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Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Titel: Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Parmy Olson
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gab Topiary ihm einen Login-Namen und ein Passwort und strich den Namen von seiner Liste. Einige Zeit nach der Veröffentlichung der #pure-elite-Logs, die offenlegten, dass LulzSec HideMyAss nutzte, legte die britische Polizei der VPN-Firma eine gerichtliche Anordnung vor. HideMyAss gab später zu, man habe daraufhin Informationen über einen LulzSec-Account herausgegeben. Die Firma erklärte, die IP-Adressen und Login-Zeiten der User würden regelmäßig gespeichert, um einen Missbrauch zu verhindern. Die Kunden liefen Sturm, aber eine gerichtliche Anordnung war eine gerichtliche Anordnung, geschäftliche Interessen hin oder her.
    Bei den polizeilichen Verhören fiel Jake auf, dass die Polizei Anonymous für eine organisierte Verbrecherbande hielt. Genau das hatte Sabu befürchtet, als er Laurelai wegen des Benutzerhandbuchs angegriffen hatte. Bei den Verhören wollten die Ermittler Antworten von Jake hören, die in dieses Bild passten. Jake versuchte zu erklären, dass Anonymous keine Gruppe und auch nicht organisiert war, dass es keine Strukturen gab. Es handelte sich dabei eher um eine eigene Kultur oder eine Leitidee als eine Gruppe.
    Während er noch erklärte, realisierte Jake, dass die Polizei in gewisser Hinsicht recht hatte: In weniger als einem Jahr war Anonymous tatsächlich organisierter geworden. Bei Operation Payback im November und Dezember 2010 hatte es noch kein stabiles Chatnetzwerk gegeben, und mehr als zwei Dutzend IRC-Operatoren hatten sich in einem Chaos von Zuständigkeiten bekämpft. Im Juli 2011 gab es ein schlankes, stabiles Chatnetzwerk mit sechs Operatoren, die sehr viel besser zusammenarbeiteten. Die Twitter-Accounts @AnonymousIRC und @anonymouSabu hatten zu dem Zeitpunkt zusammen über 100.000 Followers. Das waren weniger als beim @LulzSec-Account, es erregte aber immer noch jede Menge Aufmerksamkeit. Pastebin war inzwischen bekannt als schnelle und einfache Plattform für die Veröffentlichung gestohlener Daten. Mehr Menschen wussten jetzt, an welchen Hacker sie sich für einen Auftrag wenden mussten. Es gab Server weltweit, und es kamen immer mehr Spenden über Bitcoin herein. Stück für Stück entstand ein System.
    Die US-Behörden sahen das genauso wie ihre britischen Kollegen. Anfang August 2011 warnte das US-Heimatschutzministerium vor größeren Angriffen durch Anonymous in den kommenden Jahren. Es bestünde außerdem die Gefahr eines »höhergestellten Akteurs, der LulzSec oder Anonymous mit zusätzlichen Ressourcen oder Know-how« versorgen könne.
    An vorderster Front oder manchmal auch nur als Zuschauer hatten Topiary, Sabu und Kayla zusammen mit William von 4chan miterlebt, wie sich Anonymous von einem Nichts zu einer schwer greifbaren, möglicherweise gefährlichen Einheit entwickelte, die zeitweise über ein erhebliches Maß an Macht und Einfluss verfügte. Als Gruppe blieb sie unberechenbar und missverstanden wie ein launischer Teenager. Von WikiLeaks im Dezember 2010 über Tunesien im Januar 2011 bis zu Aaron Barr im Februar 2011 waren die Operationen fast wahllos aufeinander gefolgt. Es hatte keine Finanzierung gegeben, keine Planung und keine Anführer. Keiner kannte die Namen der anderen oder hatte sie persönlich getroffen. Anonymous hatte aus dem Nichts das Trugbild einer kriminellen Organisation erschaffen, und die Polizei hatte gerade einmal die Spitze des Eisbergs erwischt.
    Zumindest hatten sie jetzt ein Gesicht, das sie der Welt zeigen konnten. Die Polizei behielt Jake in Gewahrsam, so lange es möglich war: sechsundneunzig Stunden lang. Dann war die Zeit gekommen, seinen richtigen Namen bekanntzugeben.
    Am Sonntag, dem 31. Juli, gab die Metropolitan Police in London auf ihrer Website die Verhaftung eines Teenagers aus Shetland bekannt. Der junge Mann werde wegen fünf verschiedener Computerverbrechen angeklagt, einschließlich einiger Verstöße gegen den Computer Misuse Act und des gemeinschaftlichen Angriffs gegen die Serious Organised Crime Agency (SOCA). Zum ersten Mal wurde der Name Jake Davis öffentlich mit Topiary in Verbindung gebracht. Am selben Tag veröffentlichte die britische Zeitung Daily Mail einen Artikel mit der Überschrift »Autistic Teen Held over Global Internet Hacking Spree Masterminded from his Bedroom« (»Autistischer Jugendlicher in Shetland verhaftet, internationale Hackerserie im Internet wurde in seinem Schlafzimmer geplant«).
    Das war typisch für die britische Regenbogenpresse: Jetzt wurde Jake Davis (statt Ryan Cleary) zum

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