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Inselkönig

Inselkönig

Titel: Inselkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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Nommensen ein.
    Noch einmal ließ Christoph seinen Blick in die Runde
wandern. Wieder war es ein unscheinbares Niederschlagen der Augenlider, als
sich die Blicke trafen. Die Zielperson wurde merklich nervöser.
    »Nichts!«
    Ein Raunen ging durch die Runde.
    »Das kann doch nicht wahr sein«, fasste sich der alte
Frederiksen als Erster. »Warum hat Thies mich mit dem Radlader zur Vogelkoje
geschickt, um einen leeren Koffer zu holen?«
    »Das frage ich mich auch. Thies Nommensen war ein
rational denkender Mensch. Sicher hatte er viele Schwächen, aber es wäre ihm
nie in den Sinn gekommen, jemanden mit einem nutzlosen Auftrag umherzuschicken.
Welchen Sinn hatte es also, einen leeren Koffer von der Vogelkoje abzuholen?«
    »Sie haben so vehement auf einer angeblichen
Vergewaltigung herumgeritten«, sagte Telse Nommensen. »Wenn da ein Funken
Wahrheit dran sein sollte, hat es jemand herausbekommen und Thies erpresst. Oh,
der Arme.« Sie zeigte das erste Mal ein Anzeichen von Rührung.
    »Sicher ist eine Erpressung eine widerwärtige
Angelegenheit, aber eine Vergewaltigung ist nicht minder abscheulich«, konnte
sich Große Jäger nicht zurückhalten zu bemerken.
    »Dann könnte der Erpresser meinen Schwiegervater
gezwungen haben, Geld im Koffer zu deponieren und den Koffer in der Vogelkoje
zu hinterlegen. Und weil der Koffer natürlich zu auffällig war, hat der
Erpresser das Geld entnommen und den Koffer zurückgelassen.«
    »Woher sollte Ihr Schwiegervater wissen, dass der
Koffer noch in der Vogelkoje stand?«, fragte Christoph.
    »Ach ja. Daran habe ich nicht gedacht«, antwortete der
junge Frederiksen und sah wie ein bei einem Streich ertappter Schüler hilflos
in die Runde.
    »War es so?«, fragte Christoph den jungen Mann. »Sie
leben mit Ihrer Familie in sehr bescheidenen Verhältnissen. Da bleibt nichts
über. Und dann mussten Sie mit ansehen, wie ein Dritter sich an das Geld
heranmachte.«
    »Dann wäre es doch logisch, wenn ich den Erpresser
ermordet hätte«, erklärte Frederiksen fast triumphierend.
    »Wenn Sie selbst der Erpresser waren und Ihr
Schwiegervater Sie entlarvt hat? Er könnte damit gedroht haben, seine
Hinterlassenschaft so zu regeln, dass Sie garantiert leer ausgehen. Ihr großes
Ziel war und ist es, die Geschäftsleitung zu übernehmen.«
    »… und dafür wären Sie auch über Leichen gegangen«,
ergänzte Große Jäger. »Sind Sie?«
    »Muss ich mir das anhören?« Bengt Frederiksen warf
einen hilfesuchenden Blick zu seiner Schwiegermutter. Doch Telse Nommensen
verzog keine Miene. Reglos verfolgte sie den Dialog.
    »Ach ja, zurück zum Koffer, der uns mit auf die Spur
zum wahren Täter gebracht hat. Er war wirklich die ganze Zeit leer. Er ist nie
in der Vogelkoje gewesen. Es war eine Schutzbehauptung, als Sie sagten«, dabei
sah Christoph den alten Frederiksen an, »Sie hätten ihn auf Anweisung des
Mordopfers in der Vogelkoje abholen sollen. Deshalb hat ihn auch keiner sehen
können, weder Thönnissen noch Hinrichsen, als er den Radlader übernommen hat.
Der Koffer hat Thies Nommensens Büro nie verlassen«, sagte Christoph.
    »Wie sind Sie darauf gekommen?«, fragte Frederiksen
senior müde.
    »Die Witterungsbedingungen haben meinen Chef
gezwungen, ohne Spurensicherung und Kriminaltechnik auszukommen«, sagte Große
Jäger mit stolz geschwellter Brust, als hätte er selbst im Alleingang den Fall
gelöst. »Da hat der Hauptkommissar, Verzeihung, der Herr Erster Hauptkommissar
seine kleinen grauen Zellen arbeiten lassen. Wie weiland Hercule Poirot bei
Agatha Christie.«
    Ingwer Frederiksen nickte resigniert. »Ich habe das
für eine gute Idee gehalten.«
    »Es gibt noch mehr Beweise«, zählte Christoph weiter
auf. »Würden Sie bitte Ihre Hosenbeine hochkrempeln?«
    Frederiksen sah Christoph irritiert an, während Große
Jäger mit seinen Händen eine pantomimenartige Rollbewegung vollführte.
»Hosenbeine!«, sagte er dabei mit Nachdruck.
    Frederiksen beugte sich vor und zog seine Hosenbeine
hoch. Wäre die Situation nicht so ernst gewesen, hätte sie Christoph ein leises
Lächeln entlockt. In die dicken grauen Wollsocken waren weiße Unterhosen
hineingestopft.
    »Auch die Liebestöter«, forderte der Oberkommissar den
Mann zum Weitermachen auf.
    »Erinnern Sie sich, als wir Sie in Ihrer Unterkunft
besucht haben?«, fragte Christoph. Er sprach bewusst von Unterkunft, weil man
die Behausung, in der Frederiksen vegetierte, nicht als »Zuhause« bezeichnen
konnte. »Sie haben sich fortwährend

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