Inselsommer
Cover der DVD .
»Im Gegensatz zu Julia haben Bea und ich uns im Schweigekloster ziemlich tapfer geschlagen, auch wenn wir natürlich nicht so gut aussehen«, sagte Vero.
»Ihr wart in einem Schweigekloster?« Ich blickte verwirrt von einer zur anderen.
Vero lachte.
»Da staunst du, was? Kaum zu glauben, aber wir waren vor zwei Jahren im Tessin in einem Kapuzinerkloster. Eine wunderbare, ganz besondere Erfahrung, die ich bestimmt nicht missen möchte. Am Anfang befürchtet man zwar, dass man durchdreht, aber irgendwann kann man sich gar nicht mehr vorstellen, wie das Leben war, bevor man sich für zehn Tage ausschließlich mit sich selbst beschäftigt hat. Ich hatte lediglich Schwierigkeiten mit den vorgeschriebenen Mahlzeiten und damit, dass die Portionen nicht besonders üppig waren.«
Ich war beeindruckt.
Bislang hatte ich mir Vero eher als mütterlichen, fürsorglichen Typ vorgestellt, der darin aufging, sich um die Familie, um die Küche des Büchernests und um ihre Freundschaften zu kümmern. Doch um sich selbst?
»Wir unternehmen seit unserer Weltreise vor acht Jahren, wegen der Larissa damals von Hamburg nach Sylt gezogen ist, alljährlich irgendetwas Abenteuerliches. Das macht Spaß und hält jung«, erklärte Bea mit funkelnden Augen. »Diesen Herbst wollen wir wahrscheinlich eine Tour durch die Wüste machen, auf Kamelen reiten und nachts in den unendlich weiten Sternenhimmel schauen.«
Mir blieb beinahe die Luft weg. Patrick und ich verreisten seit Jahren ausschließlich innerhalb Europas und bevorzugten stets Reiseziele wie die Toscana, die Provence oder Südengland. Ich liebte zudem Barcelona und Lissabon, Patrick war ein großer Fan von Dublin. Asien, Afrika und überhaupt andere Kontinente erschienen mir viel zu weit weg …
»Ich glaube, ich bin spießig. Mehr als drei Stunden in einem Flugzeug zu sitzen halte ich nicht durch«, murmelte ich.
»Ach, Unsinn«, widersprach Vero. »Jeder sollte das tun, wozu er Lust hat …«
» … und sich auch mal von einer guten Freundin einen Schubs geben lassen«, ergänzte Bea und knuffte Vero in die Seite. »Wenn ich damals nicht so beharrlich gewesen wäre, würdest du immer noch denken, dass es außer Sylt keinen Flecken auf der Erde gibt, wo es sich hinzureisen lohnt, nicht wahr?«
Mit dem wohligen Gefühl, einen zauberhaften Abend in wunderbarer Gesellschaft verbracht zu haben, lag ich weit nach Mitternacht im Bett.
Bea und ich hatten aufgeräumt und danach eine Tasse Melissentee als Einschlafhilfe getrunken. Dazu aßen wir die beiden letzten, köstlichen Kokosschnitten, ohne Rücksicht auf unsere Figur und plauderten. Samstagabend wollte Nele ihre Abschiedsparty im Büchernest feiern, und wir beratschlagten darüber, was wir ihr zum Start in ihr neues Leben in Mexiko schenken wollten.
Ich sollte mich mehr treiben lassen,
war das Letzte, was ich dachte, bevor mir die Augen zufielen.
8 . Kapitel
N ele stemmte die Hände in die Hüften und runzelte die Stirn: »Meint ihr, dass das reicht?«
»Kommt darauf an, wie viel wir heute Abend trinken, du kleine Saufnase.« Larissa lachte und stellte drei Gläser auf einen der kleinen Tische im Café des Büchernests. »Aber keine Sorge. Morgen ist Samstag, und da soll man Gerüchten zufolge notfalls auch noch einkaufen können. So, wer von euch will was? Nele, du nimmst doch bestimmt Aperol Sprizz! Und du, Paula?«
»Ich hätte gern einen Orangensaft«, entgegnete ich und füllte zwei Schälchen mit einem Mix aus salzigem Knabbergebäck. »Wie viele Gäste erwartest du denn zu deiner Abschiedsparty?«
Nele runzelte die Stirn.
»Spontan würde ich sagen, so an die vierzig. Vielleicht auch mehr, schließlich bin ich so etwas wie ein bunter Hund auf der Insel. Und ich habe hier mit vielen Leuten Kontakt. Die würde ich schon gern noch einmal sehen, bevor ich mich in Mexiko häuslich niederlasse.«
Oje, glitzerten da Tränen in Larissas Augen?
»Aber ich lasse mich überraschen. Und sollte das Essen vorzeitig alle sein, bestellen wir eben Pizza.«
»Du weißt schon, dass Vero für das Büfett verantwortlich ist«, entgegnete Larissa und wischte sich kurz mit dem Ärmel ihres luftig gestrickten Pullovers übers Gesicht. »Ich gehe eher davon aus, dass halb Keitum noch eine Woche später von unserem Catering essen kann. Aber jetzt lasst uns alle schon mal im kleinen Kreis auf deine Zukunft anstoßen, Nele. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass du in Mexiko dein Glück findest. Und zwar in jeder
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