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Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn

Titel: Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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einen sauberen und recht modernen Eindruck machte; beim zweiten stieß sie auf das Zimmer des Jungen, in dem die Vorhänge noch zugezogen waren und sich im schwachen Licht unordentliche Bettlaken und schmutzige Unterwäsche auf dem Boden abzeichneten. Schließlich gelangte sie in ein stickiges Zimmer, das nach Hustentabletten, Kampfer und Nachttopf roch. Vor dem Bett stand ein elektrisches Heizgerät und in einem Himmelbett mit offenen Vorhängen lag auf Kissen gebettet ein Mann - besser gesagt, der Schatten eines Mannes. Die Tränensäcke unter seinen Augen waren so dunkel wie blaue Flecken, seine Hautfarbe ähnelte Pergamentpapier, und die Hände, die sich in die Bettdecke über seiner Brust bohrten, sahen aus wie Krallen. Als Susan sich ihm näherte, blickten seine wässrigen Augen mit einer schnellen Bewegung in ihre Richtung.
      »Wer sind Sie?« Seine Stimme war nicht mehr als ein ängstliches Wispern.
      Susan stellte sich vor und er schien sich zu entspannen. »Sie kommen wegen Caroline?«, fragte er. Ein verträumter Blick trat in seine leblosen Augen, die aussahen wie blasse Eidotter, die in klebrigem Eiweiß schwammen.
      »Ja«, sagte Susan. »Können Sie mir etwas über sie erzählen?«
      »Was wollen Sie wissen?«
      Darüber war sich Susan plötzlich gar nicht mehr ihm Klaren. Als uniformierte Polizistin hatte sie unzählige Aussagen aufgenommen und an der Polizeihochschule Verhörmethoden gelernt; aber die schienen noch nie so nutzlos wie jetzt gewesen zu sein. Auch Superintendent Gristhorpe war ihr keine große Hilfe gewesen. »Finden Sie so viel heraus, wie Sie können«, hatte er zu ihr gesagt. »Folgen Sie Ihrem Instinkt!« Bei der Kriminalpolizei wurde man eindeutig ins kalte Wasser geworfen. Sie holte tief Luft und bereute es sofort - der süßlich faulige Geruch unheilbarer Krankheit war ungeheuer penetrant.
      »Alles, was uns hilft, ihren Mörder zu finden«, antwortete sie. »Hat Caroline Sie in letzter Zeit besucht?«
      »Manchmal«, murmelte er.
      »Standen Sie sich nahe?«
      Er schüttelte den Kopf. »Sie ist weggelaufen, wissen Sie.«
      »Wann war das?«
      »Sie war noch ein Kind und ist weggelaufen.«
      Susan wiederholte ihre Frage. Der alte Mann starrte sie an. »Wie? Wann das war? Als sie sechzehn war. Noch ein Kind.«
      »Warum?«
      Ein Ausdruck tiefer Traurigkeit trat in seine Augen. »Ich weiß es nicht. Ihre Mutter starb, wissen Sie. Ich versuchte mein Bestes, aber man kam so schwer mit ihr zurecht.«
      »Wohin ist sie gezogen?«
      »Nach London.«
      »Was hat sie dort getan?«
      Er schüttelte den Kopf. »Dann kam sie zurück, ich meine - sie hat mich besucht.«
      »Und seitdem wieder?«
      »Ja.«
      »Wie oft?«
      »Wann sie konnte. Wann immer sie wegkonnte.«
      »Hat sie Ihnen jemals von ihrem Leben in London erzählt?«
      »Ich war so glücklich, sie wiederzusehen.«
      »Wissen Sie, wo sie gelebt hat, wer ihre Freunde waren?«
      »Sie war kein schlechtes Mädchen, sie war mit Sicherheit kein schlechtes Mädchen.«
      »Hat sie aus London geschrieben?«
      Der alte Mann schüttelte langsam den Kopf.
      »Aber Sie liebten sie noch?«
      »Ja.« Er musste jetzt weinen und das war ihm offenbar peinlich. »Entschuldigen Sie ... könnten Sie bitte ...?« Er zeigte auf eine Schachtel Papiertaschentücher auf dem Nachtschrank und Susan reichte sie ihm.
      »Sie war nicht schlecht«, wiederholte er, nachdem er sich wieder hingelegt hatte. »Unruhig, rebellisch. Aber nicht schlecht. Ich wusste immer, dass sie zurückkommen würde. Ich habe sie immer geliebt.«
      »Aber sie hat nie von ihrem Leben gesprochen, von London oder Eastvale?«
      »Nein. Vielleicht mit Gary ... Ich bin müde. Sie war kein schlechtes Mädchen«, sagte er noch einmal leise.
      Er schien einzuschlafen. Susan hatte nichts erreicht und es fielen ihr auch keine weiteren Fragen mehr ein. Jedenfalls stand fest, dass der alte Mann nicht aus dem Bett gesprungen, nach Eastvale hinübergeflitzt war und seine Tochter ermordet hatte. Vielleicht würde sie aus seinem Sohn mehr herausbekommen. Er schien zornig und verbittert genug zu sein, um etwas preiszugeben, wenn sie nur genug Druck auf ihn ausübte. Sie verabschiedete sich, obwohl sie bezweifelte, dass der alte Mann sie noch hören konnte, und ging zurück nach unten. Der Junge lag immer noch auf dem Sofa, eine offene Bierdose neben sich auf dem Fußboden. Trotz der Kälte und des

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