Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
komme ich jetzt an ihm vorbei, ohne daß er auffliegt, dachte er. Aber als er beinahe mit ihm auf gleicher Höhe war, durchbrach der Meeräschenschwarm die Wasseroberfläche und stieß gestreckt, großäugig, stumpfköpfig und silbern, aber nicht schön, in die Sonne. Thomas Hudson drehte sich um, um ihnen zuzusehen, und versuchte, den Barracuda zu entdecken, der jetzt zwischen sie gefahren war, aber er konnte den Jäger nicht sehen, nur die geängstigten, wild springenden Äschen. Dann sah er, wie sich der Schwarm wieder zu einer grauen, sich voranschiebenden Masse zusammenfand, und als er sich umdrehte, war der Reiher weggeflogen. Er sah seine weißen Schwingen über dem grünen Wasser hinstreichen, und vor ihm lag die gelbsandige Bucht und die Reihe der Bäume, die sich bis zum Kap der Insel hinzogen. Die Wolken hinter Romano waren düster geworden, und er ging schneller, um die Landzunge zu erreichen und zu sehen, wo Ara das Dingi liegen gelassen hatte.
    Beim schnelleren Gehen bekam er eine Erektion, und er sagte sich, die Krauts können nicht in der Nähe sein. Es wäre mir nicht passiert, wenn die Krauts hier irgendwo steckten. Vielleicht doch, dachte er. Es könnte dir genauso passieren, wenn sie hier wären, und du wüßtest es nur nicht.
    An der Spitze der Landzunge gab es einen Streifen hellen weißen Sandes, und er bekam Lust, sich dort hinzulegen. Das wäre die richtige Stelle. Dann entdeckte er das Dingi auf der anderen Seite der großen Bucht, und er dachte, pfeif drauf. Du kannst heute nacht schlafen und deine Luftmatratze oder das Deck umarmen. Du kannst schließlich genausogut das Deck lieben. Ihr habt es jetzt schon so lange miteinander, daß du es auch heiraten könntest.
    Wahrscheinlich gibt es schon Gerede über dich und deine Decksbraut, also stell dich vor sie. Dabei treibst du es nicht schlimmer, als daß du da stehst, auf ihr herumläufst und sogar kalten Tee auf ihr verschüttest. Was ist das für eine Art? Du könntest netter zu ihr sein. Worauf wartest du denn noch? Bis du auf ihr stirbst? Sie hätte wahrscheinlich nichts dagegen. Also steh auf ihr herum, steig auf ihr herum und stirb auf ihr. Sei richtig nett zu ihr, falls es nicht besser wäre, diesen Unsinn jetzt sein zu lassen, dir den Strand anzugucken und Ara aufzupicken.
    Vielleicht gibt es auf Willies Seite eher etwas zu entdecken, dachte er. Ara kann auch etwas gefunden haben. Du weißt verdammt genau, daß du an ihrer Stelle hierhergefahren wärst. Es ist der erste gute Platz. Vielleicht sind sie auch nur vorbeigekommen und weitergefahren. Oder sie sind zwischen Paredon und Cruz hindurchgegangen. Aber das ist unwahrscheinlich. Jemand vom Leuchtturm hätte sie gesehen, und bei Nacht wären sie dort auch nie durchgekommen, mit oder ohne Lotsen. Wahrscheinlich sind sie weitergefahren, und wir finden sie unten auf Coco. Vielleicht sind sie auch gleich um die Ecke. Die nächste Insel sollten wir uns auch ansehen. Denk daran, daß sie sich immer nur an ihre Karte halten können, das heißt, wenn sie sich nicht irgendwo einen Fischer geschnappt haben. Du hast nirgendwo Rauch gesehen, nirgendwo einen Kohlenbrenner. Gut, daß wir mit dieser Insel fertig werden, ehe der Regen anfängt. Ich mache es gern, dachte er. Ich mag nur das Ende nicht.
    Er schob das Dingi ins Wasser, stieg hinein und wusch sich vor dem Einsteigen den Sand von den Füßen. Er legte den in den Gummimantel gewickelten niño griffbereit und warf den Motor an.
    Er machte sich nichts aus Außenbordmotoren wie Ara, und er ließ ihn nie an, ohne gewärtig zu sein, daß er wegblieb oder daß er eine verstopfte Benzinleitung durchpusten mußte, oder daß es einen Kurzschluß im Zündkabel gab oder andere Freuden, wie man sie mit kleinen Motoren hatte. Bei Ara sprang er immer sofort an. Wenn der Motor nicht ansprang, so nahm er es wie ein Schachspieler, der zusehen muß, wie sein Gegner einen fabelhaften Zug tut.
    Thomas Hudson steuerte den Strand hinunter, aber Ara war weit voraus und nicht zu sehen. Er muß schon fast bei Willie sein, dachte er. Erst kurz vor der Mangrovenbucht, wo der Strand zu Ende war und die grünen Mangroven bis ins Wasser hinein wucherten und ihre Wurzeln wie ein Geflecht aus braunen Gerten aussahen, entdeckte er ihn. Dann sah er einen Mast aus den Mangroven ragen. Mehr war nicht auszumachen. Aber er sah Ara hinter einer kleinen Sandwelle liegen, über die er gerade hinwegsehen konnte.
    Er fühlte das Prickeln auf seiner Kopfhaut. Es war genauso, wie

Weitere Kostenlose Bücher