Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
Situation war“, entgegnete sie. „Aber vielleicht kann ich es ein bisschen verstehen.“
„Ich treffe mich mit dem Polizeipsychologen.“
Einen Moment lang glaubte sie, sich verhört zu haben. Denn der Mann, den sie geheiratet hatte, hätte das niemals getan. Nur um im Dienst bleiben zu können, hatte Ken nach dem Vorfall in Cutler Bay die vorgeschriebenen Besuche beim Psychologen wahrgenommen. Offensichtlich hatte er den Psychologen damals davon überzeugt, dass es ihm gut ging, denn es hatte nur ein paar Sitzungen gegeben. Wandas Bitte, auch weiterhin psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, hatte ihn nicht umgestimmt.
„Hast du die Termine allein vereinbart?“, fragte sie. „Oder ist irgendjemandem aufgefallen, dass du nicht mehr der Alte bist?“
„Das habe ich gemacht. Allein bin ich nicht mehr weitergekommen.“
Ihr wurde klar, wie bedeutend, wie weltbewegend sein Bekenntnis war. Wie jeder Mann gab auch Ken nicht gern seine Schwächen zu. Und dass er freiwillig um Hilfe bat? Sie fragte sich, wie schlimm es in ihm ausgesehen haben mochte. Nun gab Ken es ihr gegenüber tatsächlich zu. Aus welchem Grund?
„Steh das mit mir zusammen durch“, sagte er, ohne ihr dabei ins Gesicht zu sehen.
Sie wusste nicht, was sie empfinden sollte. Mitgefühl? Eine Woge der Liebe? Sie fühlte sich nur benommen. Zu viel Mitgefühl und zu viel Liebe waren gegen eine Steinmauer namens Ken Gray gestoßen, zurückgeprallt und im Sand zu ihren Füßen versickert.
„Ich werde nicht weggehen. Noch nicht jedenfalls.“ Das war alles, was sie ihm sagen konnte.
„Ich weiß, dass es schwer war.“ Er stand auf.
„Kenny, es war die Hölle.“
„Ich wünschte, ich hätte es ändern können.“ Er pfiff kurz, und Chase hörte auf, an der Schranktür zu schnüffeln, und sprang um das Bett herum, um zu ihm zu kommen.
„Geht es der Frau von gestern Nacht gut?“, fragte Wanda.
„Wir haben ihn überredet, sie gehen zu lassen. Dann hat er die Waffe weggelegt und ist rausgekommen. Wir haben ihn verhaftet. Es hat sich gut angefühlt. Zu sehen, dass etwas gut ausgehen kann.“
Der Mann und der Hund verschwanden gemeinsam. Wanda fragte sich, ob sich in ihrem schäbigen kleinen Häuschen am Golf tatsächlich etwas verändert hatte. Sie wagte es nicht zu hoffen.
Laut Reiseführer war Cargo Beach wie Palmetto Grove einst ein Frachthafen gewesen, mit Lagerhallen und Handelsdocks, heruntergekommenen Bars und billigen Ferienhäusern. Was sich als echter Nachteil für die Industrie herausgestellt hatte, war die Tatsache, dass sich vor dem Handelszentrum ein weißer Sandstrand erstreckte und das Wasser dort flach genug war, dass man schwimmen konnte. Cargo Beach war ein Touristenmekka gewesen, das nur noch hatte entdeckt werden müssen.
Inzwischen sah die Stadt aus wie der wahr gewordene Traum von einem karibischen Ferienort. Pastellfarbene Geschäfte säumten gepflasterte Straßen, an denen Palmen in Pflanztöpfen standen. Aus den Straßencafés drang Reggaemusik. Wanda und Janya gingen ein Stück weit die Straße hinab. Als sie einige Zeit später zurück zu Janyas Auto liefen, war Wanda sich ziemlich sicher, dass sie hier mindestens genauso viele geschmacklose Florida-Souvenirs gesehen hatte wie in ganz Orlando.
„Man hat das Gefühl, an jeder Straßenecke Limbo tanzen zu müssen, oder?“
Janya blickte sich um, als befürchtete sie, verfolgt zu werden. „Ich hatte Angst, dass irgendjemand aus einem der Geschäfte stürmen könnte, wenn ich nicht lächle, und mich dazu zwingen würde.“
„Es ist wie Disney World – nur dass das hier echt sein soll.“
„Als Alice mit ihrem Mann hierherkam, war es bestimmt noch anders.“
Die Erwähnung von Alice machte Wanda traurig. Wanda und Janya hatten über Tracys Entdeckung in Alices Haus gesprochen. Keine der Frauen wusste, was sie nun tun sollten. Die Geschichte der wunderschönen Ananas-Tischdecke war zu deprimierend, um darüber nachzudenken. Wanda konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Alices Gesundheitszustand sich so schnell verschlechtert und die Demenz sich verschlimmert hatte.
Sie versuchte, sich abzulenken. „Es ist Zeit fürs Abendessen. Wir könnten ins Sea Breeze fahren, etwas essen und mal schauen, ob sich irgendjemand an Herb erinnern kann.“
„Mir gefällt Palmetto Grove besser“, bemerkte Janya.
„Glaubst du, dass ihr dableiben werdet?“
„Die Stadt unterstützt das Geschäft, und Rishi bekommt Steuererleichterungen. Also ja, ich glaube, wir
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