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Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)

Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)

Titel: Insel hinter dem Regenbogen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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vermisste ihn.
    Chase. Nicht Ken.
    Am Montag nach Janyas kleiner Feier erwachte Wanda am Morgen. Im Bett neben ihr lag Chase, und Ken war verschwunden. In letzter Zeit war Ken abends früher nach Hause gekommen – und hatte damit ihren Zweitjob zu einer echten Herausforderung gemacht. Doch in der vergangenen Nacht war Ken erst so spät aufgetaucht, dass sie nur kurz schlaftrunken geblinzelt hatte, als er ins Bett gestiegen war, und dann gleich wieder eingeschlafen war.
    „Wer hat dir das erlaubt?“ Sie schlang ihre Arme um den Hund, der sich an sie schmiegte und ihr übers Gesicht leckte. Würde es einen Sorgerechtsstreit um Chase geben, wenn sie Ken verließ? Tja, ein Jammer; wenn Ken einen Hund wollte, konnte er seinen eigenen Windhund retten. Oder vielleicht einen Pitbull, um seine Mitmenschen noch weiter auf Distanz zu halten.
    „Sieht aus, als hättet ihr beide es euch gemütlich gemacht.“
    Sie setzte sich etwas auf und erblickte Ken in der Tür. Er hielt einen Becher Kaffee in der Hand. „Ich dachte, du wärst schon gegangen.“
    „Und ich dachte, dass du in ein paar Minuten aufwachen würdest.“
    Sie stopfte sich die Kissen in den Rücken. Zu ihrer Überraschung war der Kaffee für sie. Chase schnüffelte daran, entschied, dass es nicht sein Geschmack war, und sprang vom Bett.
    „Das ist eine Überraschung.“ Sie kniff ganz leicht die Augen zusammen. „Willst du mir Honig ums Maul schmieren, um mir etwas zu sagen? Vielleicht wird es ja gar nicht so schlimm, wie du denkst. Vielleicht rechne ich ja sogar damit.“
    „Wovon sprichst du?“
    „Sag du es mir.“
    Er schien nachzudenken. Dann setzte er sich neben sie auf die Bettkante. „Gestern Nacht gab es einen Zwischenfall. Darum bin ich so spät nach Hause gekommen. Ich habe versucht, dich anzurufen, aber es war dauernd besetzt.“
    Sie zuckte nicht einmal mit der Wimper und neigte nur leicht den Kopf.
    „Ein Mann hat seine Frau als Geisel genommen und sie sechs Stunden lang mit vorgehaltener Waffe festgehalten.“
    Sie hasste solche Geschichten. Früher hatte sie sie gehasst, weil sie deutlich gemacht hatten, wie gefährlich Kens Beruf war. Jetzt hasste sie sie, weil sie wusste, dass sie Ken an die Nacht in Cutler Bay erinnerten. Für gewöhnlich zog er sich nach solchen Vorfällen noch weiter von ihr zurück. Es war im Laufe der Zeit immer schwieriger geworden, zu ihm durchzudringen, und irgendwann hatte sie aufgehört, es zu versuchen.
    Doch sie konnte sich an keinen Tag im vergangenen Jahr erinnern, an dem Ken ihr freiwillig von diesen Geschichten erzählt hatte.
    „Warst du beteiligt?“, fragte sie. „Sitzt du nicht mehr oder weniger ständig am Schreibtisch?“
    „Ich bin in solchen Fällen auch als Vermittler tätig.“
    Ken hatte sich zusätzlich dazu ausbilden lassen, bei Geiselnahmen und Entführungen mit den Tätern zu verhandeln. In dieser Funktion hatte er für das Miami-Dade-Sonderkommando gearbeitet. Wanda hatte jedoch nicht gewusst, dass das Palmetto Grove Department ihn auch wegen ebendieser Fähigkeiten sowie wegen seiner Erfahrungen und Erfolge ausgewählt hatte.
    „Das hast du mir nie erzählt“, sagte sie.
    „Ich dachte, das hätte ich.“
    „Es gibt vieles, um das du dich nicht geschert hast, Kenny.“
    „Vielleicht habe ich dir nichts davon gesagt, weil ich nicht sicher war, ob ich es noch kann.“
    An sich schien diese Erklärung nicht außergewöhnlich zu sein. Doch Wanda wurde bewusst, dass das mehr war, als Ken ihr seit jener furchtbaren Nacht, in der der junge Mann getötet worden war, über seine Gefühlswelt erzählt hatte.
    „Du hattest Angst, dass ein solcher Einsatz die Erinnerungen zurückbringen könnte.“ Sie bemühte sich, sachlich zu klingen, um ihn nicht zu verschrecken.
    „Gestern Nacht bin ich gut zurechtgekommen. Es hat mir gefallen, nicht derjenige mit der Waffe zu sein.“
    Was sollte sie darauf erwidern? Für sie war die Welt immer ein Ort gewesen, an dem es nur ein Entweder-oder, Schwarz oder Weiß gab. Der Drogendealer hatte versucht, Ken zu töten. Ihrer Meinung nach hieß das, dass Kens Reaktion gerechtfertigt gewesen war. Es war nötig gewesen. Aber inzwischen hatte sie gelernt, dass die Welt ein starrer, unbeweglicher Ort wurde, wenn man die Dinge nur in Schwarz oder Weiß sah. Wenn sie ihre Einstellung nicht geändert hätte, dann wären Janya und Tracy und vielleicht sogar Alice niemals ihre Freundinnen geworden.
    „Das kann ich nicht beurteilen, weil ich nie in einer solchen

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