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Inselsommer

Inselsommer

Titel: Inselsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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wieder bei ihr wohnst, das weißt du«, entgegnete Larissa, der anzusehen war, wie schwer es ihr fiel, sich von ihrer Freundin zu trennen. Ich konnte dieses Gefühl gut verstehen, denn ich brauchte Helen und Doro auch. Kein Telefonat und auch keine noch so lange E-Mail konnte das Zusammensein mit ihnen ersetzen. Das spürte ich gerade jetzt ganz besonders.
    »Und du passt wirklich gut auf meine Blairwitch auf, nicht wahr?«, piepste Nele plötzlich mit kindlicher Stimme und begann zu schluchzen. »Sie ist jetzt eine betagte Katzendame, und ich würde sie mitnehmen, wenn ich wüsste, dass sie es verkraften würde.«
    »Ich werde Blairwitch hüten wie meinen Augapfel«, versicherte Larissa und nahm Nele in den Arm. »Bei mir wird es ihr an nichts fehlen, und ich verspreche dir, sie regelmäßig zu fotografieren, und dann kannst du sie dir auf Facebook anschauen.«
    »Wenn ihr beiden so weitermacht, fange ich auch gleich an zu weinen«, sagte ich und bereute den Satz, kaum dass ich ihn ausgesprochen hatte.
    Nele putzte sich die Nase und blickte mich traurig an.
    »Oh, das tut mir leid! Es sollte doch ein lustiger Abend werden und keine kollektive Heulaktion. Ich gelobe sofortige Besserung! Kommt, lasst uns noch was trinken. Außerdem frage ich mich schon die ganze Zeit, was ihr morgen Abend anziehen werdet.«

    Genau diese Frage beschäftigte mich immer noch, als ich später ins Kapitänshaus zurückkehrte, wo ich Bea am Kachelofen sitzend vorfand.
    »Na, wie war’s?«, fragte sie und legte die Zeitung beiseite.
    »Ein wenig rührselig, aber schön«, entgegnete ich und setzte mich zu ihr. Einen Moment lang wünschte ich mir, ich könnte ihr von meinem moralischen Dilemma wegen Vincent erzählen. Wie sollte ich ihm nur morgen begegnen? Immerhin war ich hierhergekommen, um mich von dem verführerischen Gedanken an ein Leben mit ihm und Lilly zu lösen, denn tief in meinem Inneren fühlte ich, dass diese erhoffte Beziehung keine Chance auf eine Zukunft hatte.
    »Oh, so nachdenklich?«, lächelte Bea. »Nun ja, das kann ich verstehen. Abschiede lösen immer etwas in einem aus. Jeder kann sich vorstellen, wie es für Nele ist, noch mal ganz von vorne zu beginnen, oder wie Larissa sich fühlt, die eine geliebte Freundin ziehen lassen muss. Es wird ihr bestimmt guttun, dass du noch ein Weilchen hier bist. Sie hat dich nämlich in dieser kurzen Zeit schon richtig in ihr Herz geschlossen.«
    Erfreut über dieses Kompliment ging ich später hinauf in mein Zimmer. Und beschloss, morgen Abend nicht auf die Party zu gehen.

9 . Kapitel
    T ut mir leid, dass du dich nicht gut fühlst.« Bea musterte mich besorgt. »Soll ich Doktor Ingwersen anrufen?«
    »Nein, nein, so schlimm ist es nicht«, versuchte ich abzuwiegeln. »Ich bleibe am besten im Bett und schlafe noch ein bisschen. Irgendwann wird die Kopfschmerztablette ja wohl wirken!«
    »Und dann bist du wieder fit und kannst doch zu Neles Party kommen.« Bea lächelte mich aufmunternd an. »Im Übrigen kann ich dir nur empfehlen, mal eine Einzelstunde bei Adalbert zu buchen, er kennt äußerst wirkungsvolle Yogaübungen gegen Spannungskopfschmerz. Zehn Minuten Training und du kannst dir sämtliche Tabletten sparen!« Mit diesen Worten schloss sie die Vorhänge, ging hinaus und zog die Tür sanft hinter sich zu.
    Kaum war Bea verschwunden, stöhnte ich auf, weil mich das schlechte Gewissen und der innere Zwiespalt beinahe zerrissen: Die bloße Vorstellung, dass Vincent nur wenige Meter von mir entfernt mit Nele feierte und ich krank spielte, um ihm aus dem Weg zu gehen, erschien mir mit einem Mal vollkommen lächerlich. Sollte ich ihm eine SMS schicken, um ihn darauf vorzubereiten, dass ich gar nicht auf der Feier sein würde?
    Oder sollte ich einfach das Spielchen weiterspielen und brav im Bett bleiben, mir die Decke über den Kopf ziehen und hoffen, dass es ganz schnell Sonntag wurde?
    Schlecht gelaunt blätterte ich in einem Roman, den ich bei Larissa gekauft hatte. Doch auch er führte mir nur eines vor Augen: dass ich – im Gegensatz zu den Heldinnen dieser Bücher – nicht wirklich frei war für eine neue, große Liebe. Ich war verheiratet, Patrick vertraute mir, und ich liebte ihn auf meine Art immer noch, obwohl er mir meinen sehnlichsten Wunsch nicht erfüllen und mir ein Kind schenken konnte. Nun war ich in meinem Leben an einem Punkt angelangt, an dem ich einen Weg finden musste, mich damit zu arrangieren, so schwer mir dies auch fiel. Meine Gedanken wurden durch das

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