Insel zweier Welten: Roman (German Edition)
von der Seite an. So wie ich von ihm gelernt und meine Ansichten über den geeigneten Umgang mit Solace geändert hatte, so musste wohl auch er seine Meinung in vielen Dingen einer Prüfung unterzogen haben. Ich erinnerte mich noch, wie er mich mit seinen bohrenden Fragen über die Heilige Schrift gereizt hatte, und fragte mich, was von den Dingen, die Vater gesagt oder getan haben mochte, ihn letztlich überzeugt hatte. Vom äußeren Schein her war er mit jedem Zoll ein Christ. Doch wer konnte ihm schon ins Herz schauen?
Darüber grübelte ich immer noch nach, als Vater das Wort an mich richtete. »Findest du nicht, Bethia?«
Da ich das Gespräch nicht im Geringsten verfolgt hatte, hatte ich keine Ahnung, wie ich auf die Frage antworten sollte. Doch hier mischte sich Makepeace ein und sagte: »Vielleicht fragen wir besser Caleb nach seiner Meinung. Sein Stamm hat jahrhundertelange Erfahrung hier an diesem Ort und muss doch wissen, wann die Frostgefahr im Allgemeinen vorüber ist. Ich bin mir sicher, er wird Bethia gerne beim Anpflanzen von Mais und Bohnen helfen, wenn die Zeit gekommen ist.«
Das war das allererste Mal, dass Makepeace eine solch freundliche Bemerkung an Caleb gerichtet hatte. Da ich jedoch oft genug die Zielscheibe solcher Geistesblitze meines Bruders gewesen war, vermutete ich gleich einen Haken dabei, denn es kam mir seltsam vor, ausgerechnet von ihm den Vorschlag zu hören, dass Caleb und ich etwas gemeinsam tun könnten, wo er sich doch deutlich gegen die notgedrungen aus unserem Zusammenleben erwachsende Vertraulichkeit ausgesprochen hatte.
Vater erkannte seinen Hintergedanken noch vor mir. »Gewiss nicht«, warf er ein und wandte sich Caleb zu. »Das Pflanzen ist bei den Wampanoag doch Frauenarbeit, oder? Die Männer vermeiden solche Aufgaben, denke ich.«
Caleb, der spürte, dass Vater es gut meinte, lächelte. »Gewiss. Doch warum sollte ich, da ich an Eurem Tisch esse, nicht dabei helfen, die Nahrung, die auf meinem Teller liegt, zu beschaffen? Cum Roma es, fac qualiter Romani facit.«
Vater lachte so sehr, dass er sich eine Träne aus dem Augenwinkel wischen musste. » Faciunt, mein lieber Junge, faciunt «, sagte er schließlich. »Mach es wie die Römer, Plural, mach es wie sie. Facit würde heißen: wie der Römer es macht … Dennoch gut gesagt, finde ich. Wir sind doch in gewisser Weise alle in Rom, oder nicht? Du musst lernen, wie das Leben in unserer Familie abläuft, und wir lernen eure Insel besser kennen. Es wäre eine große Gunst, wenn du uns das alles beibringen würdest.«
Ich schaute zu Makepeace. Der Pfeil seines Geistes war an seinem Ziel vorbeigeschossen, und in seinem Gesicht war deutlich Verärgerung zu sehen. »Ich bin nicht dafür, unser ordentliches englisches Feld in das Brachland von Wilden zu verwandeln und uns zum Gespött unserer Nachbarn zu machen.«
»Makepeace,« sagte mein Vater streng. »Ich wäre geneigter, deine Wünsche zu befolgen, wenn du dafür etwas geneigter wärst, deinen Anteil an der Feldarbeit zu erfüllen.« Vater tadelte Makepeace nur selten. Doch ungehobeltes Benehmen war etwas, das er noch nie geduldet hatte. »Wir werden uns die Ratschläge unseres jungen Freundes hier anhören, und wenn unsere Nachbarn lachen, dann sollen sie eben. Wir werden schon sehen, ob ihnen das Lachen nicht vergeht, wenn die Erntekörbe gezählt werden.«
Und so kam es, dass wir, anstatt das Feld in geraden Reihen zu pflügen und mit Trögen voller Mist zu düngen – was alles zusammen harte Knochenarbeit bedeutete –, die Erde ließen, wie sie war. Wir warfen nur kleine Erdhügel auf und vergruben in jedem einen Hering, den wir mit Händen voll gründlich vom Salzwasser gereinigten Seetang umwickelten. Sobald der Boden warm genug war, pflanzten wir in jeden Erdhügel ein Maiskorn, und wenn die Pflanzen sprossen, legten wir rundherum Bohnen aus, die dann die Stangen hochkletterten, ohne dass wir uns die Mühe machen mussten, sie hochzubinden. Als es wärmer wurde, verfuhren wir in gleicher Weise mit dem Kürbis, und mittlerweile war das ganze Feld mit Ranken bedeckt, die jegliche unerwünschte Pflanze buchstäblich im Keim erstickten. Wenn die Nachbarn zweifelnd die Augenbrauen hoben, war mir das gleichgültig. Ihr Missfallen war nur ein geringer Preis für die vielen Stunden, die ich nun nicht mehr mit dem Kampf gegen das Unkraut verbringen musste.
Einen einzigen Menschen gab es jedoch, der unser scheinbar ungeordnetes Feld nicht mit gehobener Braue
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