Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn
Schneefall einsetzte, war es grau und kalt gewesen. Fast während des gesamten Dezembers war ein Wetter für gefütterte Stiefel und Mäntel gewesen.
Warum sollte also eine Frau um halb acht Uhr abends ohne Stiefel durch den Schnee trotten, fragte sich Banks. Sie konnte in Eile gewesen und einfach in die erstbesten Schuhe geschlüpft sein. Sie konnte von irgendwo hergekommen sein, wo sie keine Stiefel gebraucht hatte. Aber das ergab keinen Sinn. Bei einem solchen Wetter trugen die meisten Menschen auf dem Weg zur Arbeit Stiefel und tauschten sie dann gegen bequemere Schuhe aus, wenn sie angekommen waren. Nach Feierabend schlüpften sie für den Nachhauseweg wieder in ihre Stiefel.
Vielleicht war die Frau mit einem Wagen gekommen und hatte in der Nähe geparkt. Der nächste Parkplatz, auf dem laut Patsy sie und Ivers geparkt hatten, lag allerdings in zu großer Entfernung, um ohne Stiefel durch den Schnee zu marschieren. Vielleicht war die Frau bis vor Carolines Haus gefahren, hatte dort festgestellt, dass sie in der Nähe nicht parken konnte, und musste am Ende weiter laufen, als sie erwartet hatte. Was bedeutete, dass es sich um eine Person handeln könnte, die sich in der Gegend nicht gut auskannte.
Patsys Aussagen über ihren Gang klangen danach, dass die Frau wahrscheinlich Pumps oder Stöckelschuhe getragen hatte, höchstwahrscheinlich Letzteres. Das würde die eigenartige Gehweise erklären; mit Stöckelschuhen durch zwölf oder fünfzehn Zentimeter hohen Schnee zu laufen, war tatsächlich eine schwierige Angelegenheit. Und eine nasse dazu.
Hatte demnach eine Frau, die nur kurz eine Feier in der Stadt verlassen hatte, den Mord begangen und war dann zurückgehetzt, bevor sie vermisst werden konnte? In jener Nacht hatten wahrscheinlich eine Menge Partys stattgefunden, unter anderem Hatchleys Hochzeitsfeier. Natürlich war es niemand von dort gewesen, denn Banks kannte die meisten Gäste. Aber es war ein interessanter neuer Aspekt, der zu prüfen war. Wenn er eine Person finden könnte, die an jenem Abend eine solche Party besucht und die eine Verbindung zu Caroline Hartley hatte, dann würde ihn das vielleicht weiterbringen. Mit einem etwas positiveren Gefühl schaltete er den Walkman aus und ging in sein Haus.
* Dreizehn
* I
Teresa Pedmore lebte zur Miete in einem zweistöckigen Reihenhaus am Nelson Grove, einem recht angenehmen Stadtteil südlich des Schlosses und nahe am Fluss. Die Häuser hier waren alt, aber in einem guten Zustand, und ihre Bewohner, obwohl nur Mieter, hatten den Fassaden stolz ihre persönliche Note hinzugefügt. Eine niedrige, blaue Pforte führte zu Teresas Haus, dessen ebenfalls blaue Tür in Weiß eingefasst war. In den Fenstern hingen Spitzenvorhänge.
Teresa zeigte sich überrascht, Banks zu sehen, aber wenn er mit Schauspielern zu tun hatte, war er sich nie sicher, was er glauben sollte. Faith hätte Teresa von Banks' früheren Besuch bei ihr erzählt haben können, obwohl er das für unwahrscheinlich hielt. Dann hätte sie nämlich gestehen müssen, was sie über Teresa berichtet hatte.
Die Eingangstür führte geradewegs ins Wohnzimmer. Cremefarben-rot gestreifte Tapeten bedeckten die Wände, an denen eine Reihe gerahmter Drucke hingen. Banks, der seine dürftigen Kunstkenntnisse von Sandra hatte, erkannte eine Landschaft von Constable, ein Pferd von Stubbs und einen Lowry. Aber am auffallendsten an dem Zimmer war vielleicht, dass es mit Antiquitäten eingerichtet war: einer walisischen Anrichte, einem Queen-Anne-Sekretär, einem Regency-Tisch und passenden Stühlen. Die einzigen modernen Gegenstände waren eine hellbraune, dreiteilige Sitzgarnitur, die im Halbkreis um den Kamin aufgestellt war, sowie ein kleiner Fernseher. In Erinnerung an die Bedeutung der Musik schaute sich Banks nach einer Stereoanlage um, konnte aber keine entdecken.
Teresa deutete auf einen der Sessel und Banks setzte sich. Er war überrascht von ihrem Geschmack und beeindruckt von ihrem Aussehen eines Landmädchens, von den roten Tupfern auf ihren cremefarbenen Wangen. Ihr welliges, walnussfarbenes Haar umrahmte ein ziemlich rundliches, herzförmiges Gesicht mit einem breiten, vollen Mund, einer seltsam zarten Nase, die nicht ganz zum Rest zu passen schien, und dichten Brauen über großen Mandelaugen. Sie war bestimmt nicht auf diese offen sexuelle Weise gut aussehend wie Faith Green, doch ihre wilde Zuversicht und Entschlossenheit noch in den
Weitere Kostenlose Bücher