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Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)

Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)

Titel: Insel hinter dem Regenbogen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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verloren, und fairerweise musste sie eingestehen, dass sie möglicherweise ein klitzekleines bisschen überheblich gehandelt haben könnte. Sie hätte bis zum nächsten Zug warten können, hätte fragen können, ob sie Zeit hätten, mit ihr zu reden, oder einen anderen Termin ausmachen können, wenn es gerade schlecht gewesen wäre. Andererseits waren sie nicht dabei gewesen, eine Karte eines neuen Kontinents anzufertigen oder ein Heilmittel gegen Krebs zu finden. Schach war nur ein Spiel. Es passierte nichts Dramatisches, wenn ein Zug unterbrochen wurde. Niemand starb. Niemand verpasste die Einfahrt zur Nordwestpassage.
    Die Enttäuschung nagte an ihr. Ein paar Minuten lang saß sie schweigend auf dem Sofa und überlegte, was sie als Nächstes tun konnte, um Herbs Familie zu finden. Natürlich war es eigentlich nicht ihr Problem oder musste es nicht sein. Sie konnte in seinem Haus alles einpacken, was wertvoll aussah, und den Rest entsorgen – jedenfalls nahm sie an, dass sie es von Rechts wegen so tun konnte. Sie würde es herausfinden. Doch sie war noch nicht bereit aufzugeben. Sie wusste nicht, warum, aber es war so. Also, was konnte sie tun, wobei sie nicht auf die Hilfe der Männer im Park angewiesen war?
    Sie stand auf, um sich ein Glas Papayasaft zu holen, als ihr die Akte ins Auge fiel, die Maribel ihr gegeben hatte. Sie hatte sie aus der Tasche genommen, ehe sie mit Wanda losgefahren war. Bisher hatte sie nur einen Blick auf die erste Seite geworfen. Auf die Frage nach den Angehörigen war dort eine Lücke gelassen worden. Jetzt blieb Tracy stehen und blätterte auf der Suche nach irgendetwas, das sie weiterbringen konnte, durch die Papiere. Auf dem letzten Blatt stand eine Liste der ehemaligen Vermieter. Es waren zwei Namen.
    „Super.“ Die Hinweise mochten alt und vielleicht keine große Hilfe sein, aber es war zumindest einen Versuch wert. Sie klemmte die Liste unter den Arm und ging in die Küche, um sich Saft und das Telefon zu holen. Ein paar Minuten später hatte sie es sich wieder im Wohnzimmer bequem gemacht und wählte die erste Nummer.
    Eine Frau meldete sich, und Tracy kam sofort auf den Punkt, als sie sicher war, die richtige Person zu haben. Sie erklärte, wer sie war und aus welchem Grund sie anrief. „Ich brauche Ihre Hilfe. Wir versuchen, Mr Krauses Familie ausfindig zu machen, und bisher hatten wir kein Glück. Wenn Sie vielleicht so freundlich wären, in Ihren Unterlagen nachzuschauen? Ich bleibe solange am Apparat. Es macht mir nichts aus zu warten. Es ist wirklich sehr wichtig.“
    Sie dachte, besorgt und geschäftsmäßig geklungen zu haben, doch die Frau am anderen Ende lachte nur freudlos auf. „Tja, dann werden Sie eine sehr lange Zeit am Apparat bleiben müssen, Schätzchen. Ich stecke bis zu den Ellbogen in Brotteig, und ich habe keine Lust, meine Hände zu waschen, bis ich fertig bin.“
    Tracy holte tief Luft und bemühte sich, noch etwas warmherziger zu klingen. „Ich rufe vielleicht zu einem ungünstigen Zeitpunkt an, aber ich muss seine Familie so schnell wie möglich finden …“
    Die Frau hatte aufgelegt.
    Tracy saß auf dem Sofa und starrte den Hörer an.
    Einige Minuten später versuchte sie ihr Glück bei der zweiten Nummer. Als sich ein Mann meldete, fragte sie, ob er einen Augenblick Zeit habe. Als er fragte, ob sie eine Telefonverkäuferin sei, versicherte sie ihm, dass das nicht der Fall sei, und erklärte ihm schnell den Grund für ihren Anruf.
    „Wenn es gerade ungelegen kommt, kann ich auch später noch mal anrufen“, sagte sie bescheiden. „Ich will Sie nicht stören. Es ist nur so, dass der Bestattungsunternehmer die Leiche einäschern will, und ich möchte nicht, dass das geschieht, bevor ich Herbs Familie gefunden habe. Also, haben Sie gerade Zeit, um zu reden?“
    Der Mann, der so klang, als wäre er selbst nur ein paar Atemzüge vom Krematorium entfernt, versicherte ihr, dass er Zeit habe. Wenn es ihr nichts ausmachen würde, einen Moment in der Leitung zu warten, würde er nachsehen, ob er den Mietvertrag finden könne, den Herb unterschrieben hatte. Er erinnerte sich zwar nicht an Herbs Familie, aber vielleicht stand etwas in den Unterlagen.
    Tracy saß geduldig auf der Couch – auch wenn sie deutlich den Drang verspürte, den Mann zur Eile anzutreiben – und wartete.

8. KAPITEL
    A m Tag nachdem sie im Leben dreier alter Männer Chaos und Verwüstung angerichtet hatte, verbrachte Tracy den Morgen damit, Kostenvoranschläge von Fliesenlegern

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