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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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ihn in einer solchen Sturmnacht nicht riskieren.»
    Der Mann betrachtete einen nach dem anderen, wie um sich ihre Gesichter einzuprägen.
    «Sie werden sich schon an uns erinnern», sagte Frank, «sonst helfe ich Ihnen. Sie brauchen’s bloß zu sagen.»
    «Drecksack», sagte der Mann, machte kehrt und verschwand im Niedergang.
    Johnny Goodner fragte: «Wer war denn das? Den hab ich schon irgendwo gesehen.»
    «Ich kenne ihn. Und er kennt mich. Er taugt nichts», sagte Frank.
    «Und du weißt nicht mehr, wer er ist?» fragte Johnny.
    «Eine Flasche», sagte Frank. «Daneben zählt nicht, was er sonst noch ist.»
    «Wahrscheinlich nicht», sagte Thomas Hudson. «Ihr habt ihn euch hübsch vorgenommen, ihr zwei.»
    «Das macht man so mit Flaschen. Richtig rüde waren wir ja nicht.»
    «Er wird trotzdem wissen, daß er euch nicht sympathisch ist», sagte Thomas Hudson.
    «Da hat ein Hund gebellt», sagte Roger. «Vermutlich macht ihn diese Schießerei verrückt. Laßt das sein. Ich weiß, es macht dir Spaß, Frank, aber du hast jetzt deine Leiche, und das ist genug. Wozu den armen Hund verbiestern?»
    «Das war doch seine Frau, die da gebellt hat», sagte Frank vergnügt. «Laß mich eine in die Kajüte knallen und die Familienszene illuminieren.»
    «Ich verzieh mich», sagte Roger. «Ich finde das nicht komisch. Mit Autos spaßen oder fliegen, in besoffenem Zustand, ist nicht komisch, und Hunde erschrecken schon gar nicht.»
    Frank sagte: «Niemand hält dich. Du gehst ja sowieso nur noch den Leuten auf die Nerven.»
    «Tatsächlich?»
    «Verlaß dich drauf. Ihr seid Betschwestern geworden, du und Tom, seit ihr bekehrt seid. Keiner kann mehr machen, was er will. Früher wart ihr anders, aber ihr habt euch jetzt geändert, ihr mit eurem ganzen neuen Sozialbewußtsein.»
    «Du nennst es ‹Sozialbewußtsein›, wenn einer denkt, daß es kein großer Spaß ist, Brown’s Pier hochgehen zu lassen?»
    «Klar. Das ist nur eine Variante. Dich hat’s schlimm erwischt. An der Küste oben haben sie’s erzählt.»
    «Warum nimmst du denn nicht deine Pistole und spielst woanders!» sagte Johnny Goodner zu Frank. «Wir waren alle in Stimmung, bis ihr’s übertrieben habt.»
    Frank sagte: «Dich hat’s auch erwischt.»
    Roger warnte ihn: «Mach’s halblang.»
    «Ich glaube, ich bin der einzige, der hier auf etwas Spaß noch Wert legt», sagte Frank. «Ihr großen, überlebensgroßen Arbeiter im Weinberg, ihr Hypochonder und Gemeindeschwestern…»
    Rupert beugte sich über die Pierkante: «Captain Frank?»
    «Rupert ist mein Freund, mein einziger. Was, Rupert?»
    «Captain Frank, was ist mit dem Gouverneur?»
    «Wir stecken jetzt sein Haus an, Rupert, alter Knabe.»
    «Captain Frank… God bless you… » sagte Rupert. «Noch einen Rum vorher?»
    «Ich hab grad genug, Rupert. Liegt alles auf dem Bauch?»
    «Hinlegen!» befahl Rupert. «Alles flach hinlegen!»
    Frank schoß die Leuchtkugel über die Kante der Pier, der grelle Schein strich über den sandbestreuten Gartenweg hin und brannte kurz vor der Veranda des Gouverneurs aus. Die Jungen auf der Pier stöhnten auf.
    «Verdammich», sagte Rupert. «Verdammtes Pech. Aber Sie hätten es fast geschafft. Laden Sie noch mal, Captain Frank…»
    Im Cockpit drüben auf der Yacht flammte wieder das Licht auf, und der Mann stand wieder da. Diesmal hatte er ein weißes Hemd und eine weiße Hose an, und er trug Segeltuchschuhe. Er hatte sich die Haare gekämmt, und sein Gesicht war rot, mit weißen Flecken. John, der ihm den Rücken zukehrte, saß ihm im Cockpit am nächsten, und neben John saß Roger, der nur dasaß und vor sich hin starrte. Zwischen beiden Yachten war ein Abstand von einem Meter, und der Mann stand da und zeigte mit dem Finger auf Roger.
    «Sie Drecksack», sagte er. «Sie lausiger Drecksack.»
    Roger sah nur überrascht auf.
    «Meinen Sie mich?» rief Frank hinüber. «Dann müssen Sie ‹Schwein› sagen, nicht ‹Drecksack›!»
    Der Mann ignorierte ihn und fuhr Roger an: «Sie großer, fetter Drecksack. Sie Angeber. Sie Schwindler. Sie billiger Angeber…» Der Mann bekam kaum noch Luft. «Sie elender Schriftsteller und beschissener Maler.»
    Roger stand auf. «Wen meinen Sie? Und worüber reden Sie?»
    «Sie. Sie Drecksack. Sie Schwindler, Sie Feigling, Sie Drecksack. Sie dreckiger Drecksack.»
    «Sie haben den Verstand verloren», sagte Roger ruhig.
    «Du Drecksack», rief der Mann über die drei Fuß Wasser zwischen den beiden Yachten hinweg. Aber er sprach,

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