Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
mehr. „Das sollte eigentlich privat bleiben. A-no-nym!“
„Tja, du hast einfach eine sexy Stimme, und da konnte ich doch nicht anders, als dich da draußen zu erkennen.“
„Hör zu, lass mich in Ruhe, okay? Ich … Ich will nicht, dass irgendjemand weiß …“
„Natürlich nicht.“ Sie klang wirklich mitfühlend. „Und ich werde es keiner Menschenseele erzählen. Hast du nicht aufgehört, mit mir zu telefonieren, weil du eine neue Frau kennengelernt hast?“
„Was willst du?“
„Ich will alles, was dir zu Clyde Franklin einfällt.“
„Was, zur Hölle, kümmert es dich?“
Sie sagte ihm die Wahrheit. Kurz und bündig. „Wir müssen seine Tochter finden. Soweit wir wissen, weiß sie nicht einmal, dass er tot ist.“
Ralph zog sie noch weiter in die Ecke. Wenn das so weiterging, würde Wanda vermutlich aussehen wie eine Kartoffelspalte, wenn sie irgendwann die Küche verließ.
„Ich weiß nicht viel“, erklärte er. „Aber vor langer Zeit verschwand Clyde eines Tages einfach. Wir alle wussten, dass etwas passiert sein musste, doch hier an der Küste stellen die Menschen nicht viele Fragen.“
„Er ist tot. Was soll es also? Niemand will irgendjemandem wehtun. Aber falls seine Tochter noch am Leben ist, verdient sie zu erfahren, dass er verstorben ist.“
„Wer war dieser Herb Soundso? Warum habt ihr zuerst nach ihm gefragt?“
„Weil Clyde seinen Namen nach dem Krieg geändert hat und sich Herbert Krause nannte. Und so kannten wir ihn. Vielleicht weißt du ja nichts Hilfreiches mehr …“, sie lächelte, „… aber kannst du es um der alten Zeiten willen nicht wenigstens versuchen?“
Der Mann auf der anderen Seite der Küche rief, dass er fast fertig sei mit dem Gemüseschneiden.
„Nimm die Dosentomaten in Angriff“, rief Ralph zurück.
„Studley …“ Sie lächelte kokett.
„Clyde hat am Wochenende hinterm Tresen gearbeitet. Ich war damals sechzehn, und ich dachte, er wäre ein cooler Typ, weißt du? Ich habe oft am Tresen rumgehangen und mit Clyde geredet.“
„Okay …“ Sie nickte, um ihn zu ermutigen weiterzuerzählen.
„Er war zu Hause nicht glücklich. Das war offensichtlich. Warum sonst hätte er die Wochenenden nicht bei seiner Frau und seinem Kind verbringen sollen?“
„Kanntest du seine Frau und sein Kind? Sind sie jemals hier gewesen?“
Er schüttelte den Kopf. „Nicht damals jedenfalls.“ Er sah aus, als müsste er sich entscheiden, ob er fortfahren wollte.
„Ich würde wirklich nicht gern noch einmal wiederkommen müssen, um dir auf die Nerven zu gehen“, sagte Wanda. „Ich weiß, dass du ein viel beschäftigter Mann bist, Stud…“
„Hör auf damit! Gut … Ein Grund, aus dem Clyde immer wiedergekommen ist, war Gloria.“
„Gloria … wer? Gloria … was?“
„Gloria Madsen. Ich erinnere mich daran, weil ich immer sagte, dass ihr Name an sich schon nach ‘Bippedy-boppedy-boo’ klänge. Wenn ich ein Mädchen gewesen wäre, hätte ich ihn in einem kleinen Herzchen in mein Notizbuch geschrieben. Sie war Kellnerin, eine umwerfende Frau. Viele Männer kamen nur, damit sie ihnen die Getränke brachte. Und sie mochte Clyde. Sie war natürlich jünger – ehrlich gesagt ungefähr so alt wie ich. Doch für mich hatte sie nichts übrig. Sie hatte nur Augen für ihn, auch wenn er verheiratet war.“
„Seit wann hat eine Frau wie sie sich jemals durch so etwas abhalten lassen?“
„Das musst du gerade sagen.“
„Ja, das muss ich sagen – obwohl ich eigentlich besser zuhören kann, oder?“
Er wandte den Blick ab. „Einige der Männer kannten Clyde noch aus den Zeiten vor dem Krieg, und sie sagten, der Krieg habe ihn verändert. Sehr verändert.“
„Ich glaube, der Krieg hat eine Menge Männer verändert.“
„Wie dem auch sei. Eines Tages tauchte er einfach nicht mehr zur Arbeit auf, genauso wenig wie Gloria. Und das war es. Alle wussten, dass sie zusammen durchgebrannt waren. Clydes Frau kam her, um nach ihm zu suchen. Ein Freund hatte sie damals hierhergefahren. Sie war ein unscheinbares kleines Ding, fast schon hausbacken. Und sie hatte ihre kleine Tochter dabei. Alle hatten ein schlechtes Gewissen deswegen.“
„Wusste sie über Gloria Bescheid?“
„Das kann ich dir nicht sagen. Niemand hier hat ihr etwas darüber gesagt – so viel steht fest.“
„Hat Clyde jemals geschrieben? Hat er angerufen? Oder ist er noch mal zu Besuch vorbeigekommen?“
„Nein. Das hätte ich gewusst. Er gab Anlass zu vielen Spekulationen.
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