Inseln im Netz
sich schämen, eine junge Mutter und ihr Baby zur Zielscheibe ihrer Aggressivität zu machen.«
»Ich wollte es nicht erwähnen«, sagte Kaufmann bedächtig, »aber Debra Emersons Vergangenheit beim amerikanischen Geheimdienst… das gehört einfach nicht zu den Dingen, die ein Drittweltland wie Grenada hinnehmen kann. Und ich möchte kein Ausschußmitglied entsenden, weil ein solches Ziel, offen gesagt, zu verlockend wäre.« Er wandte sich zu David und Laura. »Ich hoffe, Sie verstehen, daß ich Ihren Wert als Gesellschafter damit in keiner Weise herabsetzen möchte.«
»Es gefällt mir einfach nicht«, sagte Cullen. »Vielleicht gibt es keine andere Wahl, aber ich riskiere nicht gern unsere Leute.«
»Ganz gleich, welche Wahl wir treffen«, sagte Garcia-Meza, »wir sind jetzt alle in Gefahr.«
»Ich glaube an diese Initiative!« erklärte De Valera. »Ich drängte von Anfang an darauf. Ich kenne die Konsequenzen. Ich glaube wirklich, daß die Grenadiner darauf eingehen werden - sie sind keine Barbaren und wissen, was in ihrem eigenen Interesse liegt. Sollten unsere Abgesandten in Erfüllung ihrer Pflicht Schaden erleiden, werde ich die Verantwortung übernehmen und meinen Posten zur Verfügung stellen.«
Dieses Haschen nach dem Rampenlicht mißfiel Emily. »Das ist nicht die Art von Rizome, De Valera! Und das würde den beiden nicht viel helfen.«
De Valera zuckte bloß die Achseln. »David, Laura, ich hoffe, Sie verstehen mein Angebot in der Bedeutung, die ich beabsichtigte. Wir sind Gesellschafter, nicht Herren und Knechte. Sollten Sie zu Schaden kommen, werde ich mich nicht vor der Verantwortung drücken. Solidarität.«
»Keiner von uns wird sich drücken«, sagte Cullen. »Diesen Luxus haben wir nicht. Laura, David, Sie verstehen, was auf dem Spiel steht. Gelingt es uns nicht, die Sache mit Grenada auszubügeln, könnte es uns großes Unheil bringen. Wir ersuchen Sie, sich selbst zu riskieren, aber wir geben Ihnen die Macht, uns alle zu riskieren. Und diese Art von Macht ist in unserer Gesellschaft sehr selten.«
Laura fühlte das Gewicht der Verantwortung. Sie wollten eine Antwort. Sie blickten auf David und sie. Sie waren die einzige erfolgversprechende Wahl.
Sie und David hatten die Möglichkeit bereits unter vier Augen besprochen. Sie wußten, daß sie diesen Auftrag ablehnen konnten, ohne daß man es ihnen zum Vorwurf machen würde. Aber sie hatten ihr Heim verloren, und es würde all ihre Pläne in Gefahr bringen. So schien es besser, das Risiko einzugehen, im Strom der Entwicklung zu bleiben und sich auf ihre eigenen Fähigkeiten, damit fertig zu werden, zu verlassen. Besser das, als sich wie Opfer irgendwo zu verkriechen und den Terroristen freie Bahn zu geben. Sie hatten ihre Entscheidung getroffen.
»Wir können es machen«, sagte Laura, »wenn Sie uns unterstützen.«
»Dann ist es also geregelt.« Die Entscheidung war gefallen. Sie standen alle auf und packten die Picknicksachen ein. Und gingen zurück zu den ausgebauten Farmhäusern von Chattahoochee.
Laura und David begannen sofort mit den Videobrillen zu üben. Es waren die ersten, die das Unternehmen gekauft hatte, und sie waren unglaublich kostspielig. Jede Brille kostete so viel wie ein kleines Haus.
Sie sahen auch danach aus - aus der Nähe hatten sie das eigentümliche Fluidum wissenschaftlicher Instrumente. Sehr spezialisiert, hochentwickelt. Auch schwer - eine Schale aus zähem schwarzem Kunststoff, aber vollgepackt mit teuren, supraleitenden Schaltkreisen. Sie hatten keine eigentlichen Linsen, sondern Tausende von Bit-kartierten Lichtdetektoren. Der Roheffekt war eine prismatische Verschwommenheit; visuelle Software bewerkstelligte Bildaufzeichnung, Tiefenschärfe und so weiter. Kleine unsichtbare Strahlen maßen Blickrichtung und Position der Augen des Benutzers. Der Aufnahmeleiter, zu Hause an seinem Bildschirm, war jedoch nicht von der Blickrichtung des Benutzers abhängig. Durch Eingabe der geeigneten Signale konnte er im gesamten Gesichtsfeld nach Belieben Details betrachten.
Man konnte gut durch die Brillen sehen, obwohl sie von außen undurchsichtig zu sein schienen. Sie ließen sich sogar für Kurz- und Weitsichtigkeit einstellen.
Für beide wurden Ohrhörer nach Maß gefertigt. Hier gab es kein Problem; es war alte Technik.
In Chattahoochee gab es eine Nachrichtenzentrale, die das Kommunikationsgerät in Lauras Ferienhaus um zwanzig Jahre veraltet erscheinen ließ. Sie unterzogen sich einem Schnellkurs in der
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