Inseln im Strom
anderen in die Arme. Das läuft auf dasselbe hinaus. Wir haben unseren Stolz, klar, aber wir haben auch noch einen anderen Stolz, von dem die Leute nichts wissen.»
«Das hatte ich vergessen», sagte Thomas Hudson.
«Und da ist keine Eitelkeit dabei, bei dem Stolz», fuhr Ara fort. «Die Fehlschläge sind seine Brüder, Schiet ist seine Schwester und der Tod ist seine Frau.»
«Eine ziemliche Verwandtschaft für ein bißchen Stolz.»
«Ist es auch», sagte Ara. «Vergiß es nicht und mach dich nicht selber kaputt. Jeder auf diesem Schiff hat diesen Stolz, sogar Peters, auch wenn ich Peters nicht mag.»
«Gut, daß du mir’s gesagt hast», sagte Thomas Hudson. «Manchmal hab ich verdammt wenig Mut.»
«Alles, was ein Mann hat, ist sein Stolz», sagte Ara. «Und du hast manchmal so viel davon, daß es zum Speien ist, Tom. Wir haben alle schon Sachen gemacht, die nicht zu schaffen waren, aus bloßem Stolz. Aber Stolz ohne Vernunft und Vorsicht ist keiner, und du hast aufgehört, auf dich aufzupassen. Bitte, mach es unseretwegen und wegen des Schiffs.»
«Wer ist ‹wir›?»
«Wir alle.»
«Gut», sagte Thomas Hudson. «Laß dir deine Sonnenbrille heraufbringen.»
«Tom, bitte, du mußt verstehen.»
«Ich kapier’s schon, und ich danke dir dafür. Und ich werde richtig zu Abend essen und schlafen wie ein Stein.»
Ara fand es nicht komisch, und er fand komische Sachen sonst immer komisch.
«Versuch’s, Tom», sagte er.
7
Sie ankerten in Lee von Cayo Cruz, in der sandigen Bucht zwischen den beiden Inseln.
«Bring den zweiten Anker auch aus», rief Thomas Hudson seinem Steuermann zu. «Mir gefällt der Ankergrund nicht.»
Der Steuermann zuckte die Achseln und bückte sich nach dem zweiten Anker. Thomas Hudson ließ das Boot langsam gegen die Strömung angehen, und er sah dem Gras nach, das die Strömung vom Ufer abgerissen hatte, dann ließ er die Maschine achteraus drehen, bis der zweite Anker hielt. Das Boot lag jetzt mit dem Kopf gegen Wind und Tide. Auch im Schutz der Insel wehte der Wind noch stark, und er wußte, daß der Kutter quer im Schwell liegen würde, wenn die Tide kenterte.
«Zum Teufel damit, laß ihn rollen», sagte er.
Aber der Steuermann hatte schon das Dingi zu Wasser gebracht, und sie waren dabei, den Heckanker auszubringen. Thomas Hudson sah ihnen zu, wie sie den kleinen Draggen fallen ließen, der den Kutter steady halten würde, wenn die Flut einsetzte.
«Warum bringt ihr nicht noch ein paar mehr Anker aus?» rief er. «Dann könnten wir als Spinne durchgehen.»
Der Steuermann grinste herüber.
«Nein, Tom», sagte der Steuermann. «Ara und Willie können an Land gehen. Ich bring sie hinüber, und ein paar setze ich auf Megano ab. Sollen sie die niños mitnehmen?»
«Nein. Ihr seid Wissenschaftler.»
Du läßt schon mit dir machen, was sie wollen, dachte er. Wahrscheinlich brauche ich wirklich etwas Ruhe. Es ist nur so, daß ich weder schlafen kann noch müde bin.
«Antonio!» rief er.
«Ja?» antwortete sein Steuermann.
«Ich möchte die Luftmatratze haben und zwei Kissen und einen großen Drink.»
«Was für einen Drink?»
«Gin und Kokosnußwasser mit etwas Angostura und Zitrone.»
«Einen Tomini?» sagte sein Steuermann, froh, daß er nach etwas zu trinken gefragt hatte.
«Einen doppelten.»
Henry warf die Luftmatratze auf das Peildeck herauf und kam dann nach mit einem Buch und einer Zeitschrift.
«Hier liegst du geschützt», sagte er. «Oder soll ich das Schanzkleid aufmachen, daß du etwas Luft kriegst?»
«Seit wann macht ihr solche Umstände mit mir?»
«Tom, wir haben darüber geredet und sind uns alle einig, daß du jetzt Ruhe brauchst. Was du treibst hält kein Mensch aus. Jetzt ist es zuviel.»
«Schiet», sagte Thomas Hudson.
«Vielleicht», sagte Henry. «Ich hab auch gesagt, du seist ganz in Ordnung und könntest noch eine ganze Menge aushalten, ehe du umkipptest, aber die anderen machen sich Sorgen, und sie haben mich überzeugt. Du kannst mir’s nicht wieder ausreden. Bring dich nicht um, Tom.»
«Ich habe mich nie besser gefühlt, ich mach mir bloß nichts daraus.»
«Genau das ist es. Du kommst nicht mehr von der Brücke. Du stehst eine Wache nach der andern am Ruder, und dir ist alles egal.»
«Okay. Ich bin im Bilde», sagte Thomas Hudson. «Aber das Sagen hab ich hier.»
«So war’s nicht gemeint. Bestimmt nicht.»
«Schon gut», sagte Thomas Hudson. «Ich leg mich hin. Du weißt, wie man eine Insel absucht, nicht wahr?»
«Ich
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