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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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trank sein Glas aus und fragte: «Wie geht dir’s wirklich, Tom?»
    «In Ordnung», sagte Thomas Hudson. «Ich hab’s gelernt. Ich weiß jetzt, wie man mit sich selber leben kann, und ich arbeite.»
    «Bist du gern hier? Ich meine, die ganze Zeit?»
    «Ich habe die Herumtreiberei satt. Hier hab ich’s besser. Es geht mir richtig gut hier, Johnny.»
    Johnny sagte: «Es ist ja auch kein schlechter Platz. Nicht schlecht für jemanden wie dich, der nicht ganz ausgebrannt ist. Aber für mich ist’s ein Scheißplatz, den’s hetzt und der wegläuft. Ist es wahr, daß sie Roger fertiggemacht haben?»
    «Wer hat dir das gesagt?»
    «Oben an der Küste heißt’s so.»
    «Was ist eigentlich da oben passiert?»
    «Ich weiß nicht alles, aber es muß ziemlich schlimm gewesen sein.»
    «Richtig schlimm?»
    «Da oben haben sie andere Vorstellungen von dem, was richtig schlimm ist. Es wird nicht gerade die Feuertaufe bei St. Quentin gewesen sein, wenn du das meinst, aber bei dem Klima und diesem ganzen Frischgemüse da oben wird ja alles gleich so groß wie ‘n Kürbis. Mußt dir bloß die Mädchen ansehen: ganze fünfzehn, sehn aber aus wie vierundzwanzig. Und mit vierundzwanzig sind sie wie die Pompadour, und du guckst dir ihre Zähne besser aus der Nähe an, wenn du nicht gerade verheiratet bist. Und nicht einmal ihren Zähnen siehst du an, wie alt sie wirklich sind. Dabei haben sie alle Mütter und Väter oder wenigstens eines von beiden, und immer diesen Hunger. Das Klima macht verfressen. Das Schlimme ist nur, daß die Leute leicht den Kopf verlieren und nicht erst nach dem Führerschein oder ihrer Sozialversicherungskarte fragen. Besser, man schätzt sie nach Gewicht und Größe ein, und was sie sonst noch können, nicht nur nach Jahren. Es rächt sich, wenn man nach den Jahren geht; man irrt sich alle nasenlang. Bloß wegen Frühreife wird ja keiner gleich vom Platz gestellt. Ist eher umgekehrt. Man muß Anfängern was vorgeben, wie beim Pferderennen, das wäre das Fairste. Mich haben sie schön in der Mache gehabt, aber das war es nicht, was sie mit unserem alten Roger aufgestellt haben.»
    «Was haben sie denn mit mir aufgestellt?» fragte Roger Davis.
    Er war mit seinen Segeltuchschuhen lautlos von der Pier aufs Deck gesprungen und sah riesenhaft aus, wie er da stand in seinen alten Jeans und einem alten Sweatshirt, das ihm drei Nummern zu groß war.
    «Hast wieder nicht geklingelt», sagte Johnny. «Ich sagte gerade zu Tom, daß ich nicht wüßte, weshalb sie dich drangekriegt haben, aber daß es bestimmt nicht wegen ‘ner Minderjährigen war.»
    Roger sagte: «Na schön. Laß uns von etwas anderem reden.»
    «Tu nicht so großartig», sagte Johnny.
    Roger sagte: «Was heißt hier großartig? Es war nur ein Vorschlag. Gibt’s hier nichts zu trinken?» Er blickte zu dem Heck der fremden Yacht hinüber. «Wer ist das?»
    «Die Leute aus dem Ponce. Hast du sie nicht gehört?»
    Roger sagte: «O doch. Laßt uns trotzdem einen trinken. Wir brauchen sie ja nicht zu imitieren.»
    «Fred!» rief Johnny.
    Der Junge guckte aus dem Niedergang. «Ja, Sir?»
    «Erkundige dich nach dem Begehren dieser Sahibs.»
    «Gentlemen?» Fred sah sie fragend an.
    Roger sagte: «Was Mr. Tom da trinkt. Er ist mein Führer und mein Fürsprech.»
    «Dieses Jahr gibt’s eine Menge Boy Scouts», sagte Johnny.
    «Ich sehe bloß zwei», sagte Roger, «mein Fürsprech und ich.»
    «Meinen Fürsprech und mich… » sagte Johnny. «Ich möchte nur wissen, wie du deine Bücher fertigkriegst.»
    «Ich kann mir einen engagieren, der mir die Grammatik in Ordnung bringt.»
    «Und auch noch gratis», sagte Johnny. «Ich habe mich eben mit deinem Fürsprech unterhalten.»
    «Mein Fürsprech ist hier ganz zufrieden, sagt er. Er will sich nicht mehr von der Stelle rühren.»
    «Du mußt das mal erleben», sagte Tom zu Johnny. «Manchmal lädt er mich auf einen Drink ein.»
    «Weiber?»
    «Keine Weiber.»
    «Und was treibt ihr Knaben?»
    «Den ganzen Tag dasselbe.»
    «Ihr wart schon mal hier. Was habt ihr da gemacht?»
    «Schwimmen, essen, trinken. Tom hat gemalt. Danach wieder lesen, reden, lesen, fischen. Sehr viel fischen, schwimmen, trinken, schlafen.»
    «Und wieder keine Weiber?»
    «Keine.»
    «Das ist ja ungesund. Ganz ungesunde Atmosphäre. Ihr Knaben hascht zuviel.»
    «Tom?» sagte Roger.
    «Nur vom besten», sagte Thomas Hudson.
    «Wie steht denn dein Marihuana dieses Jahr?»
    «Hast du welches im Garten, Tom?» fragte Roger.
    «Das Jahr war

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