Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
eine lange Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Schließlich endete sie damit, Marsh zu bitten, am Montagmorgen mit seinem Sohn gemeinsam im Freizeitzentrum vorbeizukommen.
Das machte viel mehr Spaß, als tatsächlich mit dem Mann zu reden.
Natürlich wusste sie, was Marsh von seinem Sohn zu hören bekäme, denn sie hatte es selbst gehört: Bay war unschuldig. Seiner Meinung nach hatte er Adam nur gesagt, dass er aussähe wie ein Specht. Es war also nicht seine Schuld, dass Adam ihn geschlagen hatte. Tracy hatte Bay daraufhin gesagt, dass er sich daran würde gewöhnen müssen, eines auf die Nase zu bekommen. Denn wenn er nicht lernen würde, solche Beobachtungen für sich zu behalten, würde genau das passieren – und zwar oft.
Als sie nach Hause kam, duschte sie und schlüpfte in eine weiße Bauernbluse, die aufreizend eine Schulter freigab, und eine enge Caprihose mit Echsenmuster. Sie sprühte einen Stoß Island Capri in die Luft und schritt langsam durch die Wolke. Jetzt war sie bereit, die neue Kunstlehrerin zu verpflichten.
Sie klopfte an die Tür von Alices Haus, zupfte ihre Bluse zurecht, schob den Zeigefinger in den Kragen und zog ihn ein Stückchen herunter. Lees Saab stand auf der Auffahrt, aber Alice kam an die Tür.
„Hallo“, sagte Tracy. „Ich habe das hier im Supermarkt gefunden, und ich dachte, dass du und deine Familie es vielleicht mögen würdet.“ Sie hielt Alice einen Plastikteller mit getrockneten Früchten entgegen, die in dunkle Schokolade getaucht waren.
„Oh …“ Alice nahm den Teller entgegen, als läge darauf ein kostbarer, fremdartiger Schatz. „Das ist … ein Leckerbissen.“ Sie lächelte glücklich.
Tracy fühlte sich nur ein klitzekleines bisschen schuldig. Schließlich machte sie das hier für das Freizeitzentrum, und sie war der Überzeugung, dass es Alice guttun würde, Unterricht zu geben. Sie bedauerte nur, dass sie sich genötigt fühlte, mit einem Bestechungsgeschenk zu beginnen.
„Ich habe eine Frage. Hast du einen Augenblick Zeit?“
Alice machte einen Schritt zur Seite, sodass Tracy eintreten konnte. „Bitte …“
Musik quoll aus einer alten Stereoanlage. Es klang wie Bing Crosby oder Frank Sinatra. Tracy hörte die Geräusche eines Fernsehers. Olivia blickte um die Ecke und lächelte schüchtern. „Du siehst hübsch aus.“
Tracy brauchte diese Worte nicht mehr zum Leben, aber es war noch immer schön, sie zu hören. „Es ist sehr nett, dass du das sagst.“
„Wenn ich groß bin, werde ich mich auch so anziehen wie du.“
„Wenn du groß bist, werden wir zusammen shoppen gehen.“
Olivia kicherte und verschwand wieder.
Tracy sah sich um. „Ist Lee zu Hause?“
„Er ist noch bei der Arbeit.“
„Ich habe seinen Wagen in der Auffahrt stehen sehen.“
„Er hat ein neues Auto gekauft. Um zu beeindrucken …“
Tracy wusste, dass ein neuer Wagen für einen Makler ein Zeichen seines Erfolgs war, das neue Kunden beruhigen sollte. Dennoch war sie überrascht, dass Lee sich bei der augenblicklichen wirtschaftlichen Lage und den wenigen Verkäufen einen Neuwagen leisten konnte. Blieb nur zu hoffen, dass er sich damit nicht zu sehr verschuldet hatte.
Sie fragte sich, ob sie warten sollte. Eigentlich hatte sie vorgehabt, mit Alice und Lee gemeinsam über die Stelle als Lehrerin zu sprechen, damit Lee angesichts Alices Begeisterung der Mut fehlen würde, seine Bedenken auszusprechen. Danach hatte sie ihn zur Seite nehmen wollen, um ihm zu erklären, dass sie ein Auge auf Alice haben und sie sofort nach Hause bringen würde, falls es nötig sei. Und ja, sie hatte geplant, ihre weiblichen Reize einzusetzen. Das hier war schließlich Krieg.
Da sie schon mal hier war, entschloss sie sich, Alice die Situation zu erklären. Wenn die alte Dame dann Lust hatte und es sich vorstellen konnte, würde Tracy am Wochenende mit Lee sprechen.
Sie nahmen Platz, und sie erzählte Alice die ganze Geschichte. „Also hätten wir gern dich. Wie zahlen nicht viel …“ Sie nannte eine Summe pro Woche.
„Ihr wollt … mich? “
„Aber sicher. Wir möchten, dass die Kids etwas Neues lernen, das sie auch noch für ihr späteres Leben gebrauchen können. Und das Häkeln wäre super für die Hand-Augen-Koordination. Für die Feinmotorik. Für das Selbstwertgefühl. Meinst du, dass du die Aufgabe übernehmen könntest, Alice? Wir brauchen dich.“
„Ich habe schon einmal … Unterricht gegeben.“
„Oh, toll, du hast Erfahrung! Besser geht’s nicht.“
„Es
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