Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
schon versammelt. Als sie im Wohnzimmer zu ihnen stieß, war ihr noch heißer, sie war mürrisch und ärgerte sich, dass sie gekommen war.
„Ich dachte, der Mann wollte keine Beerdigungsfeier“, sagte sie und fächelte sich mit der Hand Luft zu.
„Es ist nur eine kleine Gedenkfeier.“ Tracy nickte Janya zu. „Janya war der Meinung, dass wir das machen sollten.“
Janya trug einen von diesen langen Schals, die man sich um den Körper wickelte und die eine Art Rock bildeten. Wanda konnte sich nicht daran erinnern, wie man diese Tücher nannte, doch dieses hier war hellblau, fast silber. Janya hatte ihr Haar gescheitelt und im Nacken zu einem Knoten gesteckt, und auf ihrer Stirn prangte ein roter Punkt. Sie sieht aus wie eine wunderschöne Prinzessin aus einem exotischen Märchen, dachte Wanda.
„Ich fand nur, dass er es verdient hätte, dass jemand an einem Tag wie diesem an ihn denkt“, erklärte Janya.
„Tja, das sollte eigentlich Aufgabe seiner Familie sein“, entgegnete Wanda. „Und nicht von einem Haufen fremder Frauen.“
„Sehr fremd sogar“, stimmte Tracy zu.
Tracy trug ein Blümchenkleid mit hohem Kragen und langem Rock. Der Rücken war etwas ausgeschnitten, und ihre Schultern waren nackt. Sie sieht aus wie ein Hollywood-Starlet bei einem Fotoshooting, dachte Wanda.
Jetzt fühlte Wanda sich noch älter und fettiger. Sogar Alice sah aus, als hätte sie gerade geduscht und ein bisschen Make-up aufgelegt. Sie hatte ein Kleid angezogen, das nicht vorne zu knöpfen war. Im Gegensatz zu ihrem Hängerchen hatte es eine Taille und auch sonst alles.
„Liest jemand ein Gebet vor oder einen religiösen Text?“, fragte Wanda.
„Ich überlasse das Janya“, sagte Tracy.
„Ich bin Christin.“ Wanda nickte, um ihre Worte zu unterstreichen. „Ich kann nicht an irgendwelchen heidnischen Totenritualen teilnehmen.“
Janya blickte sie an. „Ich dachte, jede von uns könnte eine Erinnerung erzählen, die sie an Herb hat. Würde Sie das verletzen?“
„Nicht wenn das alles ist, was wir machen. Dann kann ich damit leben.“
„Außerdem könnte jemand ein Gebet sprechen. Aber wenn das ein Problem ist …“
Wanda wusste, dass Janya wütend war, und sie bemerkte den Spott in den Worten. Doch sosehr sie sich auch bemühte, ihr wollte keine passende Erwiderung einfallen. Alles, was Janya gesagt hatte, war vernünftig und annehmbar.
„Solange es keine Götzenbilder gibt … Ihr scheint davon ja jede Menge zu haben.“
„Ich habe all meine Götzenbilder zu Hause gelassen, wo sie hingehören.“
„Wanda, bitte setzen Sie sich“, sagte Tracy. „Wir haben alles unter Kontrolle. Lassen Sie uns alle einmal tief durchatmen und uns einen Moment nehmen, um darüber nachzudenken, was wir sagen können.“
Wanda strich ihr Kleid glatt – wie die Dame, die sie eigentlich hätte sein sollen – und nahm Platz. Sie war sich nicht sicher, woher all die Worte über Heiden und Götzenbilder gekommen waren. Sie konnte sich nicht einmal daran erinnern, wann sie zuletzt in der Kirche gewesen war. Seit ihrem Umzug nach Sun County war sie jedenfalls nicht mehr in der Kirche gewesen. Sie war zu wütend auf Ken, um das Risiko einzugehen, in der Kirchenbank zu sitzen und möglicherweise vom Blitz getroffen zu werden.
Alice war die Erste, die sich erhob. Wanda war sich ziemlich sicher, nicht wieder aufstehen zu wollen – jedenfalls nicht in den nächsten zehn Jahren. Sie zog ihre kribbelnden, schwitzigen Füße aus den Sandalen und lehnte sich im Sessel zurück.
„Als Karen starb, kam Herb zu mir nach Hause. Er …“ Alice hielt inne, als versuchte sie, die richtigen Worte zu finden oder die richtige Art, den Satz zu Ende zu bringen. „Er war nicht reich. Er war ein Arbeiter, ein Schweißer …“
„Da hat er auch Clyde kennengelernt“, sagte Wanda und setzte sich abrupt auf, als es ihr klar wurde. „Da ist unsere Verbindung!“
„Schh …“, machte Tracy und bedeutete ihr zu schweigen.
„Schweißer sind nicht reich“, sagte Alice. „Es ist eine anstrengende, heiße Arbeit. Harte Arbeit. Vor allem in Florida.“
„Also kam Herb vorbei, um Sie zu besuchen“, sagte Janya, als wollte sie die alte Dame zurück zum Thema bringen.
„Er hat mit etwas zu essen gebracht. Ich glaube, er hatte Gutscheine für den Golden Grill auf der anderen Seite der Brücke …“
„Ja?“, sagte Tracy, als sie nicht gleich weitersprach.
„Und manchmal kann man zwei Vorspeisen bekommen … Sie wissen schon, zum Preis
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