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Inselzirkus

Titel: Inselzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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ein Star wie er nirgendwo in Ruhe die Natur genießen kann.«
    Â»Es ist immer dasselbe«, sagte auch Tanja und lächelte leicht. »Jeder Star beklagt sich, wenn er von Fans belästigt wird. Aber wehe, niemand erkennt ihn! Das ist noch tausendmal schlimmer!«

    Tove malte sich in leuchtenden Farben das Geschäft aus, das er mit Eidam-TV machen würde. »Ich bin konkurrenzlos. So was wie meinen Laden gibt’s auf Sylt nirgendwo.« Zum ersten Mal schien er richtig stolz auf seine heruntergekommene Imbissstube zu sein. »Was die mir zahlen, reicht sicherlich für neues Mobiliar. Vielleicht kann ich sogar den Fußboden erneuern.«
    Mamma Carlotta sah sich um, betrachtete Käptens Kajüte in ihrer ganzen Unvollkommenheit und kam dann zu der Ansicht, dass ihr all das Hässliche zu vertraut war, um es vermissen zu wollen. »Besser, Sie legen was auf die hohe Kante«, empfahl sie diplomatisch.
    Fietje schlug in die gleiche Kerbe. »Falls dein Lieferwagen mal den Geist aufgibt! Kann ja nicht mehr lange dauern!« Vorsichtshalber wartete er, bis Tove ihm ein neues Jever hingestellt hatte, ehe er ergänzte: »Oder wenn dir das Gewerbeaufsichtsamt den Laden dichtmacht. Dann brauchst du einen Spargroschen, damit du dich eine Weile über Wasser halten kannst.«
    Toves gute Laune war wie weggeblasen. Der Tourist, der in diesem Augenblick Käptens Kajüte betrat, würde vermutlich kein Stammgast werden. Mamma Carlotta mochte sich nicht vorstellen, wie oft der Kartoffelsalat, nach dem er verlangte, schon umgerührt worden war, damit seine Oberfläche nicht trocken und dunkel aussah. Und als Tove zwei Rollmöpse aus einer trüben Lake fischte, musste sie sich abwenden.
    Selbst bei Feinkost Meyer, wo der Fisch appetitlich und frisch angerichtet wurde, erfasste sie der Ekel angesichts dieser glitschigen aufgerollten Fischhappen, von denen ein saurer Sud tropfte, den sie nicht mal als Jauche für ihre Kohlköpfe geduldet hätte. Und dass man diese zusammengerollten Fischleichen, die mit Holzspießen daran gehindert wurden, in ihre angestammte Form zurückzufallen, Möpse nannte, machte die Sache noch schlimmer. Sie brauchte nur an den fetten Mops der Klavierlehrerin in ihrem Dorf zu denken, und schon verursachte ihr die Vorstellung, einen Rollmops auf den Teller gelegt zu bekommen, Übelkeit. Lucia hatte Erik vor der Hochzeit das Versprechen abgenommen, niemals in ihrer Gegenwart einen Rollmops zu verzehren, ansonsten hätte sie das Verlöbnis auf der Stelle gelöst. Mittlerweile konnte Mamma Carlotta ihre Tochter gut verstehen.
    Als der Kunde die Imbissstube verlassen hatte, beschloss sie, dass sie Tove angesichts der Gefälligkeit, die sie ihm erwiesen hatte, durchaus zumuten konnte, sich mit ihren Erlebnissen noch einmal zu beschäftigen, das unerhörte Benehmen des Chefautors ein weiteres Mal von allen Seiten zu beleuchten und sich abermals bestä­tigen zu lassen, dass es richtig gewesen war, diesem Kerl die Meinung zu sagen. Danach würde sie sich unter Umständen seelisch so weit erholt haben, dass sie sich ums Abendessen kümmern konnte.
    Natürlich hätten sich die Ereignisse auch sehr gut beim Speckwürfeln, Parmesanreiben, Knoblauchpressen und Tomatenhäuten besprechen lassen, aber sie hatte den bösen Verdacht, dass sie an diesem Abend bei der Arbeit allein bleiben würde. Erik hatte entweder mit seinem neuen Mordfall zu tun oder würde von der Scheinwelt reden, von der seine Kinder ferngehalten werden sollten, und Carolin und Felix hatte sie zu wenig voraus. Die beiden hatten ja selbst erlebt, wie es an einem Ort zuging, an dem eine Telenovela gedreht wurde.
    Ob die Nachbarin Frau Kemmertöns Zeit hatte, sich Carlottas Erlebnisse anzuhören, war ebenfalls nicht gewiss, und die Kassiererinnen von Feinkost Meyer hatten häufig so viel zu tun, dass man kaum über die Erörterung der Wetterlage und des Gesundheitszustands der Familienangehörigen hinauskam. Blieben also nur Tove und Fietje, die sich immer anhörten, was Mamma Carlotta zu erzählen hatte. Tove, weil ihm als Wirt nichts anderes übrig blieb, und Fietje, weil er froh war, wenn ihm jemand eine Unterhaltung aufnötigte. Beide waren diesbezüglich nicht verwöhnt.
    Mamma Carlotta legte die Unterarme auf die Theke und übersah geflissentlich, dass Tove ihr nachschenkte. Nach einer halben Stunde fühlte sie sich endlich

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