Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn
konnte.«
»Welche Gefühle hatte sie in Bezug auf Männer?«
»Angst und Verachtung.«
»Warum?«
Veronica schaute in ihr Glas und flüsterte fast. »Wer kann schon sagen, wo so etwas anfängt? Ich habe keine Ahnung.«
»Was ist mit Ihnen?«
»Meine Gefühle zu Männern?«
»Genau.«
»Ich verstehe die Relevanz dieser Frage nicht, Chief Inspector, aber ganz bestimmt hasse ich die Männer nicht. Irgendwie fürchte ich sie wahrscheinlich, genau wie Caroline, aber wohl nicht so sehr. Auf eine gewisse Art bedrohen sie mich, aber ich habe keine Probleme, auf geschäftlicher Basis mit ihnen umzugehen. Vor allem verwirren sie mich. Jedenfalls habe ich keinerlei Bedürfnis, jemals wieder mit einem zusammenzuleben.« Sie hatte ihren Sherry ausgetrunken und stellte das Glas auf den Couchtisch ab, als wolle sie damit das Ende der Befragung ankündigen.
»Sind Sie sicher, dass sie mit keinem Mitglied der Gruppe ein Verhältnis hatte? Wenn Menschen zusammenarbeiten, kann so was passieren.«
Veronica schüttelte den Kopf. »Ich kann nur sagen, dass sie nie spät nach Hause gekommen oder die ganze Nacht weggeblieben ist.«
»Hat Carolines Bruder Sie mal hier besucht?«, fragte Susan.
»Gary? Soweit ich weiß, geht er kaum aus dem Haus.«
»Sie haben ihn nie kennen gelernt?«
»Nein.«
»Aber er wusste, wo Sie beide wohnen?«
»Natürlich. Caroline erzählte mir, dass sie ihm für Notfälle die Adresse gegeben hatte. Sie ist ab und zu mal vorbeigefahren, um zu schauen, wie es ihrem Vater geht.«
»Sie haben sie nie begleitet?«
»Nein. Das wollte sie nicht.«
Das konnte Banks verstehen. »Hat jemand gewusst, dass Sie nach Ihrer Therapiesitzung an jenem Abend noch einkaufen gehen wollten?«
»Niemand. Aber ich ... ich meine, Caroline wusste es.«
»Und außer Caroline?«
»Sie könnte es jemandem erzählt haben, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, warum. Ganz bestimmt posaune ich solche häuslichen Belanglosigkeiten nicht in die ganze Welt hinaus.«
»Natürlich nicht. Aber vielleicht haben Sie es irgendjemandem gegenüber erwähnt.«
»Könnte sein. Im Vorübergehen.«
»Aber Sie können sich nicht erinnern, wem gegenüber?«
»Ich kann mich einzig und allein daran erinnern, es zufällig Ursula, meiner Therapeutin, mitgeteilt zu haben. Warum ist das so wichtig?«
»Hat es Ihr Mann gewusst?«
Sie schlug die Beine auseinander und rutschte auf ihrem Stuhl umher. »Claude? Warum sollte er?«
»Weiß ich nicht. Erzählen Sie es mir.«
Veronica schüttelte den Kopf. »Wie gesagt, ich habe ihn seit einer Weile nicht gesehen. Gestern rief er mich an, um mir sein Beileid auszusprechen, aber ich glaube, jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, uns wieder zu treffen. Vorerst mal nicht.«
»Sagen Sie, besteht die Möglichkeit, dass Ihr Mann Caroline Hartley schon kannte, bevor Sie die beiden einander vorgestellt haben?«
»Was für eine seltsame Frage. Nein, natürlich nicht. Wie sollte er, ohne dass ich davon wusste?«
Banks schüttelte den Kopf und deutete Susan an, dass sie aufbrechen konnten. Die beiden standen auf.
»Danke, dass Sie uns Ihre Zeit geopfert haben«, sagte Banks an der Tür. »Ich hoffe, es war nicht zu schmerzhaft für Sie.«
»Das nicht, nein. Unbegreiflich vielleicht, aber der Schmerz war erträglich.«
Banks lächelte. »Wie gesagt, es ist am besten, wenn Sie die Entscheidungen uns überlassen.«
Sie schaute weg. »Ja.«
Als er sich zum Gehen wandte, berührte sie plötzlich seinen Arm, sodass er sich wieder zu ihr umdrehte. »Chief Inspector«, sagte sie. »Diese Frau, Ruth. Würden Sie mir bitte Bescheid geben, wenn Sie sie finden? Es ist wahrscheinlich dumm, aber ich würde sie wirklich gerne kennen lernen. Nach allem, was mir Caroline erzählte, hatte Ruth einen ziemlich großen Einfluss auf sie und auf die Art von Leben, das sie zu führen begann. Ich bin ehrlich zu Ihnen. Mehr als das weiß ich nicht.«
Banks nickte. »Gut, ich werde sehen, was ich machen kann. Und wenn Sie sich noch an etwas erinnern, rufen Sie mich an.«
Sie wollte etwas sagen, aber dann verabschiedete sie sich nur schnell und verschloss hastig die Tür.
Als sie hinaus auf die Oakwood Mews traten, traf sie die Kälte wie ein Schlag. Banks zitterte und zog die schwarzen Lederhandschuhe an, ein Weihnachtsgeschenk von Sandra. Der Himmel sah wie
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