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Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn

Titel: Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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treffen, sagen wir um zwölf, halb eins?« Und dann bat er Richmond noch, Veronica Shildons Einkäufe und die entsprechenden Quittungen zur Bestätigung ihres Alibis genau anzuschauen. »Und überprüfen Sie, wo Charles Cooper sich gestern aufhielt«, fügte er hinzu. »Vielleicht müssen Sie dafür nach Barnard Castle fahren, aber versuchen Sie zuerst, am Telefon etwas rauszukriegen.«
      Richmond verschwand im Haus, und Banks machte sich mit hochgeschlagenem Kragen auf den Weg in jenen Abschnitt der King Street, der steil anstieg. Das Gemeindezentrum war nicht sehr weit entfernt und der Spaziergang würde ihm gut tun. Während er durch den Schnee stapfte, dachte er über Veronica Shildon nach. In ihr vereinigte sich eine merkwürdige Mischung aus Reserviertheit und Offenheit, stoischer Hinnahme und Bitterkeit. Er war sich sicher, dass sie etwas verschwieg. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr. Selbst ihre Kleidung schien nicht zu ihrem eher verschlossenen und gehemmten Wesen zu passen. »Etepetete« war der Begriff, der ihm zu ihr einfiel. Und doch hatte sie ihren Ehemann verlassen, um mit einer Frau zusammenzuziehen.
      Im Großen und Ganzen war sie ein Rätsel. Eines war klar, sie machte den Eindruck einer Frau, die sich im Prozess einer grundlegenden Veränderung befand. Dass sie zu einer Therapeutin ging, deutete auf jeden Fall darauf hin, dass sie an einer Selbstanalyse interessiert war.
      Auf Banks wirkte es so, als wäre ihre gesamte Persönlichkeit auseinander genommen worden und nun würden die einzelnen Stücke und Teile ihrer Psyche nicht mehr richtig zusammenpassen. Manche waren neu oder neu entdeckt, andere waren alt, verrostet und überholt, und sie war sich nicht sicher, ob sie sie ausrangieren sollte oder nicht. Banks hatte wegen seiner eigenen Anpassungsschwierigkeiten nach dem Wegzug aus London eine vage Vorstellung davon, wie sie sich bei diesem Prozess fühlen musste. Aber Veronicas Veränderungen, so vermutete er, gingen wohl viel tiefer. Er fragte sich, wie sie als Ehefrau gewesen war und was nun aus ihr werden würde - jetzt, da Caroline Hartley auf so grausame Weise aus ihrem Leben gerissen worden war. Denn die junge Frau hatte einen erheblichen Einfluss auf Veronicas Leben gehabt, das stand für Banks fest. War Veronica eine Mörderin? Er glaubte es nicht, doch wer konnte schon so eindeutig über eine Persönlichkeit urteilen, die sich in einem derart aufwühlenden Übergangsstadium befand?
     
    * II
     
    Auf ihrem Weg ins Gemeindezentrum dachte Constable Susan Gay über ihr Verhalten am gestrigen Tag nach und kam zu dem Schluss, dass es entschieden zu wünschen übrig gelassen hatte. Als sie in der letzten Nacht nach Hause gekommen war, hatte sie sich noch elender als sonst gefühlt. Ihre kleine Wohnung in der York Street deprimierte sie immer. Sie war so karg und unpersönlich wie ein Hotelzimmer; und das lag daran, dass sie kaum Zeit hier verbrachte. In den letzten Jahren hatte sie meistens arbeiten oder irgendwo einen Kurs belegen müssen und ihrer Umgebung und ihrem Privatleben nicht die geringste Aufmerksamkeit geschenkt. Die Wohnung war lediglich zum Essen, zum Schlafen und gelegentlich für eine halbe Stunde Fernsehen da gewesen.
      Sie konnte sich kaum mehr daran erinnern, wann sie zum letzten Mal einen Freund gehabt hatte oder jemanden, der mehr als eine flüchtige Bekanntschaft war und ihr wirklich etwas bedeutete. Dass sie nicht besonders attraktiv war, damit hatte sie sich abgefunden, aber als hässliches Entlein empfand sie sich auch nicht gerade. Es gab durchaus Männer, die mit ihr ausgehen wollten; das Problem war nur, dass sie immer etwas Wichtigeres zu tun hatte, etwas, das mit ihrer Karriere zusammenhing. Sie begann sich zu fragen, ob sich ihr Sexualtrieb im Laufe der mühevollen Jahre irgendwie verflüchtigt hatte. Der Vorfall mit dem Rugbyspieler letzte Nacht fiel ihr wieder ein. Sie hätte nicht mit derart offensichtlichem Ekel reagieren sollen. Er wollte ja nur freundlich sein, auch wenn er sich ein bisschen grob dabei angestellt hatte. Aber waren dafür nicht die Mistelzweige da? Ihnen wurde doch ein Abwehrzauber zugesprochen. Sie hatte jedoch überreagiert. Sicherlich hatten Banks und Gristhorpe alles mitbekommen. Sie fragte sich, was die beiden wohl von ihr denken mochten.
      Verdammt! Die vorderen Eingangstüren des Gemeindezentrums, eines viktorianischen Sandsteingebäudes an der North Market Street, waren noch verschlossen. Also musste Susan auf die

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