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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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keine Angst machen, Honey. Ich habe nie jemandem angst machen wollen.»
    «Hübsch, wenn du Honey zu mir sagst.»
    Das führt auch zu nichts, dachte Thomas Hudson. Gibt es verdammt nichts anderes, was du machen könntest, damit du aus dem Loch herauskommst, als mit dieser alten, abgetakelten Honest Lil in der Floridita zu sitzen, am Barende, das für die alten Huren reserviert ist, und dich zu besaufen? Du hast nur vier Tage, kannst du wirklich nicht mehr damit anfangen? Aber wo? dachte er. In Alfreds Absteigequartier…? Du bist hier schon richtig. Die Drinks könnten nirgendwo auf der Welt besser sein, sie wären nicht einmal so gut, und du bist jetzt mittendrin, mein Lieber. Mach einfach weiter, sieh zu, wie weit du kommst. Es bleibt dir nichts anderes übrig, also finde dich damit ab. Finde dich einfach in jeder Beziehung damit ab. Du hast es immer gemocht und hast dich darauf gefreut. Jetzt hast du’s, also finde dich damit ab. Und laut sagte er: «Ich mag es…»
    «Was?»
    «Die Sauferei. Und nicht bloß die Sauferei. Guck dir diese doppelten Gefrorenen ohne Zucker an: wenn ich den ganzen Zucker mitgetrunken hätte, wäre mir längst schlecht.»
    « Ya lo creo. Und wenn jemand anderes so viele ohne Zucker getrunken hätte, wäre er tot.»
    «Vielleicht gehe ich ja drauf.»
    «Du doch nicht. Du brichst jetzt den Rekord, und dann gehen wir zu mir und du schläfst, und das schlimmste, was passieren kann, ist, daß du schnarchst.»
    «Habe ich das letzte Mal geschnarcht?»
    «Horrores. Außerdem hast du mir während der Nacht ungefähr zehn verschiedene Namen gegeben.»
    «O je.»
    «Ich fand es ganz komisch. Außerdem habe ich zwei oder drei Sachen erfahren, die ich noch nicht wußte. Werden deine anderen Frauen nicht böse, wenn du sie andauernd anders anredest?»
    «Ich habe keine anderen Frauen. Ich bin nur verheiratet.»
    «Ich gebe mir so viel Mühe, sie zu mögen und gut von ihr zu denken, aber es ist sehr schwer. Natürlich lasse ich nicht zu, daß einer über sie herzieht.»
    «Ich ziehe über sie her.»
    «Bitte nicht, das ist gemein. Ich hasse zwei Sachen: wenn Männer heulen. Ich weiß, daß sie heulen müssen, aber ich mag’s nicht. Und es ist widerlich, wenn sie über ihre Frauen herziehen, und das tun sie fast alle. Tu du’s bitte nicht, wir haben’s gerade so nett.»
    «Einverstanden. Sie soll zum Teufel gehen, aber wir reden kein Wort über sie.»
    «Bitte, Tom. Du weißt, daß ich sie sehr hübsch finde, und sie ist es auch, wirklich. Pero no es mujer para ti. Aber wir wollen nicht über sie reden.»
    «Richtig.»
    «Erzähl mir lieber noch eine lustige Geschichte. Meinetwegen braucht diesmal keine Liebe darin vorzukommen, solange sie dir gute Laune macht.»
    «Ich glaub, ich weiß keine lustigen Geschichten mehr.»
    «Ach, sei nicht so, du kennst Tausende. Trink noch einen, und dann erzähl mir eine.»
    «Warum strengst du dich nicht mal an?»
    «Wieso anstrengen?»
    «Wir betreiben das doch bloß zu unserer moralischen Ertüchtigung.»
    «Tu tienes la moral muy baja.»
    «Klar, das weiß ich auch. Aber warum gibst du nicht ein paar erbauliche Geschichten zum besten?»
    «Das mußt du selber besorgen, das weißt du. Für alles andere, was du brauchst, sorge ich. Das weißt du auch.»
    Thomas Hudson sagte: «Willst du wirklich noch eine lustige Geschichte hören?»
    «Bitte. Hier ist dein Glas. Noch eine Geschichte und noch einen Drink, und dann bist du darüber hinweg.»
    «Garantiert?»
    «Nein», sagte sie, sah ihn an und fing wieder an zu weinen, leicht und vollkommen natürlich wie eine Quelle. «Warum sagst du mir nicht, was los ist, Tom? Ich habe Angst, dich danach zu fragen. Ist es das?»
    «Das ist es», sagte Thomas Hudson, und danach begann sie heftig zu weinen, und er mußte den Arm um sie legen, und mitten unter all den Leuten an der Bar mußte er versuchen, sie zu trösten. Jetzt war ihr Weinen nicht mehr hübsch anzusehen. Sie heulte geradeheraus und selbstzerstörerisch.
    «Mein armer Tom», sagte sie, «mein armer, armer Tom.»
    «Nimm dich zusammen, mujer, und trink einen Cognac. Wir wollten Spaß haben.»
    «Ich will keinen Spaß mehr. Ich will nie wieder Spaß haben.»
    «Siehst du jetzt, was dabei herauskommt, wenn man redet?»
    «Ich nehme mich gleich zusammen», sagte sie. «Laß mir nur eine Minute Zeit. Ich gehe einmal hinaus, und dann bin ich darüber hinweg.»
    Mach schnell, gottverdammich, dachte Thomas Hudson. Mir geht es jetzt wirklich beschissen, und wenn die

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