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Inspector Alan Banks 03 Ein unvermeidlicher Mord

Titel: Inspector Alan Banks 03 Ein unvermeidlicher Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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fragte sie sich manchmal, wie sich die Dinge wohl entwickelt hätten, wenn ihr Leben normaler gewesen wäre. Sie hatte von Managern gehört, die in den sechziger Jahren ausgestiegen waren, die sich ihrer Anzüge und Krawatten entledigten, LSD einwarfen und nach Woodstock reisten. Mara dagegen träumte manchmal davon einzusteigen. Sie hatte Köpfchen, ihr Examen in englischer Literatur an der Universität von Essex hatte sie mit »sehr gut« bestanden. Es gab Momente, da sah sie sich ganz adrett und tüchtig im Kostümchen, vielleicht in einer Stellung in der Werbebranche oder vor einer Tafel, wo sie einer gebannten Klasse Keats oder Coleridge näher brachte.
      Doch diese Phantasien dauerten nie lang. Sie war mittlerweile achtunddreißig Jahre alt, und selbst für qualifizierte und erfahrene Bewerber war es schwierig, einen Job zu bekommen. All die Gelegenheiten waren an ihr vorbeigezogen. Außerdem wusste sie, dass sie nicht mehr dazu in der Lage wäre, in der Alltagswelt zu arbeiten. Bei dem rasenden Tempo, den belanglosen Bedürfnissen und der Geldgier könnte sie auch gleich der Armee beitreten. Ihre Jahre am Rande der Gesellschaft hatten sie von dem Leben innerhalb des Systems entfernt. Sie wusste nicht einmal mehr, worüber die Menschen heutzutage bei der Arbeit sprachen. Der neue BMW? Urlaub in der Karibik? Alles, was sie wusste, las sie in den Zeitungen, und dabei bekam man den Eindruck, dass die Leute nicht mehr ihr Leben lebten, sondern stattdessen »Lifestyles« hatten.
      Am nächsten kam sie einer normalen, bürgerlichen Existenz noch, wenn sie dafür, dass sie ihr Töpferrad und ihren Brennofen benutzen durfte, drei Tage in der Woche in Elsbeths Kunstgewerbeladen arbeitete. Aber Elsbeth war auch nicht gerade ein gewöhnlicher Mensch. Sie war eine freundliche, silberhaarige Lesbe, die seit über dreißig Jahren mit ihrer Lebensgefährtin Dottie in Relton lebte. In ihren Tweedkleidern wirkte sie äußerlich wie eine Matrone vom Land, doch der Schalk in ihren Augen erzählte eine andere Geschichte. Mara liebte die beiden sehr, Dottie war allerdings in letzter Zeit kaum zu sehen. Sie war krank, Mara nahm an, dass sie bald an Krebs sterben würde, und Elsbeth trug diese Last mit der ihr eigenen schroffen, stoischen Ruhe.
      Um zwölf Uhr klopfte es und Rick kam durch die Hintertür herein und unterbrach Maras umherschweifende Gedanken. Er sah vom Scheitel bis zur Sohle wie ein Künstler aus: Bart, Kittel und Jeans mit Farben verschmiert, Bierbauch. Seine gesamte Erscheinung führte einem vor Augen, dass er an sich glaubte und keinen Pfifferling darauf gab, was andere Leute von ihm dachten.
      »Alles ruhig an der Front?«, fragte er.
      Mara nickte. Mit einem Ohr hatte sie über das Klappern des Windspiels hinweg auf einen Polizeiwagen gelauscht. »Aber sie werden kommen.«
      »Das wird wahrscheinlich eine Weile dauern«, sagte Rick. »Es waren noch eine Menge anderer beteiligt. Wir sind vielleicht gar nicht so wichtig, wie wir glauben.«
      Er hob Julian hoch und wirbelte ihn durch die Luft. Das Kind quiekte vor Freude auf und zappelte, als Rick seinen Bart an seinem Gesicht rieb. Zoe klopfte an die Tür und kam aus der Scheune, um sich zu ihnen zu gesellen.
      »Hör auf, Papi!«, schrie Julian. »Das kitzelt. Hör auf!«
      Rick setzte ihn ab und zerzauste ihm spielerisch das Haar. »Was baut ihr beiden denn da?«, wollte er wissen.
      »Eine Raumstation«, antwortete Luna ernsthaft.
      Mara betrachtete das Durcheinander aus Legosteinen und musste lächeln. Sie konnte nichts darin erkennen, aber es war erstaunlich, was sich Kinder in ihrer Phantasie alles zusammenreimten.
      Rick lachte und wandte sich an Zoe. »Alles okay, Mädel?«, fragte er und legte einen Arm um ihre zarte Schulter. »Was sagen uns die Sterne heute?«
      Zoe lächelte. Sie liebte Rick offensichtlich über alles, dachte Mara, sonst würde sie es sich mit zweiunddreißig Jahren niemals gefallen lassen, wie eine Jugendliche geneckt und behandelt zu werden. Könnte es da eine Möglichkeit geben, dass die beiden zusammenkommen, fragte sie sich. Für die Kinder wäre es gut.
      »Elsie Goodbody verschwendet ihr Leben als Hausfrau«, sagte Zoe. »Nach ihren Tabellen sollte sie in die Politik gehen.«
      »Sie macht Hauspolitik«, sagte Rick, »und das ist noch schlimmer. Kommt jemand mit in den Pub?«
      Samstags und sonntags zur Mittagszeit gingen sie für gewöhnlich runter ins Black Sheep. Solange sie

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