Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
ist mit diesem Inbegriff des Perfektionismus passiert?“
Janya lächelte nicht. „Drei Monate vor unserer Hochzeit kamen Darshan und seine Eltern mit Darshans Laptop unter dem Arm zu uns nach Hause. Es gab kein großes Vorgeplänkel. Sein Vater ging ins Internet und meldete sich auf einer Social-Network-Seite an, die in Indien sehr beliebt ist. Mein Foto und einige Informationen über mich tauchten auf. Aber es gab dort nicht nur ein Foto. Es waren viele, viele Fotos, die mich in unangemessenen Situationen zeigten. Ich, trinkend in einer gemischten Gruppe. Ich, scheinbar betrunken. Ich, beinahe nackt und mit der Kamera flirtend.“
„Aber wie?“, wollte Tracy wissen.
„Einige der Fotos waren mir bekannt. Padmini und ich hatten darüber Scherze gemacht, was wir auf einer solchen Seite veröffentlichen würden, falls wir jemals das Bedürfnis verspürten, uns dort anzumelden. Wir hatten so getan, als kämen wir nicht aus Familien, die an so etwas Anstoß nehmen würden. Wir hatten nur so getan, hatten uns Namen ausgedacht und mit Padminis Digitalkamera alberne Fotos voneinander gemacht. Sie hatte mich gebeten, so in die Kamera zu blicken, wie ich Darshan ansehen würde, wenn wir nach der Hochzeit endlich allein wären.“
„Also hast du ihnen die Wahrheit erzählt, und sie haben es verstanden?“, entgegnete Wanda. „Ich wette … nein.“
„Ich widersprach natürlich. Ich holte meinen eigenen Laptop, um zu beweisen, dass es keine Links zu einer solchen Seite gab und dass irgendjemand das hinter meinem Rücken eingefädelt hatte. Ich erklärte sogar, dass einige der Bilder offensichtlich manipuliert worden waren und dass das Gesicht zwar meines war, aber dass ich zum Beispiel gar nicht solche Kleider besaß, wie auf den Aufnahmen zu sehen waren. Ich studierte immerhin Kunst, also kannte ich mich mit Bildbearbeitung aus.“
Tracy schraubte die Wasserflasche mit mehr Kraft zu, als nötig gewesen wäre. „Und sie haben das nicht begriffen?“
„Selbst in dem Moment konnte ich mir nicht eingestehen, dass Padmini die Schuldige war. Ich wollte glauben, dass irgendjemand anders an ihren Computer gekommen war, die Fotos gefunden hatte und das gemacht hatte. Aber der Beweis war auf meinem Laptop. Die Seite war von ‘mir’ eingestellt worden, mit meinen Geräten. Es war alles so klar. Und da wusste ich, dass Padmini nie eine Schwester für mich gewesen war. Bei meinen Besuchen hatte ich immer meinen Laptop dabei, damit ich Darshan E-Mails schicken konnte.“
„Was für ein kleiner Drachen“, versetzte Wanda. „Lass mich raten: Sie wollte diesen Darshan für sich.“
„Du hast sie schneller durchschaut als ich, Wanda. Ich wollte, dass jeder die Wahrheit erkennt. Aber meine Proteste verhallten ungehört. Selbst wenn man mir geglaubt hätte, hatten doch zu viele Leute die Seite im Netz schon gesehen. Darshan hatte von jemandem aus der Firma von der Seite erfahren und war gefragt worden, wie er eine solche Frau heiraten könne. Darshans Vater war die Seite von einem Mitarbeiter in seinem Büro gezeigt worden. Wie diese Männer ausgerechnet auf die Seite gestoßen waren, war ebenfalls eine Frage, die niemand beantworten konnte. Aber das war zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr wichtig. Die Tambes durften keine Verbindung zu mir eingehen – selbst wenn meine Aussagen durch Zufall bewiesen worden wären.“
„Und Darshan hat dem zugestimmt und diese Entscheidung mitgetragen?“, fragte Tracy.
„Ich konnte nicht mit ihm allein reden. Weder da noch später irgendwann. Er schrieb mir eine Mail, um mir zu sagen, wie leid es ihm täte, dass alles so gekommen sei. Aber auf keine meiner Antwortmails wurde je reagiert.“
„Dann war er es auch nicht wert, oder?“ Wanda reichte Janya eine Serviette.
Janya wischte sich über die Augen, in denen Tränen schimmerten. „Padmini fühlte sich durch meine Anschuldigungen so beleidigt, dass sie nicht mehr mit mir sprechen wollte. Ich war allein, meine eigene Familie misstraute mir, ich war nicht länger verlobt, und die Frau, die mich eigentlich wie eine Schwester hätte lieben sollen, hatte mich bloßgestellt und verlassen.“
„Wo ist ein Auftragskiller, wenn man einen braucht?“, bemerkte Tracy trocken. „Ich könnte C J eine E-Mail in den Knast schreiben. Er hat jetzt jede Menge neuer Kontakte.“
„Es tut mir leid.“ Janya fuhr sich über die Augen. „Was müsst ihr jetzt von mir denken?“
„Hm … Dass man dich betrogen hat? Dass du ein ganz normaler
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