Inspector Alan Banks 03 Ein unvermeidlicher Mord
rum und zupfte den Fliegen die Flügel aus.«
»Wahrscheinlich. Also, essen gehen. Passt dir acht Uhr?«
»Gut.«
»Ich hole dich ab.«
Jenny sagte gute Nacht und legte auf. Immer noch Freunde. Banks seufzte erleichtert auf.
Er ging zurück zu seinem Sessel und seinem Drink, aber plötzlich spürte er das Bedürfnis, Sandra anzurufen.
»Wie geht es deinem Vater?«, fragte er.
Sandra lachte. »Griesgrämig wie immer. Aber Mutter kommt besser damit zurecht, als ich dachte.« Die Verbindung war schlecht, ihre Stimme klang weit entfernt.
»Wie lange willst du noch dableiben?«
»Nur noch ein paar Tage. Warum? Vermisst du uns?«
»Mehr, als du glaubst.«
»Warte mal einen Moment. Wir haben gestern einen Ausflug nach London gemacht und Tracy will dir davon erzählen.«
Für eine Weile sprach Banks mit seiner Tochter über St. Paul's und den Tower, dann mischte sich Brian ein und erzählte ihm, wie großartig die Plattenläden dort in London seien. Außerdem hatte er genau die Gitarre gesehen, nach der er gesucht hatte ... Schließlich war Sandra wieder dran.
»War bei dir irgendwas los?«
»Das kann man wohl sagen.« Banks erzählte ihr von der Demo und dem Mord.
Sandra pfiff durch die Zähne. »Da bin ich ja froh, dass ich weg bin. Ich kann mir vorstellen, was sich jetzt in Eastvale abspielt.«
»Danke für die Unterstützung.«
»Du weißt, wie ich es meine.«
»Erinnerst du dich an Dick Burgess? Er war Detective Chief Inspector bei Scotland Yard.«
»War das der, der Lottie bei ihrer Party betatschte und sich dann in die Geranien übergeben hat?«
»Genau der. Er ist jetzt hier, dienstlich.«
»Gott steh dir bei. Jetzt bin ich wirklich froh, hier zu sein. Mich hat er auch im Visier gehabt.«
»Da hat er mal guten Geschmack bewiesen. Aber bilde dir nichts drauf ein, Schatz. Er ist hinter jedem Rock her.«
Sandra lachte. »Machen wir lieber Schluss. Brian und Tracy stehen schon wieder Schlange.«
»Sag ihnen liebe Grüße. Passt auf euch auf. Bis bald.«
Nachdem er aufgelegt hatte, war Banks so deprimiert, dass er es fast bereute, überhaupt angerufen zu haben. Warum, fragte er sich, verstärkt ein Telefonat mit einer entfernten geliebten Person nur die Leere und Einsamkeit, die man fühlte, bevor man zum Hörer gegriffen hatte?
Ohne etwas mit sich anfangen zu können, schaltete er den Fernseher mitten in einer Popmusiksendung ab, die Brian gefallen hätte, und legte die Blueskassette ein, die ihm ein früherer Kollege aus London geschickt hatte. Mit seiner unheimlichen, für einen Bluesmusiker ungewöhnlich dünnen und hohen Stimme sang Reverend Robert Wilkins »Prodigal Son«. Banks ließ sich in den Sessel am Gasofen fallen und nippte an seinem Drink. Wenn er Scotch trank und Musik hörte, konnte er oft am besten nachdenken, und es war an der Zeit, einige der Gedanken zum Mord an Gill zu sortieren.
Eine ganze Reihe von Dingen beschäftigten ihn. Zu jeder Zeit gab es Demonstrationen, viel größere als die in Eastvale, und obwohl es zwischen den gegnerischen Parteien manchmal zum Schlagabtausch kam, wurden dabei normalerweise keine Polizisten erstochen. Ob man es Statistik, Wahrscheinlichkeit oder nur eine leise Ahnung nannte, auf jeden Fall glaubte er nicht an Burgess' Einschätzung der Angelegenheit.
Und genau da lag das Problem, denn es ließ wenig andere Möglichkeiten zu. Einige Bewohner von Maggie's Farm bereiteten ihm noch ein ungutes Gefühl. Paul Boyd war nach seinen Erfahrungen eine menschliche Zeitbombe, und Mara schien darauf erpicht gewesen zu sein, ihn zu verteidigen. Seth und Zoe waren auffällig still gewesen, dagegen hatte Rick Trelawney weitaus krassere Ansichten vertreten, als Banks erwartet hatte. Er wusste nicht, was sich daraus ergab, aber er hatte das Gefühl, dass jemand etwas wusste oder glaubte, etwas zu wissen, und dass diese Person ihre Verdächtigungen nicht der Polizei mitteilen wollte. Eine Dummheit, aber so verhielten sich die Leute immer wieder. Banks hoffte nur, dass niemandem von ihnen etwas zustieß.
Und Dennis Osmond? Ließ man die persönliche Abneigung außer Acht, so hatte ihn Banks bei zwei Lügen ertappt. Osmond hatte behauptet, Paul Boyd nicht zu kennen, obwohl er es eindeutig tat, und zudem glaubte Banks ihm nicht, als er leugnete, Constable Gill zu kennen. Es lag auf der Hand, warum er gelogen haben könnte: Niemand mochte eine
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