Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)

Gewässer, die den Gezeiten unterworfen sind, bis zur durchschnittlichen Flutmarke als unabhängig betrachtet. Gleiches gilt für Süßwassergewässer, die tief genug sind, um sie zu befahren. Auch sie sind bis zur normalen Hochwassergrenze von 1845 unabhängig – in dem Jahr wurde Florida übrigens Bundesstaat. Mit anderen Worten: Sie werden vom Staat treuhänderisch verwaltet und gegen alle Stock schwingenden Weißen und sonstigen Eindringlinge an unseren Küsten beschützt.“
    Tracy starrte ihn an. Der Mann war an die vierzig Jahre alt, groß, aber nicht groß genug, um die paar Pfunde zu viel auf seinen Hüften zu überspielen. Er hatte eine zerschlissene abgeschnittene Hose an und ein T-Shirt aus den Achtzigern, als man solche Shirts auf Konzerten der Greatful Dead kaufen konnte.
    „Ich habe das furchtbare Gefühl, dass ich weiß, wer Sie sind“, sagte sie.
    Er streckte seine Hand aus. „Marshall Egan. Meine Freunde nennen mich Marsh.“
    Tracy war sich sicher, dass sie niemals dazugehören würde.
    Während sie über eine Erwiderung nachdachte, musterte sie ihn argwöhnisch. Er hatte ein nettes, ovales Gesicht, schulterlange rotblonde Haare, die er zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden hatte, und sonnengebräunte Haut. Schließlich streckte sie ebenfalls ihre Hand aus – alles andere wäre sehr unhöflich gewesen – und schüttelte seine kurz.
    „Tracy Deloche.“
    „Ja, das habe ich mir schon gedacht.“
    „Wild Florida , habe ich recht?“
    „Sie wissen Bescheid.“
    „Was genau jagen Sie heute Morgen, Mr Egan? Muscheln? Wasservögel? Neue Gründe, um mich daran zu hindern, das Land zu verkaufen, auf dem Sie stehen?“
    „Sie haben mir nicht zugehört. Sie können kein Land verkaufen, das Ihnen nicht gehört.“
    Sie wischte seine Bemerkung ungeduldig beiseite. „Was ist dann mit dem Teil, auf dem ich stehe? Oder der Teil hinter mir? Kennen Sie eine neue Regelung, die Sie mir gleich erklären und die besagt, dass die Einwohner Floridas eigentlich all das besitzen, was ich fälschlicherweise als mein Eigentum erachtet habe?“
    Wieder lächelte er. „Wir arbeiten daran. Im Augenblick verklagen wir die Armee. Aber Sie könnten die Nächste sein.“
    „Warum? Bin ich auf irgendetwas vom Aussterben Bedrohtes getreten? Eine Wurzel oder ein Gras? Oder einen mikroskopisch kleinen Käfer?“
    „Nein, wir wollen nur verhindern, dass Sie das Land erschließen lassen. Und dazu haben wir Strategien über Strategien.“
    „Ich frage mich, ob ich Sie genauso lästig finden würde, wenn es nicht mein Land wäre, über das wir hier sprechen.“ Sie dachte einen Moment lang nach. „Ja, das würde ich. Das würde ich wirklich. Sie haben Spaß daran. Und der Spaß geht auf meine Kosten.“
    „‘Kosten’ ist ein gutes Stichwort. Lassen Sie uns mal darüber reden. Wissen Sie, welche Kosten Sie riskieren würden, wenn Sie hier auch nur einen Busch rausreißen würden?“
    „Sie haben selbstverständlich recht.“ Sie schlug sich leicht vor die Stirn. „Ich sollte Ihnen einfach auf der Stelle das ganze Land überschreiben. Was habe ich mir nur gedacht? Dann könnten wir uns an den Händen fassen und gemeinsam ‘This Land is your Land’ singen. Wir könnten auch noch eine zusätzliche Strophe über weißen Sand und Moskitos schreiben.“
    „Solche Beschimpfungen sind nicht Ihre Art. Das steht Ihnen nicht.“
    Sie machte einen Schritt auf ihn zu. „Ich war mit dem berüchtigtsten Immobilienhai aller Zeiten verheiratet. Und auch wenn ich mich nicht besonders aufmerksam um seine Geschäfte gekümmert habe, so habe ich doch einiges gelernt. Erstens: Man gibt niemals auf. Zweitens: Man gibt niemals auf. Und drittens: Während man nicht aufgibt, lässt man auch nicht zu, dass andere Menschen einen mit Füßen treten. Man tritt selbst. Das habe ich aus meiner Ehe mitgenommen – das und dieses mit Insekten verseuchte Stück Floridas. Und wenn wir hier fertig sind, werden Sie meine Fußabdrücke auf sich spüren, Marshall Egan.“
    Er musterte sie, als wäre sie eines dieser Insekten. „Folgendes“, sagte er, und diesmal lächelte er nicht. „Es ist egal, wie oft Sie nicht aufgeben. Sie können nicht gewinnen. Die Leute sind es leid, dabei zuzusehen, wie Florida ausgebaggert, erschlossen und zerstört wird. Man könnte sagen, dass das hier unsere eigene kleine 3-D-Show ist – nur dass niemand eine lustige Plastikbrille braucht, um das Ergebnis zu sehen. Die Leute überhäufen uns von allen Seiten mit Geld,