Inseln im Strom
bekannt ist?»
«Die Auswahl ist groß.»
«Ich scheiß drauf. Sobald ich an Bord bin, stell ich mich aufs Achterdeck und seif mich ab. Lieber Himmel, was ich mich nach frischem Wasser und Seife sehne.»
Es goß jetzt so stark, daß sie ihr Schiff kaum sahen, als sie um die Spitze der Landzunge bogen. Die Bö war durchgezogen, aufs Meer hinaus, und die Luft war so wild und der Regen so schwer, daß jeder Versuch, das Schiff im Auge zu behalten, wie ein Versuch war, durch einen Wasserfall zu gucken. Die Wassertanks sind jetzt im Nu voll, dachte Thomas Hudson. Wahrscheinlich laufen schon die Schwanenhälse über und es kommt aus den Speigatten.
«Wie viele Tage ist es seit dem letzten Regen her, Tom?» fragte Willie.
«Da muß ich im Logbuch nachsehen. Es müssen mehr als fünfzig Tage sein.»
«Wie ein Monsun-Wolkenbruch», sagte Willie. «Gottverdammmich. Gib mal was her, daß ich ausösen kann.»
«Paß auf, daß das Futteral von deinem niño nicht naß wird.»
«Den Schaft hab ich im Hosenschlitz und die Mündung in der linken Achselhöhle», sagte Willie. «Das hat’s im Leben nicht besser gehabt. Gib mal das Ösfaß rüber.»
Auf dem Achterschiff standen alle nackt im Regen und wuschen sich. Sie seiften sich ein und standen auf einem Bein und dann auf dem anderen und wanden sich unter dem peitschenden Regen. Sie waren alle braun gebrannt, aber in der sonderbaren Beleuchtung sahen sie weiß aus. Thomas Hudson mußte an die Badenden von Cezanne denken, und er hätte das Bild gern von Eakins gemalt gesehen. Dann dachte er, daß er es selber hätte malen sollen, zusammen mit dem Schiff und dem weißen Geröhr der Brandung, die das jagende Grau draußen und die Schwärze der nächsten Bö durchbrach, und mit der Sonne, die einen Moment lang durch die jagenden Silberschleier gebrochen war, um mit ihrem Schleier über die Badenden auf dem Achterdeck silbrig hinzuwischen.
Sie gingen längsseit. Ara warf die Leine hinauf. Sie waren zurückgekehrt.
11
Als der Regen in der Nacht aufgehört hatte, und er alle Leckagen, die während der langen Trockenzeit aufgesprungen waren, untersucht und dafür gesorgt hatte, daß Gefäße darunter aufgestellt wurden, und als er das tatsächliche Leck gefunden hatte und nicht nur die Stelle, von der es heruntertropfte, und es mit Bleistift markiert hatte, wurden die Wachen eingeteilt, die Aufgaben festgelegt, und er besprach alles mit Ara und seinem Steuermann und einigte sich mit ihnen über alles. Nach dem Abendessen fing das Pokern an, und er stieg hinauf auf das Peildeck. Er hatte sich die Flitspritze mitgenommen, dazu seine Luftmatratze und ein Plaid.
Er hatte sich vorgenommen, sich hinzulegen und an nichts zu denken. Manchmal brachte er es fertig. Manchmal konnte er an die Sterne denken, ohne über sie nachzudenken, und an das Meer, ohne sich Gedanken zu machen, und an den Sonnenaufgang, ohne zu grübeln, was er bringen werde.
Nach dem Regen, der das Achterschiff überflutet hatte, und dem Abseifen fühlte er sich vom Kopf bis zu den Füßen sauber, und er dachte, du legst dich nur hin und fühlst dich sauber. Er wußte, daß es keinen Zweck hatte, an die Frau zu denken, die Toms Mutter war, oder an alle die Orte, wo sie miteinander gewesen waren, oder die Dinge, die sie getrieben hatten, und wie es hatte kommen können, daß sie auseinandergegangen waren. Es hatte auch keinen Sinn, an Tom zu denken. Er hatte damit aufgehört, im Moment, als er es erfahren hatte.
Es war auch sinnlos, an die anderen Jungen zu denken. Er hatte auch sie verloren, und die Gedanken brachten nichts ein. Voller Reue hatte er auf ein anderes Pferd gesetzt, und das ritt er jetzt. Also leg dich hin und spür, daß du sauber bist, vom Regen und von der Seife. Gib dir Mühe, an gar nichts zu denken. Eine Zeitlang hast du’s gekonnt. Vielleicht schläfst du ja und träumst irgend etwas Schönes oder Komisches. Lieg einfach da und paß auf die Nacht auf. Denk nicht. Wenn Peters irgend etwas hereinbekommt, werden Ara oder Henry dich wecken.
Er war bald eingeschlafen, und er war wieder ein Junge und ritt einen steilen Canyon hinauf. Der Canyon wurde breiter, und neben dem Bach erschien eine Sandbank. Das Wasser war so klar, daß man die Steine auf dem Bachgrund sehen konnte und die Huchensalme am Ende des Bachbeckens, die nach den Fliegen schnappten, die in der Strömung trieben. Er saß auf seinem Pferd und sah den Huchensalm heraufschießen, als Ara ihn weckte.
Der Funkspruch lautete fortsetzt
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