Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
weiß über Wundstarrkrampf Bescheid. Die kleinen Drähte waren verrostet, und ich wartete nur auf den Morgen, an dem ich aufwachen würde und meinen Mund nicht mehr würde öffnen können …“
„Das wäre ein Tag …“, murmelte Tracy, allerdings nicht leise genug.
„Ich rede jetzt“, sagte Wanda.
Tracy wirkte kein bisschen schuldbewusst.
„Wie auch immer. Ich habe versucht, diese Maklerin dazu zu bringen, dass jemand sich darum kümmert, aber natürlich hat sie nichts getan und gemeint, wir könnten ja ausziehen, wenn wir wollten. Sie hat sich ziemlich aufgespielt. Also beschloss ich, mich selbst darum zu kümmern. Ich habe die defekte Tür für die Müllabfuhr an die Straße gestellt. Immerhin ist es besser, keine Fliegengittertür zu haben als eine, die einen auf Dauer umbringt.“
Tracy seufzte hörbar.
„Tja, da kämpfte ich also mit der hässlichen, unhandlichen Tür. Schließlich hing sie nur noch an einer Angel und war eingerostet wie der Blechmann, als Dorothy ihn fand. Und plötzlich kam Herb mit einer Kanne WD-40 Rostlöser, als hätte er nur darauf gewartet, dass jemand das Zeug mal brauchte. Zu zweit hatten wir die Tür ruck, zuck abmontiert. Und das war nicht das einzige Mal, dass er mir geholfen hat. Im Augenblick ist mein Kenny so nutzlos wie eine Ameisenlarve, und Herb hat mich immer unterstützt, wenn er konnte. Wie einmal, als es durch meine Badezimmerdecke tropfte und tropfte und tropfte. Er kam rüber und half mir, die Überschwemmung zu beseitigen. Schade, dass er tot ist, denn beim nächsten großen Regen wird das Gleiche wieder passieren.“
Sie strich ihren Rock glatt und nahm wieder Platz.
Alle schwiegen. Nachdem sie eine Weile gewartet hatte, erhob Janya sich. „Gemeinsam sind wir hier, in seinem Haus. Wir alle hoffen, dass er dort, wo er jetzt ist, seinen Frieden und die Einigkeit mit Gott gefunden hat. Möchte jemand ein Gebet sprechen?“ Sie wartete und sah wie jemand aus, den Aladin auf seinem fliegenden Teppich mitnehmen würde.
Alice hievte sich mühsam aus dem Sessel. Und dann trug sie den dreiundzwanzigsten Psalm vor, während Wanda erstaunt zuhörte. Der Vortrag war perfekt, nur ein- oder zweimal zögerte Alice ein wenig. Dann setzte sie sich wieder hin.
„Das war wunderschön“, sagte Janya. Wieder wartete sie einen Moment, und als niemand sonst etwas sagte, erklärte sie: „Dies ist aus meiner religiösen Tradition.“ Sie machte eine kurze Pause. „Ich bin der Tod, der alles ergreift, und die Quelle von allem, was geboren werden soll. Ich bin Pracht, Wohlstand, schöne Sprache, Erinnerung, Intelligenz, Standhaftigkeit und Vergebung. Ich bin die göttliche Saat allen Lebens.“
„Asche zu Asche, Staub zu Staub“, sagte Alice.
„Amen“, murmelte Tracy. Und alle, bis auf Janya, taten es ihr gleich.
Wanda war sich nicht sicher, was gerade genau passiert war, aber sie wusste, dass sie sich besser fühlte. Es hatte kein Höllenfeuer und auch keinen Schwefel gegeben, niemand hatte mit dem Finger auf die Lebenden gezeigt, um sie daran zu erinnern, dass sie die Nächsten sein könnten, die der Tod ereilte. Sie hoffte nur, dass Herb – wenn er an einem Ort war, wo er das alles hören konnte – ihnen vergeben konnte, dass sie alle so wenig zu sagen hatten, wenn doch so vieles hätte gesagt werden müssen.
„Das Beste, was wir für den Mann noch tun können, ist, seine Familie zu finden“, sagte sie und stand auf. „Wie weit sind wir damit?“
Die Anspannung im Raum ließ spürbar nach. Alle Frauen ließen die Schultern ein bisschen sinken, als wären sie erleichtert, das alles hinter sich zu haben.
Tracy erhob sich ebenfalls und streckte sich. „Janya und ich waren gestern im Rathaus. Wir haben nichts über Herb herausgefunden. Aber wir wissen jetzt, dass Clyde Franklin – vermutlich derselbe, wenn man sich die Daten anschaut – 1942 eine Frau namens Louise Green geheiratet hat. Hier in Sun County.“
„Und Sie meinen, dass es derselbe ist?“
„Nicht hundertprozentig. Ich denke, wir könnten eine Kopie ihrer Heiratsurkunde bekommen. Wären darauf nicht auch die Geburtsdaten vermerkt?“
„Jemand sollte das aufschreiben. Das könnten wir tun“, sagte Wanda.
„Nehmen wir mal an, dass es sich um denselben Clyde Franklin handelt. Dann ist es das Wichtigste, herauszufinden, ob entweder er oder Louise noch am Leben ist“, erklärte Tracy. „Und ob wir sie finden und nach Herbs Tochter fragen können.“
Irgendetwas nagte an Wanda. „Sagten
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