Inspector Alan Banks 03 Ein unvermeidlicher Mord
Wunde verursacht wurde. Die Polizei hat Wissenschaftler, die für sie arbeiten. So leicht kann man denen nichts vormachen.«
»Wahrscheinlich nicht.« Mara biss sich auf die Lippe und beschloss, den Sprung zu wagen. »Seth? Hast du bemerkt, dass das Messer weg ist? Das alte Klappmesser auf dem Kaminsims.«
Seth schaute sie eine Weile stumm an. Seine braunen Augen sahen traurig aus, und die Ringe unter ihnen deuteten auf Schlafmangel hin. »Ja«, sagte er. »Habe ich. Aber das bedeutet gar nichts. Ich wollte keine Unruhe auslösen. Es wird wahrscheinlich wieder auftauchen.«
»Aber was ist, wenn ... wenn es das Messer war?«
»Ach, bitte, Mara, das kannst du doch nicht ernsthaft glauben. Es gibt eine Menge Klappmesser im Land. Warum sollte es dieses sein? Wahrscheinlich hat es sich jemand geliehen. Es wird wieder auftauchen.«
»Ja. Aber was dann? Ich meine, Paul könnte es genommen haben, oder nicht?«
Seth trommelte mit seinen Fingern auf der Stuhllehne. »Du weißt, wie viele Leute Freitagnachmittag hier waren«, sagte er. »Jeder von ihnen könnte es genommen haben. Wann hast du es zum Beispiel das letzte Mal gesehen?«
»Ich kann mich nicht daran erinnern.«
»Siehst du? Und das heißt noch lange nicht, dass es sich um das Messer handelt, das benutzt wurde. Jemand wird es sich geliehen haben und hat vergessen, etwas zu sagen.«
»Wahrscheinlich.« Doch Mara war nicht überzeugt. Es war ein zu großer Zufall, dass ein Polizist mit einem Klappmesser getötet worden war und das Klappmesser vom Kaminsims verschwunden war. In ihren Augen klammerte sich Seth an einen Strohhalm, wenn er das Verschwinden des Messers so erklärte, wie er es tat, aber sie wollte ihm glauben.
»Und außerdem«, sagte er. »Warum nimmst du an, es war Paul? Nur weil er eine gewalttätige Vergangenheit hat? Er ist nicht mehr derselbe. Du denkst genauso wie die Polizei.«
Obwohl sie wollte, konnte sich Mara nicht dazu überwinden, Seth von dem Blut zu erzählen. Irgendwie erschien diese Information, zusammen mit allem anderen, so endgültig, so belastend.
Sie hatte beschlossen, Kontakt mit der Freundin von Dennis Osmond aufzunehmen, mit Jenny. Mara mochte sie, auch wenn ihr Osmond nicht ganz koscher vorkam. Außerdem war Jenny Psychologin. Mara könnte ihr mit den Details von Pauls Vergangenheit einen theoretischen Fall darstellen und sie fragen, ob die Wahrscheinlichkeit besteht, dass so ein Mensch gefährlich ist. Sie könnte sagen, es handele sich um die Recherche für eine Geschichte oder so etwas. Jenny würde ihr glauben.
»Vielleicht sollte er von hier verschwinden«, sagte Seth nach einer Weile.
»Paul? Aber warum?«
»Vielleicht ist es das Beste für ihn. Für uns alle. Bis die Sache vorüber ist. Man sieht ja, wie ihn das Ganze mitnimmt.«
»Das nimmt uns alle mit«, sagte Mara. »Dich auch.«
»Ja, aber ...«
»Wo soll er hingehen? Du weißt, dass er niemanden hat, an den er sich wenden kann.« Trotz ihrer Ängste konnte Mara nicht anders, als Paul zu beschützen. Sie verstand ihre Gefühle selbst nicht, aber so sehr sie ihn auch verdächtigte, sie konnte nicht einfach aufgeben und ihn wegschicken.
Seth starrte auf den Boden.
»Außerdem könnte es einen schlechten Eindruck machen«, argumentierte Mara. »Die Polizei würde denken, er läuft davon, weil er schuldig ist.«
»Dann lass ihn hierbleiben. Entscheide dich einfach.«
»Ist er dir egal?«
»Natürlich ist er mir nicht egal. Deswegen habe ich ja vorgeschlagen, dass er von hier verschwinden sollte. Bitte, Mara, wie willst du es nun haben? Wenn ich vorschlage, er soll gehen, bin ich grausam, und wenn er bleibt, wird er sich wahrscheinlich noch wesentlich mehr von diesem faschistischen Arschloch gefallen lassen müssen, das heute Nachmittag hier war. Was willst du? Glaubst du, dass er damit zurecht kommt? Schau, wie er auf die Plauderei heute reagiert hat. Das war ein Picknick verglichen damit, was passieren wird, wenn sie ihn zum Verhör mit ins Revier nehmen. Und wir können ihn nicht beschützen. Okay? Wie viel mehr kann er deiner Meinung nach ertragen?«
»Ich weiß es nicht.« Plötzlich war für Mara alles noch komplizierter geworden. »Ich will nur das Beste für Paul.«
»Dann fragen wir ihn. Wir können nicht für ihn die Entscheidungen treffen.«
»Nein! Wir müssen zu ihm halten. Wenn wir ihn darauf ansprechen, könnte er denken, dass wir
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