Inseln im Strom
es irgendwo im Westen besser wäre?»
«Man kann überall anfangen, man darf nur nicht weglaufen.»
«Nein, man kann nicht überall anfangen. Ich weiß das. Manchmal geht es irgendwo ganz gut, und dann geht alles schief.»
«Klar. Aber das hier ist ein guter Platz. Vielleicht wird er nicht immer gut sein, aber augenblicklich ist er’s. Du wärst nicht allein, wenn du mit der Arbeit fertig bist, und ich auch nicht. Wir würden uns nicht stören, und du könntest dich durchbeißen.»
«Glaubst du wirklich, daß ich einen Roman schreiben könnte, der etwas taugt?»
«Wenn du es nicht versuchst, wirst du es nie schaffen. Du hast mir einen verdammt guten Roman heute abend erzählt, du mußt ihn nur schreiben. Fang an mit dem Kanu.»
«Und wie soll es weitergehen?»
«Das kommt nach dem Kanu an die Reihe.»
Roger sagte: «Ich bin so verlaust, Tom, daß in meinem Kanu ein hübsches Indianermädchen sitzen würde, und Jung-Jones, der unterwegs ist, die Leute im Dorf zu warnen, daß Cecil B. de Mille kommt, käme gerade. Jung-Jones würde sich mit der einen Hand an einer Liane über den Fluß hangeln, und in der andern hätte er seine Donnerbüchse Old Betsy, die ihn noch nie im Stich gelassen hat, und jetzt springt er ins Boot, und das hübsche Indianermädchen sagt: ‹Du bist es, Joe? Jetzt können wir uns endlich lieben, während unser schwaches Boot den großen Fällen zutreibt, die eines Tages Niagara heißen werden…›»
«Unsinn», sagte Thomas Hudson. «Du könntest das machen, das Kanu und den kalten See und deinen kleinen Bruder…»
«… David Davis. Elf.»
«Und was danach kommt, auch. Und dann schreibst du’s zu Ende.»
Roger sagte: «Ich mag das Ende nicht.»
«Das mag keiner von uns», sagte Thomas Hudson, «aber irgendeins gibt es immer.»
Roger sagte: «Wir sollten lieber aufhören. Ich muß einfach noch darüber nachdenken. Nur sag mir eines, Tommy, warum ist es ein so großer Spaß, ein guter Maler, und warum ist es so hundeschwer, ein guter Schriftsteller zu sein? Ich habe nie gut gemalt, aber sogar das hat mir Spaß gemacht.»
«Ich weiß es auch nicht», sagte Thomas Hudson. «Vielleicht steckt in der Malerei mehr Handwerk, und die Linien sind einfacher, und es gibt auch mehr Sachen, die einem dabei helfen. Auch wenn du mit der ganzen großen Malerei gebrochen hast, gibt es sie doch noch, und sie hilft dir.»
«Ich glaube, daß die, die malen, bessere Leute sind», sagte Roger. «Wenn ich ein bißchen mehr taugte, wäre ich ein guter Maler geworden. Aber vielleicht bin ich beschissen genug, ein guter Schriftsteller zu werden.»
«Das ist die dümmste Verallgemeinerung, die ich je gehört habe.»
Roger bestand darauf. «Ich verallgemeinere alles. Das ist einer der Gründe, weshalb ich zu nichts tauge.»
«Laß uns schlafen gehen.»
«Ich bleib noch auf und lese ein bißchen», sagte Roger.
Sie schliefen gut, und Thomas Hudson wachte nicht auf, als Roger, spät in der Nacht, auf die Terrasse kam und sich auch schlafen legte. Nach dem Frühstück kam etwas Wind auf. Es war ein wolkenloser Tag, und sie bereiteten alles vor, um den ganzen Tag unter Wasser zu fischen.
Andrew fragte: «Sie kommen mit, Mr. Davis, nicht wahr?»
«Worauf du dich verlassen kannst.»
Andrew sagte: «Prima. Ich freue mich.»
«Wie geht dir’s, Andy?» fragte Thomas Hudson.
«Ich fürchte mich ein bißchen», sagte Andrew, «wie immer. Aber wenn Mr. Davis mitkommt, fürchte ich mich nicht so sehr.»
Roger sagte: «Du darfst dich nicht fürchten, Andy. Das hat keinen Zweck. Das habe ich von deinem Vater.»
Andrew sagte: «Das sagen sie alle. Immerzu sagen sie einem das, aber David ist der einzige Junge, der etwas Grütze im Kopf hat und sich trotzdem nicht fürchtet.»
David sagte: «Hör bloß auf. Du wirst nur mit deiner Phantasie nicht fertig.»
«Mr. Davis und ich haben jedesmal Angst», sagte Andrew. «Wir sind vielleicht einfach intelligenter.»
Thomas Hudson sagte: «Und du siehst dich ein bißchen vor, Davy, verstanden?»
«Bestimmt.»
Andrew sah Roger an und zuckte die Achseln.
7
Vor dem Korallenriff, wo sie an diesem Tage fischten, lag das Wrack eines alten Frachters, der untergegangen war. Er war mitten durchgebrochen, und auch bei Hochwasser sah man seine verrosteten Dampfkessel über dem Wasserspiegel. Sie hatten Südwind, und Thomas Hudson hatte frei vom Riff auf Leeseite geankert. Roger und die Jungen machten ihre Tauchmasken und die Harpunen klar. Es waren ganz einfache Speere,
Weitere Kostenlose Bücher