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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Aufzeichnungstechnik mit Videobrillen. Abwechselnd wanderten sie draußen durch das Gelände, beobachteten irgendwelche Merkmale und verfeinerten ihre Technik durch ständige Überwachung und Korrektur durch den jeweils anderen. Es gab eine Menge zu sehen: Gewächshäuser, Teiche, Pfirsichgärten, eine Windmühle. Sogar eine GanztagsKinderkrippe, wo Loretta versorgt wurde. Rizome hatte die Kinderkrippen vor Jahren allgemein einführen wollen, doch hatte das Projekt keinen großen Anklang gefunden - zu sozialistisch, zuviel Gängelung.
    Das Ferienheim war einmal eine größere Farm gewesen, bevor die gentechnische Erzeugung von Einzellerprotein in industriellem Umfang eingeführt worden war und der herkömmlichen Rinder- und Schweinemast die Zukunftsaussichten genommen hatte. Der noch bewirtschaftete Teil ähnelte vielen anderen modernen Farmbetrieben. Teichwirtschaft, Spezialitätenanbau, Gewächshäuser. Ein großer Teil des Gemüseanbaus in Gewächshäusern wurde heutzutage wieder wie in alten Zeiten im Vorortbereich der Städte betrieben, wo die Märkte waren.
    Nach den Probeaufnahmen gingen sie hinein, sahen ihre Bänder an und bekamen Schwindelgefühl. Und dann versuchten sie es wieder, aber mit Büchern, die sie auf dem Kopf balancierten. Während einer am Monitor saß, ging der andere umher und ließ sich Anweisungen geben und jammerte gutgelaunt, wie schwierig es sei. Es war gut, an etwas zu arbeiten. Es verschaffte ihnen das Gefühl, Herr ihres Geschickes zu sein, nicht bloß Marionetten.
    Schließlich entschied Laura, daß es funktionieren müsse. Sie würden den Grenadinern eine Propagandanummer bringen und sich ihrerseits von den Grenadinern eine Propagandanummer aufführen lassen, und damit würde es sein Bewenden haben. Ein Risiko, ja, aber auch die größte Publizität, die sie bisher innerhalb des Unternehmens gehabt hatten, und das bedeutete viel. Der Ausschuß war nicht so kraß gewesen, direkt über eine Belohnung zu sprechen, aber das war nicht nötig; so wurden die Dinge bei Rizome nicht gehandhabt. Es verstand sich alles von selbst.
    Gefährlich, ja. Aber die Halunken hatten auf ihr Haus geschossen. Sie hatte die Illusion aufgeben müssen, daß es irgendwo noch einen wirklich sicheren Ort geben würde. Sie wußte, daß damit erst wieder gerechnet werden konnte, wenn alles ausgestanden wäre.
    In Havanna hatten sie zwei Stunden Aufenthalt. Laura fütterte das Baby. David streckte sich in seinem blauen Plastiksessel aus und legte die Füße mit ihren Sandalen übereinander. Deckenlautsprecher übertrugen klimpernde russische Popmusik. Hier gab es keine cybernetischen Gepäckkarren, sondern Gepäckträger mit Handkarren. Auch alte Ausfeger, die Besen vor sich her schoben, als hätten sie es seit frühester Kindheit getan.
    In der nächsten Reihe der Plastiksitze ließ ein gelangweiltes kubanisches Kind eine leere Getränkepackung auf den Boden fallen und stampfte darauf herum. »Trinken wir uns einen an«, sagte David plötzlich.
    »Was?«
    David steckte seine Videobrille sorgsam in die Brusttasche des Anzugs, um die Linsen nicht zu beschmutzen. »Ich sehe es so: In Grenada werden wir die ganze Zeit auf Sendung sein. Keine Zeit zur Entspannung, keine Zeit für uns. Aber wir haben acht Stunden Flug vor uns. Acht Stunden in einem verdammten Flugzeug. In der Zeit können wir uns vollkotzen, wenn wir wollen. Die Stewardessen werden sich um uns kümmern. Laß uns einen heben.«
    Laura musterte ihren Mann. Sein Gesicht sah angespannt aus, spröde. Sie fühlte sich ähnlich. Die letzten Tage waren höllisch gewesen. »Gut«, sagte sie. David lächelte.
    Er nahm die Tragtasche mit dem Baby bei den Gurten, und sie gingen zum nächsten zollfreien Laden, einem kleinen Raum voll von billigen Strohhüten und schwachsinnig aussehenden Köpfen, die aus Kokosnüssen geschnitzt waren. David kaufte eine Literflasche braunen kubanischen Rum. Er zahlte bar. Der Ausschuß hatte sie davor gewarnt, Kreditkarten zu verwenden. Es war zu einfach, ihnen nachzuspüren. Die Datenpiraten hatten ihre Fühler überall im elektronischen Geschäft.
    Die kubanische Verkäuferin verwahrte das Papiergeld in einer verschlossenen Schublade. David gab ihr eine Hundert-Euro-Note. Die Frau trug ein rotes Kleid, kaute etwas und hörte Sambamusik über Kopfhörer. Dazu machte sie kleine rhythmische Hüftbewegungen. David machte eine witzige Bemerkung auf spanisch, und sie lächelte ihm zu, als sie das Wechselgeld herausgab.
    Der Boden wollte

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