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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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auslief, würden sie und der Kleine an Bord sein. Auch dieser ausgeprägte Beschützerinstinkt war etwas, das er so bisher nicht gekannt hatte. Das Wissen, einen Sohn zu haben, hatte Gefühle in ihm ausgelöst, die ihn in ihrer archaischen Intensität fast noch mehr beunruhigten als seine Empfindungen für Elizabeth, denen er machtlos ausgeliefert war. Es schmerzte ihn, dass er durch seine eigene Schuld so viele Monate verloren hatte, und er war entschlossen, das so bald wie möglich wettzumachen.
    Elizabeth löste sich aus seiner Umarmung und stand geschmeidig auf. Langbeinig, splitternackt und mit bis zur Taille hängendem Lockenhaar stand sie vor ihm, verschwitzt, mit Sand beschmiert, die Augen in dem braunen Gesicht türkisfarben leuchtend. Sie war schön wie eine heidnische Göttin, und er kam sich wie ein Idiot vor, weil er nicht aufhören konnte , sie anzustarren.
    » Lass uns schwimmen gehen«, sagte sie.
    Er setzte sich auf und ächzte, weil ihm der Rücken wehtat – er sollte nicht so lange auf Baumstämmen oder hartem Felsengrund herumliegen, für derlei Exkursionen war er wohl wirklich zu alt. Ganz im Gegensatz zu Elizabeth. Mit vager Besorgnis machte er sich bewusst, dass sie erst zwanzig war und er selbst fast ein Dutzend Jahre älter. Doch wenn er jetzt schon anfing, Schwäche zu zeigen … Stöhnend, aber eisern entschlossen stemmte er sich hoch und folgte ihr ins Wasser. Während sie sich jauchzend mit einem Kopfsprung in die Fluten stürzte, watete er gemächlich hinein. Wenigstens musste er sich vor ihr nicht die Blöße geben, wasserscheu zu sein. Er hatte das Schwimmen zwar erst vor einem halben Jahr gelernt, aber das musste sie ja nicht erfahren. Doch sie merkte es sofort, obwohl er seither ziemlich viel geübt hatte.
    » Du hältst den Kopf aus dem Wasser wie eine Ente«, sagte sie, während sie rücklings vor ihm her schwamm und übermütig grinste. » Mir scheint, du kannst noch nicht lange schwimmen.«
    » Es gibt kaum Seeleute, die es können. Ich bin einer von sehr wenigen.« Duncan kam mit den sorgsam eingeübten Bewegungen aus dem Takt und schluckte Wasser, anscheinend konnte er nicht gleichzeitig sprechen und schwimmen. Er hörte Elizabeth prustend kichern. Wie laut sie wohl erst lachen würde, wenn sie wüsste, dass er nur ihretwegen damit angefangen hatte? Von Claire hatte er erfahren – die wiederum wusste es von Harold Dunmore –, dass Elizabeth regelmäßig mit einem irischen Dienstmädchen zum Schwimmen ging und es angeblich mittlerweile beherrschte wie ein Fisch. Seltsamerweise hatte er von da an die Tatsache, dass er selbst es gar nicht konnte, als äußerst störend empfunden. John Evers hatte sich eine ganze Reihe von Freiwachen damit um die Ohren schlagen müssen, es ihm beizubringen.
    » Schwimmen ist nicht ungefährlich und obendrein eine schwierige Fortbewegungsart«, erklärte Duncan würdevoll, doch er bemerkte sofort, wie dämlich das klang, zumal Elizabeth sich gleichzeitig wassertretend mit einer Leichtigkeit um ihn herum bewegte, als hätte sie ihr Lebtag nichts anderes getan.
    Sie lachte ihn aus.
    » Es ist doch kinderleicht. Sogar Johnny kann es schon.«
    Duncan blickte sie alarmiert an.
    » Du gehst mit meinem Sohn ins Wasser?« Er hätte sich die Frage besser geschenkt, denn schon wieder schlug ihm eine Welle ins Gesicht und in den offenen Mund. Das war genug, es reichte ihm. Er hörte mit dem sinnlosen Geplansche auf und stellte sich hin. Immerhin besaß er so viel Umsicht, beim Schwimmen niemals den Grund unter den Füßen zu verlieren. » Ich hole unsere Sachen und die Pferde«, sagte er, während er zurück an den Strand watete. Elizabeth hörte ihn nicht, sie zerteilte mit zügigen Bewegungen die Wellen und kraulte ein Stück weit hinaus. Als ihr Kopf verschwand und nicht gleich wieder auftauchte, blieb Duncan wie angewurzelt stehen, bereit, sich todesmutig in die Wogen zu werfen und sie vor Haien oder anderem Ungetier zu retten. Doch dann konnte er sehen, wie sie sich über den Grund schlängelte, hin und her, als gelte es, dort unten überaus lohnende Entdeckungen zu machen. Offenbar beherrschte sie nicht nur das Schwimmen, sondern auch das Tauchen. Erleichtert atmete er aus, als ihr Kopf endlich wieder über den Wellen erschien. » Komm raus«, rief er. » Wir haben noch zu tun!«
    » Duncan!«, rief sie lachend, während sie an den Strand gewatet kam. » Du bist unersättlich!«
    » In dem Fall muss ich dich enttäuschen.« Er konnte den Blick kaum

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