Insel zweier Welten: Roman (German Edition)
Makepeace, mir nie gewesen war –, kehrte ich ihm einfach den Rücken und band Speckle los. Meine Handgelenke zitterten vor Wut, und meine Hand bebte, als sie sich am Knoten zu schaffen machte. Während ich mich damit abmühte, ihn zu lösen, senkte ich meine Stimme und fuhr fort, ohne ihm ins Gesicht zu schauen.
»Du weißt sehr wohl, dass du es niemals gewagt hättest, so mit mir zu sprechen, wäre Vater noch da, um dich in die Schranken zu weisen. Jetzt plusterst du dich auf wie ein Gockel im Hühnerhof und denkst, du könntest mich einfach so beleidigen und verleumden, ohne dass das Folgen hat. Muss ich dich daran erinnern, dass ich Großvaters Mündel bin? Nein, du nicht. Wenn du von dem überzeugt bist, was du da sagst, dann geh zu Großvater und erstatte ihm Bericht. Mal sehen, ob du das wagst.« Ich stellte meinen Stiefel in den Steigbügel. Makepeace streckte eine Hand aus, doch ich schlug sie weg. Einen Moment lang sah ich noch seine erschrockene Miene, als ich mich in den Sattel schwang, meine Röcke raffte und mich vorbeugte. Dann hieb ich der Stute die Fersen in die Flanken. Speckle schoss mit einem solchen Satz vorwärts, dass Makepeace eine ordentliche Portion Staub zu schlucken bekam.
Er brauchte lange, um zu Fuß nach Hause zu gehen. Ich erwartete eine Gardinenpredigt von ihm, wenn nicht gar eine Tracht Prügel. Doch alles, was er sagte, war: »Verlass dich darauf, dass Großvater davon hören wird, wenn dich jemand auf diese unschickliche, männliche Art reiten sah.« Ich legte eisiges Schweigen an den Tag, richtete ihm das Essen her und nahm mein eigenes Brot mit hinaus in den Garten. Als ich später zu Bett ging, wünschte ich ihm keine gute Nacht, und am nächsten Morgen stand ich früh auf, zündete das Feuer an und setzte einen Kessel Wasser auf. Dann machte ich mich auf den Weg aufs Feld und ließ ihn sein Frühstück allein verzehren.
IX
Nicht lange danach erklärte das Gericht John Mayfield offiziell für tot. Der Pfarrer der christlichen Gemeinden von Great Harbor und Manitouwatootan war im Alter von achtunddreißig Jahren auf See ums Leben gekommen.
Großvater berief Makepeace und mich zur Verlesung des Letzten Willens zu sich, den er noch kurz vor der tödlich verlaufenen Seereise zusammen mit Vater durchgesehen hatte. Der Inhalt barg keine besonderen Überraschungen: das Haus, die Grundstücke im Wald, am Strand sowie die Felder gingen an Makepeace, mitsamt der Einrichtung und dem Vieh. Ich würde das Recht haben, bis zu meiner Ehe im Haus zu leben und mein Auskommen dort zu haben. Für den Fall einer Eheschließung sei Makepeace verpflichtet, »seinen Vermögensverhältnissen entsprechend für eine Aussteuer zu sorgen«. Außerdem erbte ich eine kleine, silbergerahmte Tuschezeichnung meiner Mutter, angefertigt, als sie noch ein Mädchen in Wiltshire, England, war. »Darüber hinaus hinterlässt dir dein Vater auch seinen Homer und die Hebräische Bibel …« Großvater murmelte etwas zerstreut vor sich hin, seine Hand spielte mit dem Pergament. »Seltsames Vermächtnis, wie ich ihm auch gesagt habe. Meiner Meinung nach hätte Makepeace davon größeren Nutzen gehabt … Aber da steht es, genauso, wie er es wollte …«
Er ließ diesen Satz im Raum stehen, strich das Dokument glatt, legte sein Augenglas beiseite und faltete die schmalen Hände über der Tischplatte. Ich hatte gedacht, die Zusammenkunft sei vorüber, und wollte mich bereits von meinem Stuhl erheben, als er weitersprach.
»Nun kommen wir, fürchte ich, zu einer Schwierigkeit«, sagte er und wandte sich an Makepeace. »Wie du sicher weißt, hat euer Vater fast jeden Penny, den er einnahm, für wohltätige Zwecke eingesetzt, kaum dass er ihn in Händen hielt. Angesichts dessen habe ich im Laufe der Jahre für deine Kost und Logis am College regelmäßig etwas beiseitegelegt. Doch leider muss ich nun gestehen, dass ich ihm diesen Betrag vorgestreckt habe, damit er eine Passage erster Klasse nach England zahlen konnte. Außerdem habe ich ihm eine nicht unbeträchtliche Summe Geld mitgegeben, um ihm bei seiner Ankunft dort ein Auftreten als Gentleman zu ermöglichen. Natürlich sind diese Mittel jetzt alle verloren, und das alles ist meine Schuld, muss ich zugeben. Bei seiner Bescheidenheit und Umsicht war euer Vater eher geneigt gewesen, auf dem Zwischendeck zu reisen und bei seiner Ankunft in England auf Gottes Vorsehung zu vertrauen. Ich habe ihn überredet. Ich hatte große Erwartungen in ihn gesetzt; die
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