlose Frauenzimmer, das John Yates für seine finsteren Pläne benutzt hatte.
Und das zusätzlich zu der in ihr gärenden Erbitterung über die Untätigkeit, zu der sie bei Isabella verdammt war, weckte in ihr das Verlangen, irgendetwas zu zerschlagen. Es war neun Tage her, seit sie nach Kyrene heimgekehrt war, und immer noch gab es keine Neuigkeiten über den Verbleib ihrer Freundin.
Caro wusste, dass ihr ihre Verstimmung anzusehen war, als sie bei Max ankam und er die Augenbrauen in die Höhe zog. „Er hat es nicht gut aufgenommen?“
„Es hat ihm das Herz gebrochen.“
Sie schaute sich in der Halle um. „Wo, zum Teufel, steckt Ryder? Er sollte sich hier mit mir zum Fechten treffen.“
„Wenn du einen Partner brauchst, bitte, ich stehe dir zur Verfügung.“
Mit zusammengepressten Lippen warf Caro ihm einen finsteren Blick zu. Nur zu gerne würde sie mit einem würdigen Gegner wie Max fechten. Als ehemaliger Kavallerieoffizier verfügte er bestimmt über ausgezeichnete Fechtkünste, und ihn zu schlagen, wäre eine echte Herausforderung. Doch so verärgert, wie sie war, würde sie heute Morgen wohl kaum ihr Bestes geben.
„Das ist deine Chance, mir zu zeigen, was du kannst“, drängte er sie, als sie zögerte. „Du hast oft genug mit deinen Fähigkeiten geprahlt.“
„Geprahlt!“ Vermutlich wollte er sie herausfordern. „Na gut“, erwiderte Caro, „aber ich warne dich, dass ich nicht in der Stimmung bin, Gnade walten zu lassen.“
Sie führte ihn ins Innere der Burg, auf eine lange Galerie. Der Raum war hell, da das Sonnenlicht durch die hohen Fenster strömte. An den Wänden hingen die verschiedensten Waffen. Sie überließ Max die Wahl der Degen, die alle mit Sicherungsknöpfen abgestumpfte Spitzen hatten.
„Ich bin erstaunt, dass du hier auf der Burg übst“, bemerkte er, während er das Gewicht und die Biegsamkeit einer Klinge testete.
„Ich kann kaum regelmäßig einen
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